2. Das Finanzkapital

a) Zur Definition

Als Ausgangspunkt für die Darstellung der Herrschaft des Finanzkapitals nimmt Lenin Hilferdings Definition und zitiert: „‘Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie’, schreibt Hilferding, ‘gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Andererseits muss die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital.’ Das Finanzkapital ist also ‘Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen’.“1

Auf den ersten Blick besteht ein Problem dieser Definition darin, dass sie – soweit sie richtig ist – zu allgemein zu sein scheint: sie gibt die allgemeine Bestimmung des zinstragenden Kapitals wieder. Geld wird verliehen, um in der Hand des Borgers als Kapital zu fungieren – d.h. den geliehenen Wert zu erhalten und zusätzlich Mehrwert zu produzieren -, so dass nach Ablauf des Verwertungsprozesses dem Geldverleiher nicht nur die geliehene Geldsumme zurückerstattet werden, sondern ein Teil des Mehrwerts (der Zins) übergeben werden kann. „Die ganze Transaktion findet nach der Voraussetzung statt zwischen zwei Sorten Kapitalisten, dem Geldkapitalisten und dem industriellen oder merkantilen Kapitalisten.“2 Die Voraussetzung war, „dass das Geld wirklich als Kapital verwandt wird.“3 Warum ein neues Wort nötig wird, um auszudrücken, dass die Banken in größerem Umfang Geld an Industrielle verleihen, lässt die Definition auf Anhieb nicht erkennen.

Falsch ist die Behauptung, dass mit der „Fixierung“ des Geldkapitals in der Industrie die Bank industrieller Kapitalist wird. Industrieller Kapitalist würde die Bank dann, wenn sie ihr Geld, statt es zu verleihen, im Ankauf von Produktionsmitteln und Arbeitskräften veräußern würde. In diesem Fall würde die Bank als Käufer von Waren auftreten. Ihr Geldkapital verrichtet dann eine Geldfunktion, es dient als Kaufmittel von Ware. Wenn die Bank dagegen Geld verleiht, tritt sie als Verkäufer einer Ware auf. Sie verkauft Geld als Kapital, als eine Ware, deren Gebrauchswert darin besteht, in der Hand des Industriellen, des Käufers, als Kapital zu fungieren.

Zwar ist es in beiden Fällen Geldkapital, das die Bank veräußert. Aber im ersten Fall ist dieses Geldkapital ein unselbständiges Stadium im Kreislauf des industriellen Kapitals und wird ergänzt durch weitere Stadien, die Verwandlung in produktives Kapital (Produktionsmittel und Arbeitskräfte) und dann in Warenkapital – lauter Formen desselben Kapitals in der Hand desselben Besitzers. Im zweiten Fall ist das Geldkapital eine selbständige Form von Kapital, dessen besondere Bewegungsform – das Ausleihen an andere Kapitalisten – der Inhalt eines besonderen Geschäftszweiges ist. Welche Besonderheit auch immer Hilferding mit dem Begriff des Finanzkapitals zu fassen versucht, er wiederholt den alten Fehler, „dass hierbei aber Geldkapital verwechselt wird mit moneyed capital in dem Sinn des zinstragenden Kapitals, während im ersteren Sinn das Geldkapital stets nur eine Durchgangsform des Kapitals ist, als unterschieden von den ändern Formen des Kapitals, dem Warenkapital und dem produktiven Kapital“.4

Ein zweiter Fehler kommt in dem Satz zum Ausdruck, dass das Finanzkapital „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ ist. Der Industrielle kann kein Kapital verwenden, über das er nicht verfügt. Zwar ist das geborgte Kapital nicht sein Eigentum, aber er hat es sich ja gerade geborgt, um darüber zu verfügen. Er verfügt eben über fremdes Eigentum. Der Kredit bietet „dem einzelnen Kapitalisten oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum und dadurch über fremde Arbeit“.5

Hilferding meint zusätzlich, dass die Banken als die Eigentümer des ausgeliehenen Kapitals über das in der Industrie verwendete Kapital verfügen. Denn er sagt, dass „die Abhängigkeit der Industrie von den Banken (…) die Folge der Eigentumsverhältnisse“ ist.6 Auch das ist einseitig. Die Bank ist nicht nur Kreditgeber, sondern auch Kreditnehmer. Ein großer Teil des Bankkapitals, das von den Banken zinstragend verliehen wird, ist ihnen von den Industriellen geliehen worden. Insofern „ist es falsch, die Mittel, worüber das moderne Bankwesen verfügt, bloß als die Mittel der Müßigen zu betrachten. Erstens ist es der Teil des Kapitals, den Industrielle und Kaufleute momentan unbeschäftigt in Geldform halten, als Geldreserve oder erst anzulegendes Kapital; also müßiges Kapital, aber nicht Kapital der Müßigen. Zweitens der Teil der Revenuen und Ersparungen aller, der permanent oder transitorisch für Akkumulation bestimmt ist. Und beides ist wesentlich für den Charakter des Banksystems.“7 Die Folge ist, „dass weder der Verleiher noch der Anwender dieses Kapitals dessen Eigentümer oder Produzenten sind“.8 Übrigens sagt Hilferding in demselben Abschnitt richtiger: die Industriellen „erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt.“ Also verfügen die Industriellen doch über das Kapital, und die Bank ist nicht, sondern vertritt nur den Eigentümer. In der Definition des „Finanzkapitals“ hat Hilferding dann das Richtige als das Unwesentliche weggelassen.

Infolge der genannten Fehler bekommt das „Finanzkapital“, das sich ursprünglich vom zinstragenden Kapital nicht abzuheben schien, seinen besonderen Charakter. Einerseits wird die Rolle der Banken als Kreditnehmer nicht genannt und damit nach dieser Seite die Abhängigkeit des Kreditwesens vom Reproduktionsprozess übersehen; andererseits bekommen sie als Kreditgeber Verfügungsgewalt über das industrielle Kapital. Schließlich werden die Kreditinstitute zu industriellen Kapitalisten und damit direkt in den unmittelbaren Produktionsprozess einbezogen. Dadurch wird die abhängige Sphäre zur unabhängigen geschlagen, der Kreditüberbau zur bestimmenden Grundlage gemacht.9

Diese Fehler laufen alle darauf hinaus, die Grenzen, die der Macht der Banken durch den Reproduktionsprozess gesetzt sind, in der Theorie aufzuheben und den Kredit zum bestimmenden und beherrschenden Faktor der Industrie zu erklären. „Die Macht der Banken wächst, sie werden die Gründer und schließlich die Beherrscher der Industrie.“10 Lenin sagt dasselbe mit anderen Worten: „In dem Maße, wie sich das Bankwesen und seine Konzentration in wenigen Instituten entwickeln, wachsen die Banken aus bescheidenen Vermittlern zu allmächtigen Monopolinhabern an, die fast über das gesamte Geldkapital aller Kapitalisten und Kleinunternehmer sowie über den größten Teil der Produktionsmittel und Rohstoffquellen des betreffenden Landes oder einer ganzen Reihe von Ländern verfügen.“ 11

