Russland im Winter 1916/1917

Aus dem Buch von Schröder/Karuscheit: Das Revolutionsjahr 1917

  • Die politischen Lager vor der Revolution
  • Der Plan des Zaren
  • Die alliierten Botschafter schlagen Alarm
  • Der Progressive Block muss handeln

»Nach Ansicht der bestinformierten und zugleich loyalsten Beobachter (gemeint sind die Gendarmerie und die Geheimpolizei mit ihren Berichten und Einschätzungen, Anm. d. V.) befand sich Russland im Oktober 1916 in einer Situation, die im Sprachgebrauch der Radikalen als ‚revolutionär‘ bezeichnet wurde.«1 Genauer gesagt, gingen ab dem November 1916 alle politischen Akteure, mit Ausnahme der sozialistischen Parteien, von der Aktualität der Revolution aus. Werfen wir deshalb einen Blick auf die Geschehnisse dieses Winters, in dem die Akteure des kommenden Revolutionsjahres ihre politischen Positionen neu bezogen.

Der Herbst/Winter 1916/1917 war ungewöhnlich kalt. Der Winter war 1916 früh gekommen, bereits im Oktober kam der erste Frost und hielt sich den gesamten Winter lang. Im Februar 1917 lag die Temperatur im Mittel bei 14,4 Grad minus. »Die Kälte wurde so schlimm, dass die Bäuerinnen sich weigerten Lebensmittel in die Städte zu fahren. Schneestürme deckten die Eisenbahnschienen mit riesigen Schneeverwehungen zu. … Die Lokomotiven kamen in dieser Eiseskälte nicht voran und mussten manchmal stundenlang im Stehen vorgeheizt werden, um den erforderlichen Dampfdruck aufzubauen. Diese klimatischen Bedingungen verschärften die ohnehin gravierenden Transportprobleme noch zusätzlich.«2

Neben der Versorgung einer millionenköpfigen Armee3 galt es, die städtischen Metropolen im Norden Russlands, allen voran die nördliche Metropole und Millionenstadt Petrograd,4 mit Nahrungsmitteln und Heizmaterial zu versorgen. Was in der Vorkriegszeit auf Grund der See- und Flussanbindung weitgehend reibungslos funktionierte, wurde mit dem Weltkrieg, der Sperrung der Ostsee und dem Dauerfrost5 des Winters zu einem ernsten Problem.

Zu dem Versorgungsproblem trat die inflationsbedingte Teuerung. Das zaristische Regime finanzierte den Krieg »auf Pump« und musste so durch die Gelddruckmaschine die finanziellen Engpässe überdecken. So wurden die Lebensmittel nicht nur durch die Versorgungsmängel knapp, sondern die Preise explodierten auch unabhängig von der versorgungsbedingten Knappheit. Bereits 1916 schnellten die Preise für Konsumgüter in die Höhe. Besonders rasant wuchsen im Spätsommer 1916 die Preise für Lebensmittel. So kostete das Brot 92%, Fleisch 138%, Butter 145% und Salz sogar 256% mehr als vor dem Krieg. Im Oktober 1916 schätzte das Polizeidepartement, dass die Löhne durchschnittlich um 100% gestiegen waren, die Preise der lebensnotwendigen Artikel hingegen um 200%.6

Im Herbst 1916 zeichnete sich immer deutlicher ein ernstes Ernährungsproblem für die Bevölkerung Petrograds und anderer Großstädte ab. Während die von Bourgeoisie und Adel frequentierten Restaurants und Lokalitäten mit allem Wünschenswerten ausgestattet waren, wurde Brot, Salz, Zucker und Brennmaterial für die einfache Bevölkerung immer unerschwinglicher. Ab diesem Herbst begannen die Schlangen vor den Bäckereien. Unvermeidlich nahmen unter diesen Bedingungen die Streiks und Arbeitsniederlegungen deutlich zu. Vielfach ging die Brotbeschaffung, zu der man stundenlang an den Bäckereien anzustehen hatte, fließend in eine Arbeitsniederlegung über. Dazu war kriegsbedingt die Arbeitszeit in allen rüstungsrelevanten Betrieben auf 10 bis 12 Stunden erhöht worden. Wie sollte unter diesen Bedingungen das Brot beschafft und wie bezahlt werden? Die zaristische Verwaltung erwies sich als unfähig, dieses Problem zu lösen und heizte so die bereits angespannte politische Situation in der Hauptstadt weiter an. Petrograd erlebte ab Herbst 1916 einen von Streikaktionen und Demonstrationen geprägten Kriegswinter. Dies war die Grundlage der eingangs zitierten Einschätzung der zaristischen Geheimpolizei Ochrana, von der sich entwickelnden revolutionären Situation.

Ein weiteres Problem reifte ganz unbemerkt von den Spitzeln der Geheimpolizei in diesem Winter in der Petrograder Garnison heran.7 Mobilisierung einer Millionenarmee hieß in Russland, den Bauern in den Waffenrock zu stecken, aus der Enge der dörflichen Verhältnisse zu reißen, ihn unter den erbärmlichsten Lebensbedingungen und fortwährend vom Tode an der Front bedroht, zu disziplinieren und zu organisieren. Dies alles geschah, ohne dass der Soldat bürgerliche Rechte besaß, von den Offizieren wurde er wie Vieh behandelt und mit erbärmlicher Ausrüstung in die Schlacht getrieben.8 Je länger der Krieg dauerte, desto unerträglicher wurden diese Verhältnisse selbst für den russischen Bauern, der viel gewohnt war. Und im Winter 1916/17 war ein Ende des Krieges weiterhin nicht abzusehen. Neue, große Offensiven waren für das kommende Jahr geplant, und für diese Offensiven waren die neu eingezogenen Rekruten in den Reservebataillonen eingeplant, von denen eine ganze Reihe in Petrograd stationiert war.

Aufgrund der enormen Verluste der russischen Armeen in den Jahren von 1914 bis 1916 war die Rekrutierung neuer Jahrgänge unumgänglich geworden.9 »Die seit Herbst 1916 eingezogenen Reservisten stammten überwiegend aus den älteren Jahrgängen, die nicht mehr damit gerechnet hatten, einrücken zu müssen, da sie nach der Militärgesetzgebung Miljutins (ein früherer zaristischer Verteidigungsminister; d. V.) ihre Schuldigkeit bereits getan hatten. … Alles Männer über 40, die ihren Dienst bereits in ihrer Jugend verrichtet hatten und die nur aufgrund mangelnder Menschenressourcen des Zarenreiches einrücken mussten. Der Widerwille, den sie ihrem Schicksal entgegenbrachten, ist mehr als verständlich, denn zum einen mussten sie ihre Dörfer just zu dem Zeitpunkt verlassen, als dort das Leben immer besser wurde, und zum anderen waren die Straßen der Hauptstadt von jungen Männern wehrpflichtigen Alters überschwemmt, die ihren Pflichten nur deshalb entronnen waren, weil sie einer anderen Schicht angehörten.10 Diese Garnisonen in den wichtigsten Städten des Reiches waren für Kriegsmüdigkeit und den Verfall an Disziplin besonders anfällig. Die Rekruten wohnten in überfüllten Kasernen und ihr größter Wunsch bestand darin, nicht an die Front gehen zu müssen.«11

Zur Sicherheit des zaristischen Systems war die Hauptstadt eigentlich mit Gardeeinheiten und gestandenen konterrevolutionären Regimentern reichlich bestückt. Doch diese Garderegimenter standen inzwischen an der Front. In Petrograd und den anderen russischen Metropolen waren ihre Kasernen nun mit den Rekruten der letzten Einberufungen gefüllt, den Reserveregimentern für die an der Front stehenden Garderegimenter. Dem Regimentsnamen nach waren diese Einheiten feste Stützen des zaristischen Systems, befleckt mit dem zweifelhaften Ruhm der blutigen Volksunterdrückung aus den Jahren 1905-1907. Im Winter 1916-1917 waren sie mit unzufriedenen Bauern aus den letzten Rekrutierungen gefüllt, die in überfüllten Kasernen zusammengepfercht wurden,12 wo sie weder vernünftig ausgebildet noch beschäftigt werden konnten. Und erst recht verspürten diese Rekruten kein Interesse, im kommenden Frühjahr/Sommer an der Front verheizt zu werden. Die Besonderheit des zaristischen Militärsystems, die Rekrutenausbildung aus Bequemlichkeit und Kostengründen in den Kasernen der Frontregimenter durchzuführen, führte dazu, dass Petrograd in diesem Kriegswinter mit 150.000 bis 180.000 Soldaten überschwemmt war, von denen die meisten Rekruten der letzten Einberufungswelle waren.

Während andere kriegsführende Länder die Ausbildung neuer Rekruten auf dem »flachen Land«, in Kasernen und auf Truppenübungsplätzen fernab der städtischen Metropolen organisierten, schuf die militärische Verwaltung der zaristischen Armee mit ihrer Inkompetenz und Gleichgültigkeit gegenüber dem einfachen Soldaten neben einer immer unruhiger werdenden Arbeiterschaft einen zweiten potenziellen Unruheherd in der Garnison der Hauptstadt.

Die politischen Lager vor der Revolution

Fest auf der Seite der politischen Reaktion standen das Zarenpaar, sein Staatsrat,13 der Verwaltungsapparat mit Polizei und Gendarmerie. Offen unterstützt und verteidigt wurde die autokratische Herrschaft des Zaren von der politischen Rechten in der Duma,14 die dort über mehr als 60 Mandate verfügte. Klassenpolitisch verkörperte diese Fraktion Teile des alten Großgrundbesitzes, Teile der Schwerindustrie und der Banken sowie den Adel der baltischen Provinzen. Hauptkraft dieses Flügels war der »Bund des russischen Volkes« (im Volksmund »Schwarzhunderter« genannt). Dieser Bund unterstützte vorbehaltlos die zaristische Autokratie und organisierte in Zeiten gesellschaftlicher Unruhe antisemitische und nationalistische Pogrome. Sein Wahlspruch: »Orthodoxie, Autokratie und Volkstum« war zugleich sein politisches Programm. Gestützt auf die orthodoxe Kirche sollte die zaristische Autokratie gegen alle demokratischen oder sozialistischen Bestrebungen verteidigt werden. Unter „Volkstum“ wurde die Russifizierung der nichtrussischen Bevölkerung des Zarenreiches verstanden.