Hilferdings Definition hat Lenin samt ihrer theoretischen Fehler übernommen. Er hat nur den Hinweis auf die Monopole hinzugefügt, sieht aber, dass sich auch aus dem Zusammenhang der Darstellung Hilferdings die Rolle der Monopole ergibt. Entsprechend dieser Ergänzung schreibt er: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzung oder Verwachsen der Banken mit der Industrie – das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs.“12 Zugeschnitten auf die Verschmelzung von Bankmonopolen und Industriemonopolen definiert er an späterer Stelle das Finanzkapital als „das Bankkapital einiger weniger monopolistischer Großbanken, das mit dem Kapital monopolistischer Industriellenverbände verschmolzen ist.“13

Von der „Verschmelzung“ oder dem „Verwachsen“ der Banken mit der Industrie war bisher nur in der groben Form die Rede, die über Grundtatsachen der ökonomischen Theorie hinweggeht: die Bank wird industrieller Kapitalist. Was der Begriff des „Finanzkapitals“ wirklich zu bedeuten hat und welche historische Realität sich in ihm widerspiegelt, ist damit noch nicht geklärt. Den wesentlichen Hinweis darauf gibt Lenin anhand eines Zitats von Otto Jeidels, der 1905 eine Arbeit unter dem Titel „Das Verhältnis der deutschen Großbanken zur Industrie mit besonderer Berücksichtigung der Eisenindustrie“ veröffentlicht hat. Hilferding, dem diese Studie bei der Ausarbeitung des „Finanzkapitals“ vorlag, äußerte sich lobend,14 Lenin sprach von „einer der besten Arbeiten über <das Verhältnis der deutschen Großbanken zur Industrie>“.15 „Wir halten es für notwendig“, schreibt Lenin, „genau die Formulierungen von Jeidels über diese Frage anzuführen, der die Dinge am eingehendsten studiert hat.“16 Es sind zwei Erscheinungen, die Jeidels anspricht: zum einen der „universale Charakter der für die Industrie tätigen Finanzinstitute“, zum anderen deren „Bestreben, die Industriebeziehungen zu fundieren auf die reguläre dauernde Geschäftsverbindung und ihnen Ausdruck und die Möglichkeit der Erweiterung und Vertiefung zu geben durch ein verzweigtes System der Besetzung von Aufsichtsratsstellen; diesen beiden Einflusssphären gegenüber tritt die Emissionstätigkeit relativ an Bedeutung für die Industriebeziehungen der Großbanken zurück. Die Verbindung mit der Industrie allgemein zu machen ist die eine, sie dauernd und intensiv zu machen die andere Tendenz (…)“17

b) Die Industriebeziehungen der deutschen Großbanken (Jeidels)

Im Folgenden sollen die Ergebnisse und Auffassungen von Jeidels in ihren Grundzügen skizziert werden. Da die Darstellung der Geschäfte einer Universalbank nicht Jeidels‘ eigentliches Thema ist, sind hierzu einige Vorbemerkungen nötig.

Die Entwicklung der deutschen Banken aus Instituten mit begrenzten Tätigkeitsbereichen zu Universalbanken vollzog sich ungefähr im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Hinter der Vielseitigkeit oder dem „universalen Charakter“ der Geschäfte verbergen sich im Wesentlichen zwei Gruppen von Kreditgeschäften. Zum einen nahmen die Banken Depositen herein und betrieben die verschiedensten Formen kurzfristiger Kreditgeschäfte (Kontokorrentkredit, Wechselgeschäfte, pfandmäßige Bankkredite). Zum zweiten vergaben sie langfristige Kredite, die – soweit nicht auch in der Form des Kontokorrentkredits – in Form von Wertpapiergeschäften (Effektengeschäften) vor sich gingen. Das konnte zum Beispiel bei Gründung neuer Aktiengesellschaften dadurch geschehen, dass die Bank die neuen Aktien oder Obligationen (festverzinsliche Papiere) übernahm – durch Kauf oder auf Kommission – und für ihren Verkauf an der Börse bzw. bei der eigenen Kundschaft sorgte. Ähnliche Emissionsgeschäfte konnten bei Kapitalerhöhungen, Umwandlung bestehender Privatunternehmen in Aktiengesellschaften, Sanierungen und Fusionen vorgenommen werden. Darüber hinaus handelten die Banken mit Effekten, legten Bankkapital in Effekten an und besorgten deren Aufbewahrung, Ankauf und Verkauf im Auftrag ihrer Kunden.

Die zweite Gruppe, das Effektengeschäft in allen seinen Formen, machte die Banken in besonderem Maße abhängig von der Konjunktur und den Bewegungen an der Börse, aber auch von der Prosperität einzelner Industrieunternehmen, an die sie – teils freiwillig, teils unfreiwillig – für längere Zeiträume gebunden waren. Die Tendenz zu dauerhaften Geschäftsbeziehungen zur Industrie entsprang einerseits der gewöhnlichen Konkurrenz um einen festen Kundenkreis; zum andern war sie bedingt durch das hohe Risiko langfristiger Kreditgewährung, für die es keine wertmäßigen Sicherheiten gab, da der Bankrott eines Unternehmens sowohl das industrielle Kapital wie dessen Aktien entwertete. Wenn die Bank nicht auf die Vergabe langfristiger Kredite verzichten wollte, musste sie Formen finden, die ihr eine laufende Information über die Entwicklung des industriellen Unternehmens und zudem gegebenenfalls eine Einflussnahme auf dessen Geschäftsentscheidungen ermöglichten.

Eine umfassende Überwachung des finanziellen Geschäftsverkehrs war dann möglich, wenn das betreffende industrielle Unternehmen seinen Zahlungs- und Kreditverkehr ausschließlich über eine einzige Bank abwickelte und dauerhaft mit derselben Bank verbunden blieb. Zumindest von Seiten der Bank wurde eine solche Bindung dadurch ermöglicht, das die Bank tatsächlich sämtliche Arten von Bankgeschäften anbot, für die ein Industrieunternehmen Bedarf haben konnte. Die Ausgestaltung der deutschen Banken zu Universalbanken legte erst die Basis für umfassende und langfristige Beziehungen zu industriellen Unternehmungen. Mit dem kurzfristigen Kredit- und Depositengeschäft bot die Bank die Vermittlung des gewöhnlichen Zahlungsverkehrs an, für umfassenderen Kapitalbedarf oder für außergewöhnliche Fälle wie Sanierungen, Fusionen usw. lieferte sie die entsprechenden Formen des langfristigen Kredits. Auf der Grundlage dieses universellen Angebots konnte Jeidels den Grundsatz aussprechen: „Die Banken müssen eine industrielle Unternehmung von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod, von der Gründung bis zur Auflösung begleiten, ihr bei allen gewöhnlichen und außergewöhnlichen finanziellen Vorgängen des gewerblichen Lebens helfend und ihrerseits profitierend zur Seite stehen. Diese vollkommene Form der Verbindung zwischen Bankwelt und Industrie hat zwar viele Widerstände zu überwinden und ist noch durchaus nicht die Regel, sie ist aber in der Geschichte mancher industriellen Unternehmungen bereits deutlich zu beobachten.“18

Welche Mittel hatte nun die Bank, die Beziehungen zu einzelnen Unternehmen dauerhaft zu machen und wie geeinigt waren sie für diesen Zweck? Als wichtigstes und grundlegendes Mittel, das zudem im weitesten Umfang anwendbar ist, sieht Jeidels die reguläre Geschäftsverbindung auf Basis des Kontokorrentgeschäfts an, durch das ein laufender Einblick in die finanzielle Situation des Unternehmens möglich ist und in dessen Rahmen u. U. auch Anlagekredite gewährt werden. „(Es gibt) – wie mehrfach betont – kein besseres Mittel zur planvollen und dauerhaften Einwirkung auf eine industrielle Unternehmung und damit zur indirekten Förderung der Bank.“19 Die zweite Einflusssphäre von Bedeutung sieht Jeidels in der Institution des Aufsichtsrats. „Die Banken können mit der Ausnutzung dieses Rechtsinstituts zwei Ziele verfolgen: Beziehungen zur Industrie – übrigens auch zu anderen Banken – anzuknüpfen oder einen unmittelbaren Einfluss auf Gesellschaften auszuüben, einerlei, ob sie sich dabei auf die bloße Überwachung beschränken und dafür sorgen, dass nichts gegen ihr Interesse geschieht, oder ob sie mit eigener Initiative in die Schicksale des Unternehmens eingreifen.“20 Dagegen hat nach seinen Beobachtungen die direkte Aktienbeteiligung an Industriegesellschaften nur untergeordnete Bedeutung, sie ist „keine charakteristische und nicht die gewöhnliche Form der Industriebeziehungen einer Großbank.“21

Man wird sagen dürfen, dass dauernde Beteiligung an Industrieunternehmungen ein Mittel industrieller Konzentration und als solches Betätigungsform industrieller Unternehmungen ist, während es im Wesen der Bank liegt, nur die entsprechende Transaktion zu besorgen und in der Aktienbeteiligung an Industriegesellschaften nur ein Mittel zu einem speziellen Zweck, nicht ein System allgemeiner Industriepolitik zu sehen.“22 Ähnliches gilt von dem Emissionsgeschäft, das, wie Jeidels zeigt, starken Einflüssen der Konjunktur und der Konkurrenz unterliegt und sich daher als Basis stabiler Verbindungen zur Industrie wenig eignet. „Wesentlich auf Übernahmegeschäften die Verbindung mit industriellen Unternehmungen stützen zu wollen, hieße, auf die Dauer solcher Verbindung verzichten und die Übernahme von Emissionsgeschäften selbst noch mehr dem Zufall und dem Konkurrenzkampf aussetzen.“23

Mit diesen Instrumenten sind aber erst die Formen umrissen, in denen die Beziehungen der Banken zur Industrie vor sich gehen können. Was die wirkliche Einwirkung der Banken auf die Industrie betrifft, so stellt Jeidels zwei Fragen: „1. üben die Banken einen Einfluss auf den Fortschritt der industriellen Konzentration aus? und 2. ergreifen sie selbst die Initiative oder überlassen sie diese der Industrie, deren Tendenzen sie nur folgen?“24 In der Beantwortung dieser Fragen unterscheidet er zwischen dem Verhältnis zu Einzelwerken, zu „Kollektivunternehmungen“ (Loewekonzern, Elektrizitätsgesellschaften, Kleinbahnwesen) und schließlich zu ganzen Industriezweigen.

Bezüglich der Einzelwerke kommt Jeidels zu dem Schluss, dass die Stellung der Banken „im Ganzen eine passive“25 ist. Er stellt den allgemeinen Satz auf, „dass die Industrieunternehmungen – die großen mit kompliziertem Geschäftsbetrieb am meisten – sich nach technischen Prinzipien entwickeln, aus eigenem Antrieb, mit eigener Initiative, aber vielfach mit dem Geld und der anderweitigen Unterstützung der Banken; wenn hier eine Konzentration der Industrie zu beobachten ist, so wird sie von den Banken nur erleichtert, nicht positiv veranlasst.“26

Ganz ähnlich sieht Jeidels das Verhältnis der Großbanken zu den „Kollektivunternehmungen“. Er wendet sich dagegen, die Ursache für den raschen Konzentrationsprozess etwa der Elektroindustrie im „Einwirken neuer Kräfte, die man dann in den Banken sucht“27, zu sehen. Vielmehr liege die Ursache für die größere Rolle der Banken hier nur darin, „dass die Entwicklung dieser Unternehmungen durch ihr schnelles Tempo und ihre Vielseitigkeit einen außergewöhnlich großen Kapitalbedarf erzeugt und mit so vielen finanziellen Transaktionen verbunden ist, dass den Banken weit mehr Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben wird als in anderen Industrien. Der Standpunkt der Banken, das einzelne Werk unter normalen Verhältnissen sich selbst zu überlassen und nur da helfend einzugreifen, wo sie als Institute der Kreditvermittlung und Kapitalinvestierung benötigt sind, kann dabei unverändert bleiben.“28 Für die beiden bisher betrachteten Fälle gilt grundsätzlich: „Ein planvolles unmittelbares Einwirken auf die industrielle Entwicklung hat sich im Verhältnis der Banken zur Industrie nicht herausgebildet: die industrielle Initiative ist nicht auf die Banken übergegangen.“29