Im Umfeld des Zaren agierte der nicht unbedeutende Kreis des Petrograder Hochadels, insbesondere die Großfürsten aus der Familie der Romanows. Diese Ansammlung antiquierter, teils nichtsnutziger adliger Schmarotzer, die aber mit schöner Regelmäßigkeit gesellschaftliche Skandale produzierten, war an der Erhaltung des Zarismus als Quelle ihrer Existenz interessiert. Ab Herbst 1916 war dieser Kreis nicht nur bereit, sondern bestrebt, zur Erhaltung des Zarismus den Zaren Nikolaus II. zu opfern und durch ein anderes, der bürgerlichen Opposition und den Kriegsalliierten genehmeres Mitglied des Romanow-Clans zu ersetzen.

Als Opposition gegen die zaristische Regierung hatte sich der Progressive Block in der Duma formiert. Er bestand im Kern aus dem Bündnis von Kadetten15 und Oktobristen,16 dem sich weitere nationalistische und auch monarchistische Kräfte anschlossen. Dieser Block besaß eine Mehrheit in der Duma. Die Rednertribüne der Duma, die Bankettsäle der »besseren Gesellschaft« und nicht die Straße waren sein Kampfboden. Klassenpolitisch vertrat der Progressive Block ein Bündnis von Landbesitzern, industriellen Kapitalisten und städtischen Mittelschichten. Seine Forderung an den Zarismus war die nach einer der Duma »verantwortlichen Regierung«, während des Kriegs begrenzte man die Forderung auf eine Regierung des »gesellschaftlichen Vertrauens«.

Die russische Bauernschaft stellte die Masse des zaristischen Heeres. Die Armee war der in den Soldatenrock gesteckte russische Bauer, angeführt von Adligen und kleinbürgerlichen Berufsoffizieren. Durch die fortgesetzten Niederlagen des zaristischen Heeres zahlten die Bauern in den ersten beiden Kriegsjahren millionenfach mit ihrem Leben für die militärische Untauglichkeit der zaristischen Generäle und die Unfähigkeit der zaristischen Verwaltung, die Armee mit Waffen, Munition und Verpflegung zu versorgen. Im dritten Kriegswinter war ihre patriotische Begeisterung verflogen und der Wunsch nach einem baldigen Ende des Krieges gewann immer mehr Anhänger in den Dörfern und Garnisonen, aber auch bei den Fronttruppen.17 Ihre politische Vertretung in der Duma waren die Trudowiki, der rechte Flügel der Sozialrevolutionäre, mit Alexander Kerenski als bekanntestem Redner.18

Die Arbeiter Petrograds waren das hauptsächliche Opfer der seit 1916 galoppierenden Inflation, des Hungers und der Aussperrung von Seiten der Unternehmer. Obwohl überwiegend vom Kriegsdienst befreit, da sie zur Militärproduktion benötigt wurden, drohte das zaristische Regime bei jedem Streik mit der zwangsweisen Einberufung zur Armee. Sie waren zu Kriegsbeginn weitgehend ihrer politischen Führung beraubt worden (Inhaftierung und Verbannung) und besaßen so gut wie keine Form der politischen oder gewerkschaftlichen Organisation. Ihre einzige legale Organisationsmöglichkeit während des Krieges war die Mitarbeit in den »kriegsindustriellen Komitees«, wo unter der Führung des Kapitals und unter Aufsicht von Regierungsvertretern die Arbeiter zu einer effizienteren Kriegsproduktion für den Sieg der russischen Waffen angehalten wurden. Die politische Repräsentanz dieser Arbeiter war der rechte Flügel der Menschewiki, ihr Vertreter vor Ort der Arbeiter Kusma Gwosdew, Vorsitzender der Arbeitergruppe des kriegsindustriellen Komitees und rechter Menschewik.

Der Zar geht an die Front

Verheerende militärische Niederlagen, mangelnde Versorgung der Armee und der großen Städte sowie eine anwachsende Streikwelle der Arbeiter, das war die Bilanz der zaristischen Regierung im Herbst 1916. Der Zar und seine Regierung mussten einen Ausweg aus dieser selbstverschuldeten Situation finden.

Die vermeintlich einfachste Lösung, eine Beteiligung der bürgerlichen Opposition an der Regierung, kam für den Zaren und erst recht für die Zarin nicht in Frage, denn dies wäre ein weiterer Schritt hin zur konstitutionellen Monarchie gewesen. Das war für den Zaren undenkbar, hatte er doch am Sterbebett seines Vaters geschworen, die Selbstherrschaft ungeschmälert an seinen Sohn weiterzugeben. Dies war auch die Sicht der Zarin, die ihren Sohn als uneingeschränkten Selbstherrscher auf dem Zarenthron sehen wollte. Und da sie, wie allgemein bekannt, »die Hosen anhatte«, war das Zarenehepaar ein geschworener Feind von ernsthaften Zugeständnissen an die bürgerliche Opposition.