Was Jeidels bezüglich des Verhaltens der Großbanken gegenüber ganzen Industriezweigen feststellt, ist eine bestimmte „Industriepolitik“, nämlich die bewusste Förderung der Konzentration. Hierzu rechnet er auch das Verhalten gegenüber den Kartellen, dem Kohlensyndikat und dem Stahlwerksverband, betont aber aufgrund der bisherigen Erfahrungen: „Für jede Art von Kartellen, zu denen die Banken in Beziehung treten, und für jede Form, in der sie dies tun, selbst für die rein bankgeschäftliche Maßnahme der Errichtung eines Syndikatskontors, gilt der allgemeine Satz, dass der treibende Faktor die Industrie ist, deren Entwicklung sich die Banken durchaus anpassen.“30 Im Gegensatz zu der Vorstellung, die Entwicklung liefe darauf hinaus, dass die Großbanken die Leitung der gesamtgesellschaftlichen Produktion übernehmen, sagt er: „Es liegt den Großbanken fern, eine allgemeine industrielle Gestaltung von einem einheitlichen Gesichtspunkt aus planvoll anzustreben. Selbstverständlich bedauern die Banken, dass im wirtschaftlichen Leben nicht ewiger Sonnenschein herrscht, besprechen sie in ihren Geschäftsberichten warnend oder resigniert die drohende oder eingetretene Überproduktion, aber Grundsätze, wie man das eine herbeiführen, das andere vermeiden könnte, haben sie nicht. Mit der Richtung auf industrielle Konzentration ist ihr zielbewusstes Einwirken erschöpft.“31 Was Jeidels auch in diesem Fall nachzuweisen versucht, ist die Tatsache, dass „die Industriepolitik der Großbanken im Wesentlichen von der Industrie diktiert wird“.32

Als Kontrast zu diesem Bild stellt Jeidels bestimmte Aktionen deutscher Großbanken im Ausland dar. „Die Bestrebungen der deutschen Großbanken, einen Teil der Petroleumindustrie, die rumänische im Mittelpunkt, unter ihrer Herrschaft zu organisieren, stellen – prinzipiell betrachtet – das Maximum an Initiative und eigener industrieller Betätigung dar, dass die Großbanken bisher in Deutschland und im Ausland aufzuweisen haben.“33 Im Einzelnen wird beschrieben, „wie eine Bank alle zur Schaffung einer Industrie erforderlichen Kräfte technischer, finanzieller kaufmännischer Art systematisch in kurzer Zeit in einer Weise in Bewegung setzt, wie es einem Industrieunternehmen oder kleineren Finanzmächten kaum ebenso gelingen wird.“34

In Rumänien ein Maximum an Initiative bei der Schaffung einer Industrie – in Deutschland eine Industriepolitik, die im Wesentlichen von der Industrie diktiert wird: die Ursache für diesen Unterschied sieht Jeidels in dem verschiedenen Entwicklungsgrad der industriellen Produktion selbst. Während in Deutschland die große Industrie bereits besteht, deren Kreditansprüchen sich die Banken anpassen müssen, konnten diese in einem rückständigen Land, wie Rumänien es war, mit weitaus größerer Selbständigkeit operieren. „Es liegen also bei der industriellen Betätigung der Banken im Ausland Bedingungen vor, die für ihre inländischen Industriebeziehungen nicht existieren.“35 Auslandsanlagen in industriell entwickelten Ländern bestätigen diese Erklärung, so die „Emissionstätigkeit für nordamerikanische Bahnen, die keinen entscheidenden und nachhaltigen Einfluss auf diese herbeiführt (…) Der Unterschied der beiden Länder (USA und Rumänien – d. V.) an Kapitalreichtum, an wirtschaftlicher, politischer, gesamter kultureller Entwicklungsstufe liegt dieser verschiedenen Stellung der deutschen Bankwelt zugrunde.“36

Das Bild von den „Beherrschern der Industrie“ und „allmächtigen Monopolinhabern“, zu denen die Banken anwachsen, wird von Jeidels, der, wie Lenin mit Recht sagt, „die Dinge am eingehendsten studiert hat“, nicht gestützt. In vielfältiger Form weist er auf die Grenzen hin, innerhalb derer sich die Banken bewegen. Ihre Abhängigkeit von der Industrie tritt gerade da hervor, wo die große Industrie am weitesten entwickelt ist. Die Macht, die sie durch die Verfügung über das disponible Kapital der Gesellschaft erhalten, bleibt gebunden an die wechselnden Verwertungsbedingungen eines Reproduktionsprozesses, den sie nicht bestimmen, dem sie sich aber anpassen müssen. Von der Auffassung, die Banken könnten durch „bewusste Regelung“ objektive Gesetze beschneiden, ist Jeidels weit entfernt. Auch einer „Verschmelzung“ von Bankkapital und Industriekapital in dem Sinne, dass die Banken selbst Industrielle werden oder über das industrielle Kapital „verfügen“, hat er nicht das Wort geredet; „die Gestalt dieser Kreditvermittlung und damit auch die Organisation der Banken haben sich mit der großkapitalistischen Industrieentwicklung verändert, ihrem Wesen nach ist die Bank aber geblieben, was sie war: Kreditinstitut.“37 Ihrem Wesen nach bleibt die Bank außerhalb des unmittelbaren Reproduktionsprozesses, auf den sie im Wesentlichen reagiert; selbst ihr zielbewusstes Eingreifen in Richtung auf industrielle Konzentration besteht nur darin, dass „die Großbanken die Politik der Industrie zu der ihrigen“38 machen.

Was das Wort „Verschmelzung“ auf den ersten Blick ausdrückt, ist das Entstehen einer gleichförmigen Substanz, in der die Unterschiede ursprünglich getrennter Dinge verloren gehen. Insofern ist es geeignet, bildlich auszudrücken, dass Kreditinstitut und Industrieunternehmung eins werden, die grundsätzliche Abhängigkeit des Kreditwesens vom Produktionsprozess nicht mehr wiederzugeben und so Raum zu schaffen für die umgekehrte Idee, dass allmächtige Monopolbanken die Industrie beherrschen.39 Für eine differenzierte Betrachtung der Verbindungen von Bank und Industrie, wie wir sie bei Jeidels finden, ist dieser Begriff untauglich. Wie wenig er auf konkreten Untersuchungen fußt, zeigt zudem ein Blick in andere Länder. Jeidels hatte seine Studie bewusst auf deutsche Verhältnisse beschränkt, „diese Zusammenhänge für Österreich und Frankreich, England und die Vereinigten Staaten, die in dieser Hinsicht verschiedene Typen darstellen, aufzuklären, ist selbstverständlich Aufgabe besonderer Untersuchung“.40

c) Das englische Bankwesen

Im Unterschied zum deutschen Universalbanksystem ist das englische Bankwesen durch eine reich gegliederte Arbeitsteilung gekennzeichnet. Die großen Aktienbanken waren reine Depositenbanken, d.h. sie waren auf den ersten der beiden oben genannten Geschäftsbereiche spezialisiert: sie nahmen Depositen herein und betrieben das kurzfristige Kreditgeschäft. Dagegen wurde das Emissions- und Anlagegeschäft von speziellen Kapitalanlagegesellschaften betrieben, Investment Trusts, die wiederum keine regulären Bankgeschäfte (in der Art der Depositenbanken) betrieben und überhaupt nicht als Banken angesehen wurden. Das Kapitalanlagegeschäft außerhalb Englands war wiederum Aufgabe spezieller Banken, der Übersee- und Kolonialbanken, während die großen britischen Depositenbanken außerhalb Englands kaum in Erscheinung traten. Das internationale Bankgeschäft, Finanzierung des britischen Importhandels, Vermittlung des internationalen Wechselverkehrs, Emission ausländischer Staatsanleihen wurde von den Merchant Bankers gepflegt; die Merchant Banks waren private Bankhäuser, die aus Handelsfirmen entstanden waren, die seit dem 18. Jahrhundert ins Bankgeschäft eingedrungen waren. Keine der hier genannten Banken betrieb das Emissions- und Anlagegeschäft für die englische Industrie. „Es ist bekannt, dass die englischen Banken keine Wertpapiere emittieren (…) aber auch die Privatbankiers (…), die großen Finanziers und Maklerfirmen, nehmen regelmäßig nicht das geringste Interesse an heimischen Industriewerten.“41