Ganz im Gegenteil beabsichtigte man, die Uhr zurückzudrehen und die Zugeständnisse, die im Oktober 1905 unter dem Druck der Revolution und des verlorenen Krieges19 gemacht worden waren, zu kassieren. Dies bestimmte immer deutlicher das Handeln der zaristischen Regierung und wurde ab dem Moment, wo der Zar persönlich das Oberkommando über die Armee antrat und die Zarin in Petrograd »die Regierung übernahm«, immer offensichtlicher zum eigentlichen Regierungsprogramm. Der »Flirt« mit der liberalen Opposition aus dem Jahr 1915 wurde 1916 durch einen immer klarer hervortretenden Kurs der offenen Konfrontation und politischen Reaktion ersetzt.

Im Herbst 1915 hatte der Zar persönlich das Oberkommando über die russischen Streitkräfte übernommen. Er tat dies gegen die Ratschläge seiner Minister und des Romanow-Clans. Beide befürchteten, dass die zu erwartenden weiteren Niederlagen der russischen Armee nunmehr unmittelbar auf den Zaren zurückfallen würden. Der Zar dachte jedoch nicht daran, ihren Ratschlägen zu folgen, denn er hatte anderen Rat bekommen, von der Zarin und ihrem Vertrauten Rasputin. Beide forderten die Ablösung des bisherigen Oberbefehlshabers, des Großfürsten Nikolaj Nikolajewitsch, einem »in der Armee beliebten« Verwandten des Zaren.

In den Kreisen um die Zarin und Rasputin fürchtete man eine Palastrevolution, die, gestützt auf die Armee und ihren Oberbefehlshaber, den Zaren absetzen, die Zarin ins Kloster verbannen und ihren Berater Rasputin aufhängen würde.20 Der Zar würde dann durch den Großfürsten und bisherigen Oberbefehlshaber, seinen Onkel Nikolaj Nikolajewitsch oder durch seinen Bruder, den Großfürsten Michael ersetzt werden. Um diesem Putsch Legalität zu verleihen, würde der »neue Mann« die Regentschaft für den noch minderjährigen Zarensohn übernehmen.

»Als der Zar die Front übernahm (Ende August 1915), ging die Macht daheim nach Alt-Moskauer Weise an die Zarin über. Vom Herrscherpaar wurde das Reich noch immer als eine Art Familieneigentum angesehen, das man möglichst intakt dem Thronfolger bewahren müsse. Die Kaiserin übte unter Rasputins Weisungen ihren unheilvollen Einfluss auf des Zaren personalpolitische, aber auch militärische Entscheidungen aus. Innerhalb eines Jahres wechselten die Ministerpräsidenten und Außenminister dreimal, die Innenminister viermal, und so ging es fort. In der Gesellschaft und an der Front redete man vom Verrat der Zarin und ihren engen Beziehungen zu Rasputin. Unter dem Ministerpräsidenten Boris Stürmer (Januar 1916) ging die tatsächliche Gewalt in die Hände von Rasputins Hintermännern, dubiosen Polizeiagenten und Geschäftemachern, über.«21

Der Plan des Zaren

Im Herbst 1916 hatte sich die Lage an der Front stabilisiert. Die zaristische Armee war nach ihren verheerenden Niederlagen und entsprechenden Gebietsverlusten in festen Stellungen zum Stehen gekommen. Ihre Versorgung mit Waffen, Munition und Lebensmitteln hatte sich sowohl aus eigener Produktion als auch mit alliierter Hilfe verbessert. Der bürgerlichen Opposition in der Duma mussten keine weiteren Zugeständnisse mehr gemacht werden. Die vier von der Duma unterstützten Minister, die 1915 in die Regierung gekommen waren, wurden 1916 einer nach dem anderen entlassen und durch Gestalten, die Rasputins Fürsprache hatten, ersetzt. Die Semstwos,22 die die Versorgung der Flüchtlinge und Verwundeten organisiert hatten und so im Krisenjahr 1915 die Katastrophen im Hinterland abgemildert hatten, waren nun auf Grund ihrer überwiegend bürgerlich-liberalen Ausrichtung dem Zaren mehr lästig als notwendig. Der Zarismus setzte wieder offen auf Reaktion. Und die politische Rechte entwickelte für den Zarismus das entsprechende politische Programm.

Trotzki zitiert in seiner »Geschichte der russischen Revolution« ausführlich ein Papier der Rechten, das dem Zaren vorgelegt worden war. »Die Autoren der Denkschrift traten gegen jegliche Konzessionen an die bürgerliche Opposition auf… (weil) die Liberalen ›so schwach, so uneinig und, man muss offen sagen, so unfähig sind, dass ihr Sieg ebenso kurz wie unsicher wäre‹. Die Schwäche der wichtigsten oppositionellen Partei, der ›konstitutionell-demokratischen‹ (Partei), sei schon durch ihren Namen gekennzeichnet: sie nenne sich demokratisch, obwohl sie ihrem Wesen nach bürgerlich sei, während sie in hohem Maße die Partei der liberalen Gutsbesitzer darstelle, habe sie in ihr Programm die zwangsweise Bodenablösung aufgenommen. ›Ohne diese Trümpfe aus fremdem Kartenspiel‹, schrieben die Geheimräte, die ihnen gewohnte Bildersprache gebrauchend, ›sind die Kadetten nichts anderes als eine zahlreiche Gesellschaft liberaler Advokaten, Professoren und Beamten verschiedener Ressorts – nichts mehr.‹ Anders die Revolutionäre. … Die revolutionären Parteien ›dürfen auf die Sympathie der Mehrheit der Bauernschaft rechnen, die sogleich mit dem Proletariat gehen wird, wenn die revolutionären Führer ihr fremden Grund und Boden zeigen werden.‹ Was würde unter diesen Bedingungen die Errichtung eines verantwortlichen Ministeriums ergeben? ‚Die volle und endgültige Zerschlagung der Parteien der Rechten, das allmähliche Verschlingen der Mittelparteien des Zentrums, der liberalen Konservativen, Oktobristen und Progressisten – durch die Kadettenpartei, die anfangs entscheidende Bedeutung bekäme. Doch den Kadetten würde das gleiche Schicksal drohen … Und danach? Danach würde die revolutionäre Masse auf den Plan treten, die Kommune folgen, der Untergang der Dynastie, Pogrome auf die besitzenden Klassen und schließlich der Räuber-Muschik.‹23 … Das positive Programm der Denkschrift ist nicht neu, aber konsequent: eine Regierung aus unnachgiebigen Anhängern des Selbstherrscher-tums; Abschaffung der Duma; Belagerungszustand in beiden Hauptstädten; Vorbereitung der Kräfte zur Unterdrückung der Rebellion. Im Wesentlichen bildete denn auch dieses Programm die Grundlage der Regierungspolitik der letzten vorrevolutionären Monate.«24 Dies war die Agenda der offenen Konterrevolution; durchsetzen sollte sie Ministerpräsident Stürmer sowie sein späterer Innenminister Protopopow, von dem noch zu sprechen sein wird.

Es war also nicht die Stärke oder die Hartnäckigkeit, mit der die Dumaopposition auftrat, … sondern die politische und gesellschaftliche Schwäche dieser Kräfte. Neben der grundsätzlichen Ablehnung des parlamentarischen Systems durch den Zaren … würde eine weitere Zusammenarbeit mit der Dumaopposition, wie das gerade zitierte Papier richtig feststellte, die politische Rechte weiter schwächen, ohne den Zaren letztendlich vor einer Volksrevolution retten zu können. Von daher besaß der Kurs auf die bewaffnete Niederwerfung eines Volksaufstandes mit anschließender Zerschlagung der bürgerlichen Opposition eine gewisse innere Logik und wurde ab 1916 immer offener verfolgt.

Die alliierten Botschafter schlagen Alarm

Dieser Kurswechsel alarmierte nicht nur die bürgerliche Opposition, sondern ebenso die Botschafter der beiden entscheidenden russischen Kriegsalliierten, Frankreich und das Vereinigte Königreich. Beide Botschafter verständigten ihre Regierungen über den russischen Kurswechsel in der Innenpolitik, der ihrer Auffassung nach unvermeidlich einen außenpolitischen Kurswechsel herbeiführen würde, nämlich den in alliierten Kreisen so gefürchteten Separatfrieden mit den Mittelmächten. Dieser Gedankengang lag nahe, da die neuen zaristischen Minister bekannte Anhänger eines »germanophilen« Kurses waren. …

Protopopow betritt die Ministerbühne

Die Befürchtungen der alliierten Botschafter und der bürgerlichen Opposition erhielten eine weitere Bestätigung, als ein ehemaliges Mitglied des Progressiven Blocks zum Innenminister ernannt wurde, wiederum auf Empfehlung der Zarin und Rasputins. Dieser neue Innenminister, Protopopow, hatte als Dumaabgeordneter an einer Rundreise durch die Ententeländer teilgenommen. Auf der Rückreise über Schweden führte er dort Gespräche mit dem Bankhaus Warbug & Co, das als Vertreter deutscher Interessen im Ausland galt. …

Er wurde im Herbst 1916 zum neuen Innenminister ernannt und blieb es gegen alle Widerstände (der Duma und der Alliierten) bis zur Februarrevolution, während Stürmer im Sommer 1916 auch den bisherigen »ententetreuen« Außenminister ersetzte, indem er selber das Außenministerium übernahm.