Wenn der Begriff des „Finanzkapitals“, obgleich in theoretisch falscher Weise, immerhin deutsche Verhältnisse widerspiegelt, so erweist er sich angesichts des englischen Bankwesens als falsche Verallgemeinerung. Universalbanken, die dauernde und intensive Verbindungen zur Industrie pflegen, gab es in England nicht. Riesser, aus dessen Werk über „die deutschen Großbanken und ihre Konzentration“ Lenin mehrfach zitiert, schreibt: „Allerdings steht fest, dass die englischen Joint Stock Banks (Aktienbanken – d. V.), wie es die Theorie verlangt, direkt dem Gründungs- und Emissionsgeschäft und der Börsenspekulation ferngeblieben sind. Damit ist aber zunächst der große Übelstand verbunden, dass sie auch keinerlei Interesse an den neu gegründeten Gesellschaften und den von diesen emittierten Werten nahmen und nehmen, während es ein besonderer Vorzug des deutschen Systems ist, dass die deutschen Banken, schon im Interesse ihres Emissionskredits, die Entwicklung der von ihnen gegründeten Gesellschaften dauernd kontrollieren.“42

Am Rande deutet Riesser hier an, dass dem englischen Bankwesen eine eigene Theorie entsprach. Nach englischer Auffassung gehörte der langfristige Anlagekredit gar nicht zum Bankwesen. „Reguläres“ Bankgeschäft war nur der kurzfristige Kredit, und nur dieses war soliden Banken gestattet. Für diesen Geschäftszweig hatten sich feste Grundsätze und Regeln herausgebildet, an die jeder Bankier sich halten konnte und die er im eigenen Interesse auch befolgte.43 Etwa bis zum Ende des 19. Jahrhunderts herrschte auch in der deutschen bürgerlichen Ökonomie die Auffassung vor, das eigentliche, legitime Bankwesen sei das englische, dagegen sei das Gründungs- und Emissionsgeschäft nicht Sache der Bank.44

Aber in Deutschland hatte die Realität längst andere Wege beschritten, und die Theorie musste dem Rechnung tragen. Es entstand eine umfangreiche Literatur zu der Frage, ob Universalbanken oder spezialisierte Banken die Aufgaben eines Kreditinstituts besser erfüllen.45 Man studierte die geschichtliche Entwicklung der deutschen Banken, verfolgte deren Konzentrationsprozess und die Entwicklung ihrer Beziehungen zur Industrie, verglich die Stabilität und Leistungsfähigkeit des deutschen Bankwesens mit dem anderer Länder, insbesondere Englands, untersuchte die Finanzierungsgesellschaften im Ausland (die nicht Banken zu sein brauchten) und bemühte sich, Grundsätze, Leitlinien und Ratschläge für das Universalbankwesen zu entwickeln.

In diesen Zusammenhang gehören u.a. die Arbeiten von Schulze-Gävernitz, Jeidels und Riesser, die den Typ der Universalbank befürworteten. Dabei wurde aber auch deutlich, dass es unterschiedliche historische Voraussetzungen waren, die den verschiedenen Banksystemen zugrunde lagen. Riesser schreibt z. B.: „Die deutschen Banken haben sich (…) von Anfang an in engstem Zusammenhang mit dem noch geringen Vermögen der Bevölkerung und mit den Bedürfnissen der deutschen Industrie und des deutschen Handels, direkt entgegen dem englischen System entwickelt, welches seinerseits in engster Verbindung mit den englischen Bedürfnissen, mit der in England vorhandenen Verkehrs- und Kreditkonzentration und dem englischen Reichtum – alles Momente, die in Deutschland fehlen – von Anfang an eine scharfe Trennung der Depositenbanken von den übrigen Banken durchgeführt hat.“46

Der Umbruch in der deutschen bürgerlichen Theorie fand einen bestimmten Niederschlag und eine besondere Verarbeitung in den Ideen Hilferdings, der versucht, diesem Prozess der Herausbildung des deutschen Universalbankensystems in marxistischem Vokabular theoretische Gestalt zu verleihen. Da er, wie sich zeigen wird, dabei das zinstragende Kapital überhaupt und speziell die Emissionstätigkeit der Banken mit dem Wucher verwechselt, ist es nötig, die Rolle, die das Wucherkapital in der Marxschen Theorie spielt, kurz zu erläutern.

Marx zählt das Wucherkapital zu den vorsintflutlichen Formen des Kapitals, die der kapitalistischen Produktionsweise lange vorausgehen. Es ist eine Form des zinstragenden Kapitals, aber charakterisiert durch die nichtkapitalistischen Borger: einerseits „verschwenderische Große, wesentlich Grundeigentümer;“ andererseits kleine, ihre eigenen Produktionsmittel besitzenden Produzenten, „worin der Handwerker eingeschlossen, aber ganz spezifisch der Bauer“.47 Dagegen ist für das zinstragende Kapital auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, wie oben bereits erwähnt, das Verleihen an Kapitalisten charakteristisch. Mit der Entwicklung des modernen Kredit- und Bankwesens, das sich im Kampf gegen das Wucherkapital herausbildet, wird das zinstragende Kapital den Bedingungen und Bedürfnissen der kapitalistischen Produktionsweise angepasst.

Dagegen behält das zinstragende Kapital die Form von Wucherkapital „gegenüber Personen und Klassen oder in Verhältnissen, wo nicht im Sinn der kapitalistischen Produktionsweise geborgt wird und geborgt werden kann; wo aus individueller Not geborgt wird wie im Pfandhaus; wo dem genießenden Reichtum für Verschwendung geborgt wird; oder wo der Produzent nichtkapitalistischer Produzent ist, kleiner Bauer, Handwerker etc., also noch als unmittelbarer Produzent Besitzer seiner eigenen Produktionsbedingungen; endlich wo der kapitalistische Produzent selbst auf so kleiner Stufenleiter operiert, dass er sich jenen selbst arbeitenden Produzenten nähert.“48 Das Wucherkapital ist also nicht die für die kapitalistische Produktionsweise charakteristische Form des Kapitals; wo es herrscht, weist es auf vorkapitalistische Produktionsverhältnisse hin.