So wurde Protopopow im Winter 1916/1917 zur zentralen Figur der politischen Reaktion. Er wurde verdächtigt, Anhänger eines Separatfriedens zu sein, die Unruhen im Inneren Russlands zu fördern sowie die Versorgungslage Petrograds systematisch zu verschlechtern, um einen Aufstand der hungernden Bevölkerung zu provozieren, der dann mittels Polizei und Gendarmerie niedergeschlagen werden sollte. Sollten diese Kräfte nicht ausreichen, sollten die in der Hauptstadt stationierten Truppenverbände zur Unterstützung herangezogen werden. Ziel dieser Operation war, die Streikbewegung der Arbeiterschaft durch Militarisierung der Fabriken zu brechen und dabei zugleich auch die bürgerlich-liberale Opposition der Duma zu zerschlagen. Am Ende sollte es weder eine Duma, noch eine liberale Opposition, geschweige denn eine Arbeiterbewegung geben. Kurz zusammengefasst: das gesamte Programm, wie es schon der frühere Innenminister Durnowo dem Zaren vorgetragen hatte. …

Der Progressive Block muss handeln

Der Opposition in der Duma war der politische Schwenk der zaristischen Regierung nicht entgangen. Was konnte sie tun, wenn sie die Revolution mehr fürchtete als den Erhalt der Autokratie? Wo sollte sie Kräfte gewinnen, wenn sie sich mehr vor dem Volk als vor dem Zaren und seinen Schwarzhundertern fürchtete? Da die Bourgeoise sich ihrer politischen Schwäche bewusst war, blieben ihr nur zwei Möglichkeiten zu handeln. Als erstes und vor aller Augen: Appelle, Aufrufe und Enthüllungen, um die öffentliche Meinung von der Duma-Tribüne aus und in ihrer Presse gegen die zaristische Regierung aufzubringen. Das zweite musste verdeckt geschehen, unbemerkt von der Öffentlichkeit und der zaristischen Verwaltung: die Konspiration mit den Alliierten, der Armeeführung und den Mitgliedern des Romanows-Clans für einen Staatsstreich oder eine Palastrevolution. Diese beiden Punkte wurden zum Aktionsprogramm der bürgerlichen Opposition im Kriegswinter 1916/1917.

Im August 1914 hatten der liberale Adel und das Bürgertum enthusiastisch den Kriegseintritt des Zarenreiches an der Seite der Entente gefeiert. Die bürgerliche Opposition in der Duma wurde zur »Opposition Ihrer Majestät« und hatte die Absicht, während des Krieges getreulich am Burgfrieden festzuhalten. Aber trotz dieser vorbehaltlosen Unterstützung gewährte der Zarismus keine anderen Zugeständnisse an Bourgeoisie und liberalen Adel als das Recht, sich landesweit zur Unterstützung des Krieges und Milderung der Kriegsfolgen zu organisieren und sich dabei an den Kriegsaufträgen zu bereichern. Eine ernsthafte politische Beteiligung an der Regierung oder Verwaltung des Landes schloss der Zarismus weiterhin kategorisch aus.

Nun hatte der Krieg bereits in seinem ersten Jahr die vollkommene Unfähigkeit, Korruption und Hilflosigkeit der zaristischen Militärführung und der politischen Verwaltung schonungslos aufgedeckt. Die Armee besaß zu wenige Waffen, zu wenig Munition und einzig an inkompetenter militärischer Führung mehr als genug. Darüber hinaus war die zaristische Regierung nicht in der Lage, die Millionen von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten unterzubringen und zu versorgen. Ihr Versagen an allen Fronten des militärischen, ökonomischen, administrativen Handelns war unübersehbar.

Dies veranlasste die Dumamehrheit 1915, sich zum Progressiven Block zusammenzuschließen, einerseits um den politischen Druck auf den Zarismus für eine Regierung des »gesellschaftlichen Vertrauens« zu erhöhen, anderseits aber auch, um den Zarismus in seinen Kriegsanstrengungen zu stützen. »Auf Drängen der Kadetten schlossen sich alle Dumaparteien mit Ausnahme der radikalen Rechten und Linken zum Progressiven Block zusammen. Allerdings wurde die Breite der Einheitsfront mit der Ausklammerung zentraler Probleme erkauft. Das Programm ließ nicht nur Mäßigung, sondern auch eine beträchtliche Unverbindlichkeit erkennen. Den Bauern versprach es rechtliche Gleichstellung, den Arbeitern die Wiederzulassung der Gewerkschaften, den religiösen und nationalen Minderheiten das Ende der Diskriminierung … Aber es schwieg sich über die Agrarfrage und soziale Reformen ebenso aus wie über Einzelheiten einer besseren Verfassung. Kern der Plattform und Raison d´être des Blocks war letztendlich nur eine Forderung: die nach einer ›Regierung des gesellschaftlichen Vertrauens‹.«25

Der Übergang der bürgerlichen Opposition zur offenen Konfrontation mit der Regierung hatte zwei uns bereits bekannte Gründe: Erstens die Gefahr eines Separatfriedens mit Deutschland, eine Gefahr, die von der Duma und den alliierten Botschaftern heftig beschworen wurde; zweitens die nach der Ansicht des Progressiven Blocks noch viel größere Gefahr eines Staatsstreichs im Inneren als Ergebnis sozialer Unruhen, worauf die zaristische Verwaltung gezielt hinsteuerte. Diese zweite Gefahr wurde allerdings nicht von der Rednertribüne der Duma verkündet, sondern intern, in den eigenen Reihen und mit den Botschaftern der Alliierten besprochen, die dies dann getreulich ihren Regierungen meldeten.

Da man die Angst der Bourgeoisie vor der Revolution schlecht in den Mittelpunkt der öffentlichen Kritik stellen konnte, konzentrierte sich der Angriff auf die katastrophalen Fehler in der Kriegsführung und der Versorgung von Armee und Bevölkerung. Pawel Miljukows Rede im November 1916, die diese Fehler und Versäumnisse der Regierung in den letzten Jahren auflistete, endete bei jedem dieser angeführten Fehler und Versäumnisse mit der rhetorischen Frage: »War dies Dummheit oder Verrat?« Und der Saal der Duma antwortete fast einmütig: »Verrat«. …

Die Miljukow-Rede in der Duma hatte beträchtliche Auswirkungen auf die öffentliche Meinung. Obwohl eine Publizierung des Redetextes und des Dumaprotokolls in der Presse unterbunden wurde, zirkulierte der Text auf unzähligen Flugblättern im gesamten Land und damit auch im Offizierskorps. Hier stieß diese Rede ebenso wie in der Öffentlichkeit auf große Resonanz. Vermeintlich erklärte der von den Kreisen um die Zarin unternommene »Verrat« die nicht enden wollenden Niederlagen der Armee und die schlechte Versorgungslage im Inneren, so dass die Armeeführung nun ihre eigene Unfähigkeit problemlos den »deutschen Verrätern« in der zaristischen Regierung und Verwaltung anlasten konnte. …

Militäraktion oder Palastrevolution?

So brachten die Dumareden weder die proletarischen und bäuerlichen Massen hinter die Parolen des Progressiven Blocks noch bewegten sie die zaristische Regierung, vom Kurs der bewaffneten Konterrevolution im Inneren Abstand zu nehmen. Einzig die Armeeführung rückte näher an die Dumaführung heran und begann in Hinterzimmern, mit ihr und den Vertretern der Alliierten zu konspirieren.

Ein Militärputsch oder eine Palastrevolution blieben somit die letzten Möglichkeiten der bürgerlichen Opposition. …

So standen im dritten Kriegswinter Zar Nikolaus und die politisch das Geschehen dominierende Zarin ziemlich einsam da, gestützt nur noch von den Kräften der politischen Reaktion, der Polizei, der Ochrana, den baltischen Adeligen und von Teilen des alten Großgrundbesitzes sowie darauf hoffend, dass die russische Bauernschaft im Soldatenrock in ihrer Treue zum Zaren fest blieb. Die Arbeiterschaft, die bürgerliche Opposition, bedeutende Teile des Offizierskorps sowie der Romanow-Clan selbst standen im Gegensatz zum Zaren und seiner Regierung.“

(Soweit die Auszüge aus Schröder/Karuscheit: Das Revolutionsjahr 1917, Seiten 9 – 30)

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1 Pipes 1992, S. 425; auf eine Literaturliste wird in den hier abgedruckten Auszügen verzichtet; sie findet sich in dem zitierten Buch.

2 Pipes 1992, S. 473

3 Russland hatte 1914 über 5 Mio. Rekruten für den Krieg einberufen. In immer neuen Rekrutierungswellen wurden bis 1917 über 15 Mio. Soldaten rekrutiert.

4 Petrograd hatte zu diesem Zeitpunkt ca. 2 bis 2,5 Mio. Einwohner; die Zahlenangaben schwanken.

5 Aber die Kälte mit ihrem Dauerfrost verschärfte nicht nur die Versorgungslage in Petrograd, sie schuf zugleich eine der praktischen Voraussetzung für den Erfolg der anstehenden Revolution. Die Stadt selbst war so angelegt worden, dass ihr politisches Zentrum jederzeit von den Vororten mit dem industriellen Proletariat abgeschnitten werden konnte, indem die Zugbrücken über die Newa und ihre Seitenarme hochgezogen wurden. Die Kälte des Februars aber ließ die Newa komplett zufrieren. Ein Hochziehen der Zugbrücken verhinderte unter diesen Bedingungen nicht mehr das Vordringen der Demonstrierenden in die Innenstadt. Das Eis der Newa war zu einer breiten »Brücke« geworden, die in den entscheidenden Tagen des Februars die Vororte mit dem politischen Zentrum Petrograds verband. Dies ist für den Verlauf der Februarrevolution von wesentlicher Bedeutung.