Hilferding weiß, dass in England „die Depositenbanken nur Zirkulationskredit vermitteln“.49 Mit diesem „Zirkulationskredit“ ist der kommerzielle Kredit gemeint, der Kredit, den sich „die in der Reproduktion beschäftigten Kapitalisten untereinander geben“50, wie Marx sagt, und der sich mit dem Geldkredit der Bank verbindet. Von Seiten der Bank handelt es sich also hier um das kurzfristige Kreditgeschäft, das „echte“ Bankgeschäft nach englischer Theorie, das in Hilferdings Konzeption nun eine doppelte Rolle spielt: erstens erhebt er die Form der englischen Depositenbank zur allgemeinen Bestimmung des Bankkapitals, zweitens beschränkt er die Unterordnung des zinstragenden Kapitals unter die Bedingungen der kapitalistischen Produktion auf die Vermittlung des kommerziellen Kredits: „Das Wucherkapital wird dem Industriekapital untergeordnet (…) Als Bankkapital vermittelt es die Kreditoperationen unter den Produktiven.“51 „Es“ ist im letzten Satz immer noch das Wucherkapital, das Hilferding hier mit dem zinstragenden Kapital überhaupt verwechselt und das jetzt in der Form der englischen Depositenbank auftritt, in der es, statt zu wuchern, als bescheidener Vermittler sich mit Wechselgeschäften und dergleichen begnügen muss.

Geht nun das verkappte Wucherkapital dazu über, Anlage- und Emissionsgeschäfte zu tätigen, langfristige Kredite für Anlage von fixem Kapital zu gewähren, so wächst es nach Hilferding bereits aus der Form des „Bankkapitals“ – obwohl in Wirklichkeit nur aus der Form der englischen Depositenbank – heraus und hebt damit zugleich die Unterordnung unter das industrielle Kapital – in Wirklichkeit nur die Beschränkung auf das „reguläre“ Kreditgeschäft – auf. Denn mit dem langfristigen Kredit für fixe Kapitalanlagen „ändert sich aber zugleich die Stellung der Banken zur Industrie.“52 „Aus dem augenblicklichen Interesse wird ein dauerndes Interesse, und je größer der Kredit, je mehr vor allem der Anteil des in fixes Kapital verwandelten Leihkapitals überwiegt, desto größer und desto bleibender dieses Interesse. Gleichzeitig wächst aber der Einfluss der Bank auf das Unternehmen (…)“53 Mit der Entwicklung der Aktiengesellschaften und dem Emissionsgeschäft schließlich streift das Wucherkapital die Formen der Unterordnung unter die kapitalistische Industrie endgültig ab und kommt wieder zu sich selbst.

Wie es früher die kleinen Produzenten aussaugte und das reiche Grundeigentum ruinierte, so jetzt die große Industrie: „Die Mobilisierung des Kapitals und die stets stärkere Ausdehnung des Kredits ändert allmählich die Stellung der Geldkapitalisten vollständig. Die Macht der Banken wächst, sie werden die Gründer und schließlich die Beherrscher der Industrie, deren Profite sie als Finanzkapital an sich reißen, ganz wie einst der alte Wucher in seinem ‘Zins’ den Arbeitsertrag des Bauern und die Rente des Grundherrn. Der Hegelianer könnte von Negation der Negation sprechen: Das Bankkapital war die Negation des Wucherkapitals und wird selbst vom Finanzkapital negiert. Dieses ist die Synthese des Wucher- und Bankkapitals und eignet sich auf einer unendlich höheren Stufe der ökonomischen Entwicklung die Früchte der gesellschaftlichen Produktion an.“54

Dass Hilferding die Gründertätigkeit, das Emissionsgeschäft und den Handel mit Effekten dem Wuchergeschäft gleichsetzt, fußt wieder auf der Polemik der älteren deutschen Ökonomen, die die englische Banktheorie vertraten. Schäffle sprach von dem „durchaus wucherischen und destruktiven Betriebe“ der im Effektengeschäft engagierten Banken, und Adolf Wagner erklärte, dass diese ihre Gewinne „doch vornehmlich der Ausbeutung von Leichtsinn, Unerfahrenheit und Gewinnsucht der am Börsenspiel sich beteiligenden Volkskreise verdankten.“55 Die Universalbank war in der Tat eine „Synthese“, indem sie das „reguläre“ Kreditgeschäft mit dem Effektengeschäft verband und beide Arten der Kreditvermittlung unter einem Dach anbot. Wenn Hilferding das „Finanzkapital“ als „Synthese des Wucher- und Bankkapitals“ bezeichnet, so verdolmetscht er nur den Standpunkt der älteren bürgerlichen Ökonomie in Deutschland, die in den Universalbanken eine Verquickung des „eigentlichen“ Bankgeschäfts mit wucherischer Spekulation sah. Daraus ergibt sich dann die Ansicht, dass mit der Entstehung des Universalbanksystems in Deutschland der alte und eigentliche Kapitalismus, der sich in der englischen Banktheorie widerspiegelt, von einem neuen Kapitalismus abgelöst wird, den die Theorie des „Finanzkapitals“ beschreibt.

In dieser Art und Weise, in der Hilferding eine besondere historische Entwicklung mit allgemeinen Begriffen der Marxschen Politökonomie zu fassen versucht, haben sich uns eine Reihe weiterer Fehler gezeigt: Hilferding verwechselt das zinstragende Kapital überhaupt mit dem Wucherkapital, beschränkt das Bankkapital auf die besondere Form der englischen Depositenbank, verwechselt die Vermittlung des kommerziellen Kredits mit der Unterordnung des zinstragenden Kapitals unter die kapitalistische Produktionsweise, während das Emissionsgeschäft als Wucher verstanden wird, der den Bedingungen der kapitalistischen Produktion nicht mehr untergeordnet ist. All diesen Fehlern liegt dieselbe Methode zugrunde, besondere historische Formen falsch mit allgemeinen Begriffen zu identifizieren, die Marx als „notwendig zur Charakterisierung der kapitalistischen Produktionsweise überhaupt“56 ansah. Die besonderen Formen, die sich in Deutschland entwickelten, schienen daher eine qualitative Änderung im allgemeinen Charakter der Produktionsweise anzuzeigen, einen Vorgang, der sich Hilferding als „notwendig und unumgänglich, weil den Gesetzen der kapitalistischen Entwicklung entspringend“57 darstellte.

Ausgehend von dieser falschen Verallgemeinerung und ihrer grundsätzlichen Bedeutung sah auch Lenin in der von Jeidels beschriebenen Herausbildung der Universalbanken und ihrer Beziehungen zur Industrie einen qualitativen Wendepunkt, der über den Kapitalismus schlechthin hinausführte: „Das 20. Jahrhundert ist also der Wendepunkt vom alten zum neuen Kapitalismus, von der Herrschaft des Kapitals schlechthin zu der Herrschaft des Finanzkapitals.“58 Die fehlerhafte Auffassung des Wucherkapitals und seiner Entwicklung, wie Hilferding sie beschrieben hatte, wird man unschwer wiedererkennen in dem Satz: „Der Kapitalismus, der seine Entwicklung als kleines Wucherkapital begann, beendet seine Entwicklung als riesiges Wucherkapital.“59 Hier wendet Lenin Hilferdings Theorie auf Frankreich an, wo nach seiner Ansicht eine „besonders rasche Entwicklung des Finanzkapitals60 vor sich ging und der qualitative Unterschied zwischen der Epoche des Industrie- und der des Finanzkapitals besonders plastisch hervorzutreten schien.

d) Der französische Rentnerstaat

Zur Darstellung des französischen Finanzkapitals benutzte Lenin die Polemik von Lysis „Gegen die Finanzoligarchie in Frankreich“. Das Bild, das dieser von der französischen Finanzoligarchie zeichnete, zeigt gleichzeitig, was er ihr vorwirft: „Sechs deutsche Banken sind in den Aufsichtsräten der 113 wichtigsten Industriegesellschaften Deutschlands vertreten, Bergbau, Hüttenindustrie, Elektrizität, chemische Produkte (…). Nichts dergleichen existiert bei uns.“61 Unsere Banken „widmen sich keinem langfristigen Unternehmen, sie lenken den Gang keines einzigen Unternehmens, weder in Frankreich noch im Ausland.“62 „(…) sie tauchen unser Land in einen Zustand ökonomischen Todes (…) In der Tat, wie könnte sich die Industrie auch entwickeln, wie könnten neue Unternehmungen in Frankreich gegründet werden, da doch alles disponible Kapital systematisch in Ausland exportiert wird?“63 Was Lysis der französischen Finanzoligarchie zum Vorwurf macht, ist gerade deren „Weigerung“, mit der französischen Industrie zu „verschmelzen“. Im Einzelnen freilich enthält die Streitschrift manche Übertreibung,64 doch fand sie in Frankreich starken Widerhall und wirft ein Schlaglicht auf die besonderen Verhältnisse dieses Landes.

Nach geringen Anfängen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts65 hatte die Industrialisierung während des 19. Jahrhunderts nur verhältnismäßig langsame Fortschritte gemacht. Auf die Gründe kann hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Es sei nur auf den einen charakteristischen Umstand verwiesen, dass mit der Französischen Revolution aus der Auflösung des feudalen Grundeigentums das freie Parzelleneigentum selbstwirtschaftender Bauern hervorgegangen war. Während zum Vergleich in England die freie Bauernschaft bereits etwa um 1750 verschwunden war,66 hielt sich in Frankreich die Abwanderung vom Land auch im 19. Jahrhundert in sehr engen Grenzen, so dass Engels 1877 noch von einem Kleinbauerntum sprechen konnte, „dass die große Masse der französischen Bevölkerung bildet“.67

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte in der französischen Wirtschaft das Familienunternehmen vor.68 Aktiengesellschaften hatten nur geringe Verbreitung gefunden.69 Zur Bildung von Kartellen kam es nur vereinzelt.70 Die Kapitalbasis selbst führender Werke der Schwerindustrie war vergleichsweise gering.71 Das langsame Tempo der Akkumulation zeigte sich auch darin, dass ihre bevorzugte Form die Selbstfinanzierung war; Bankkapital wurde kaum in Anspruch genommen. „Von den 300 Mill., die 1900 – 1912 für Neuanlagen aufgewendet wurden, kamen nur 20 Mill. von den Banken und ihren Kunden. Deshalb fehlt die sachliche und persönliche Verflechtung der Schwerindustrie mit den großen Kreditinstituten. Die Werke sind unabhängig geblieben, aber sie haben sich dafür auch Beschränkungen auferlegen müssen, wenn es sich um die Ausdehnung ihrer Anlagen handelte.“72 Was hier von Schwerindustrie gesagt wird, gilt in noch größerem Maße für andere Zweige der französischen Wirtschaft.

Marx bemerkte einmal, dass „in Ländern, wo das industrielle Kapital noch nicht vollständig entwickelt ist, wie in Frankreich“, die Neigung besteht, das zinstragende Kapital als die „Grundform des Kapitals“ oder als das Kapital „par excellence“73zu halten, – eine Neigung, die sich in Frankreich praktisch niederschlug. Das Profitstreben, das sich nur mäßig in der Neuanlage zusätzlichen produktiven Kapitals ausdrückte, äußerte sich umso mehr – zunehmend seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – in der Anlage festverzinslicher Wertpapiere und urbanem Häuserbesitz.74 „Der Staat trug das Seine dazu bei, indem er – bereits seit Napoleon III. – in zunehmendem Maße Anleihen lancierte und sich damit diese wegen des weitgestreuten Wertpapierbesitzes breite, durch Spekulation auf Profitmaximierung erpichte Bourgeoisie verpflichtete und an sich band. So zurückhaltend sich diese Bourgeoisie verhielt, wenn es um die Entwicklung des Produktionsapparats ging, so kühn, zunächst sogar geradezu abenteuerlich agierte sie, wenn es sich um Anlagen im Ausland handelte (…)“75

An Versuchen, das disponible Kapital der Gesellschaft für die Entwicklung der Industrie zu nutzen, hat es nicht gefehlt. 1852 wurde der Crédit Mobilier gegründet, eine der ersten Universalbanken überhaupt; mit ihm verbanden seine Gründer, ehemalige Vertreter der saint-simonistischen Schule, das Ziel, durch Gründung von Industrieunternehmungen und langfristige Finanzierung der Industrie nicht nur zur Entwicklung der französischen Wirtschaft beizutragen, sondern ein allgemeines Banken- und Kreditsystem zu schaffen, das die Leitung und Regulierung der gesamten Produktion ermöglicht. Marx sah im Crédit Mobilier „eine Form, die übrigens nur in einem Land wie Frankreich vorherrschend werden konnte, wo weder das Kreditsystem noch die große Industrie zur modernen Höhe entwickelt waren“.76 Sein Bankrott im Jahre 1867 blieb nicht der einzige Rückschlag, den die französischen Banken im langfristigen Anlagegeschäft und der Spekulation mit Effekten erlitten. Der Konkurs der „Société de l’Union Générale“ im Jahre 1882, der eine Panik an der Börse und eine allgemeine Bankenkrise auslöste, bedeutete einen Wendepunkt für das französische Bankwesen. Seit dieser Zeit etablierte sich in Frankreich eine Trennung in Depositenbanken und Emissionsbanken (wenn auch nicht in ganz scharfer Form).77 Die großen Banken wie der Crédit Lyonnais und die Société Générale, die infolge der Krise schwere Verluste erlitten hatten, bauten ihre langfristigen Kredite ab und wurden – am ausgeprägtesten der Crédit Lyonnais – zu Depositenbanken. Aber auch die Emissionsbanken, die im Übrigen erheblich kleiner waren als die genannten Depositenbanken, hatten an der französischen Industrie kaum Interesse und waren nur ganz vereinzelt an Industriegesellschaften beteiligt.78 Dieses geringe Interesse deckte sich aber mit der schwachen Nachfrage der Industrie nach langfristigen Krediten und der geringen Zahl der Aktiengesellschaften.