6 Siehe dazu Gudaitis 2004, S. 124

7 Die Ochrana durfte keine Spitzel oder Agenten im zaristischen Militär unterhalten.

8 Anschaulich geschildert in Figes 1998, Kapitel 7.

9 »Bis Anfang 1915 hatte die russische Armee bereits 1,8 Millionen Mann an Toten, Verwundeten und Kriegsgefangenen verloren. Die hohen Verluste halbierten den Kaderbestand der Vorkriegszeit … der am besten ausgebildeten Truppen. Die zwei Millionen Neurekrutierten, die sie ersetzen sollten, erhielten nur noch eine Grundausbildung von wenigen Wochen, bevor sie an die Front geschickt wurden. Auch ihre Bewaffnung blieb mangelhaft, weil die militärische Führung nur für einen kurzen Krieg geplant und den Bedarf an Gewehren und Granaten gehörig unterschätzt hatte. Das trieb die Verlustraten hoch. Die militärische Führung setzte auf zahlenmäßige Stärke. In immer neuen Mobilisierungswellen wurden schließlich über 15 Millionen rekrutiert.« (Altrichter 1997, S. 102)

10 Eine Vielzahl freier Berufe sowie große Teile der Intelligenz waren im Zarismus vom Wehrdienst freigestellt oder konnten sich ihm ohne Schwierigkeiten relativ problemlos entziehen. Die Hauptlast immer neuer Einberufungswellen trug die russische Bauernschaft.

11 Gudaitis 2004, S. 128

12 So wurden 1.000 bis 1.500 Rekruten in Unterkünften zusammengepfercht, die ursprünglich für eine Kompanie ausgelegt waren.

13 Neben der Duma das zweite Verfassungsorgan, vorwiegend mit Adligen, hoher Geistlichkeit und einzelnen Industriellen und Bankiers besetzt. Die Hälfte seiner Mitglieder wurde vom Zaren direkt bestimmt. Die Aufgabe dieses Gremiums war die Prüfung von Gesetzen. Der Staatsrat wurde regelmäßig zum Friedhof aller Gesetzesinitiativen der Duma. Die letztliche Entscheidungsmacht allerdings lag einzig beim Zaren.

14 Die Duma war ein nach Zensuswahlrecht und nationalen Beschränkungen gewähltes »Parlament« ohne tatsächliche Macht. Die letztendliche politische Entscheidung lag beim Zaren und seinem Staatsrat. Die bürgerliche Geschichtsschreibung spricht von einem Scheinparlamentarismus oder Scheinkonstitutionalismus. Die Zusammensetzung der Duma bei Ausbruch des Weltkrieges hinsichtlich der politischen Parteien war folgende: zwölf Sozialdemokraten (fünf Bolschewiki und sieben Menschewiki), zehn Sozialrevolutionäre (Trudowiki), 47 Progressisten, 57 Kadetten, 85 Oktobristen, 33 Zentristen, 20 Progressive Nationalisten, 60 Nationalisten und 64 Rechte (zumeist »Schwarzhunderter«).

15 Die Kadetten, oftmals als »Professorenpartei« verspottet, vertraten den liberalen Landadel und die Freiberufler. Sie waren die eigentliche Hauptpartei der bürgerlichen Opposition.

16 Die Oktobristen, rechts von den Kadetten und links von den Schwarzhundertern, vertraten klassenpolitisch große Teile der industriellen Bourgeoisie, der Banken sowie des konservativen Landadels und beriefen sich auf das Oktoberedikt des Zaren, mit dem er die weitgehend rechtlose Duma ins Leben gerufen hatte. Ihre Gründer, u.a. Alexander Gutschkow, verstanden sie als Stütze des zaristischen Systems.

17 1916 desertierten ca. 1,5 Millionen Soldaten aus der Armee.

18 Die Sozialrevolutionäre Partei hatte die Wahl zur IV. Duma boykottiert, weshalb nur die Trudowiki, die sich an dem Boykott nicht beteiligten, in der Duma vertreten waren.

19 Russisch-japanischer Krieg von 1904-1905 um die Mandschurei und Korea. Das zaristische Regime hatte diesen Krieg aus innenpolitischen Gründen provoziert und dann blamabel militärisch verloren.

20 Auf eine Anfrage der Zarin, ob ein Besuch Rasputins im Hauptquartier der Armee möglich sei, antwortete der Befehlshaber sinngemäß: Rasputin möge gerne kommen, er würde ihn sofort aufhängen lassen.

21 Fischer Weltgeschichte Bd. 31 (1972), S. 265

22 Gewählte »Landschaften«, in denen Vertreter des Adels, der Stadtbewohner und der Bauern Aufgaben der lokalen Verwaltung übernahmen. Sie hatten keinerlei politische Befugnisse. Ihre Zuständigkeit erstreckte sich auf das Gesundheits-, Bildungs- und Verkehrswesen, die Wohlfahrtspflege und die Armenfürsorge, die Industrie, den Handel und die Landwirtschaft. Die Finanzierung beruhte auf Steuereinnahmen, für die ebenfalls die jeweiligen Semstwos zuständig waren.

23 Gemeint ist der russische Bauer, der das Land des Zaren, des Adels und der Kirche beansprucht.

24 Trotzki 1960, S. 42-43

25 Hildermeier 1989; S. 129