Grundsätzlich ist jedenfalls festzustellen, dass der Typ der Universalbank aufgegeben worden war. An die Stelle engerer Beziehungen zur Industrie Frankreichs trat das ausländische Anlagegeschäft, wobei wiederum nicht die direkte Industriefinanzierung, sondern Staatsanleihen dominierten.79 „Wenn die Anlagebanken sich stärker im Ausland als daheim engagierten, so lag das sicher nicht nur daran, dass sie sich hier mehr Gewinn erwarten konnten, sondern offensichtlich auch daran, dass die französische Industrie, in der es vor dem Ersten Weltkrieg nur relativ wenige Großunternehmungen gab, den reich alimentierten französischen Kapitalmarkt nur in ziemlich bescheidenem Umfang in Anspruch nahm.“80

Lysis stellt den Zusammenhang auf den Kopf, wenn er den Kapitalexport der „Wucherer Europas“81 für den „ökonomischen Tod“ (auch eine seiner Übertreibungen) Frankreichs verantwortlich macht; Lenin folgt ihm darin: „Alle Verhältnisse des Wirtschaftslebens erfahren infolge dieser Wandlung des Kapitalismus eine tiefgehende Veränderung.“82 Die Reichlichkeit des französischen Leihkapitals war weder Ausdruck eines hochentwickelten, „überreifen“83 Kapitalismus noch einer „besonders raschen Entwicklung des Finanzkapitals“, sondern Begleiterscheinung einer zögernden industriellen Entwicklung und einer weitverbreiteten Bevorzugung zinstragender Anlagen.

Es entspricht den irreführenden Verallgemeinerungen Hilferdings, dass Lenin die Verschmelzung von Bank- und Industriekapital sowie die Abhängigkeit der Industrie von den Banken an britischen und besonders französischen Banken zu demonstrieren versucht. Ausgehend von der Kontoführung für bestimmte Kapitalisten schreibt er: „Sobald aber diese Operation Riesendimensionen annimmt, zeigt sich, dass eine Handvoll Monopolisten sich die Handels- und Industrieoperationen der ganzen kapitalistischen Gesellschaft unterwirft, indem sie – durch Bankverbindungen, Kontokorrente und andere Finanzoperationen – die Möglichkeit erhält, sich zunächst über die Geschäftslage der einzelnen Kapitalisten genau zu informieren, dann sie zu kontrollieren, sie durch Erweiterung oder Schmälerung, Erleichterung oder Erschwerung des Kredits zu beeinflussen und schließlich ihr Schicksal restlos zu bestimmen, die Höhe ihrer Einkünfte zu bestimmen, ihnen Kapital zu entziehen oder ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Kapital rasch und in großem Umfang zu erhöhen usw.“84

Deutlicher lässt sich kaum ausdrücken, dass der Kapitalismus als eine auf Gesetzen beruhende Produktionsweise verschwunden ist und an seine Stelle die Allmacht der Monopolisten getreten ist. Denn wie können die „Handels- und Industrieoperationen der ganzen kapitalistischen Gesellschaft“ noch von den Gesetzen der Warenproduktion bestimmt sein, wenn sie einer Handvoll Monopolisten unterworfen sind? Diese bestimmen die Höhe der Einkünfte, die unter kapitalistischen Bedingungen durch die Produktion des Mehrwerts und die allgemeine Profitrate geregelt wird; sie erleichtern und erschweren den Kredit, der im Kapitalismus der Bewegung der allgemeinen Zinsrate unterworfen ist; sie bestimmen restlos das Schicksal der einzelnen Kapitalisten, das auf Basis des Kapitals der Konkurrenz unterworfen ist. Wenn eine Handvoll Monopolisten das wirklich kann, was Lenin ihr zuschreibt, dann bestimmen sie tatsächlich die gesamte Produktion der Gesellschaft, wenn auch nicht im Interesse der Allgemeinheit.

Als empirischen Beleg stellt Lenin eine Zunahme der Zahl der Niederlassungen, Filialen, Aktienbeteiligungen, Konten oder auch Briefe verschiedener Banken fest, um fortzufahren: „Diese einfachen Zahlen zeigen wohl anschaulicher als langatmige Betrachtungen, wie sich mit der Konzentration des Kapitals und dem Wachstum des Umsatzes die Bedeutung der Banken von Grund aus ändert.“85 Zwar zeigen die Zahlen die Ausdehnung der Tätigkeit der Banken, aber was für eine Tätigkeit sich ausdehnt, bleibt im einzelnen Fall zu prüfen. Dass der Hinweis auf die Filialnetze der englischen Großbanken86 in die Irre führt, geht aus dem Abschnitt über das englische Bankwesen bereits hervor. Dasselbe gilt aber auch von den drei französischen Großbanken, die Lenin nennt.87 Das Comptoir National d’Escompte war 1848 von vornherein als Depositenbank nach englischem Vorbild gegründet worden. Der Crédit Lyonnais und die Société Générale haben sich zur selben Zeit, in der sich die deutschen Banken zu Universalbanken entwickelten, aus der Industriefinanzierung zurückgezogen. Eine Kontrolle der französischen Industrie strebten sie weder an noch hatten sie die Mittel dazu.

Eine der drei größten Banken Frankreichs, der <Crédit Lyonnais>“, schreibt Lenin, „hat z. B. ein besonderes Finanzstudienbüro (Service des études financières) eingerichtet. Dort arbeiten ständig über 50 Personen – Ingenieure, Statistiker, Nationalökonomen, Juristen (…) Die Folge ist einerseits eine immer größere Verschmelzung oder, nach einem treffenden Ausdruck N.I. Bucharins, ein Verwachsen mit dem Industriekapital, und andererseits ein Hinüberwachsen der Banken in Institutionen von wahrhaft <universalem Charakter>.“88

Auf die französische Wirklichkeit und den Crédit Lyonnais im Besonderen trifft Lenins Folgerung nicht zu. Der Crédit Lyonnais war umgekehrt, infolge bitterer Erfahrungen, auf Vermeidung jeglichen Risikos und Vergrößerung der Sicherheit bedacht. In den Formulierungen, mit denen die Direktion ihre Schreiben an die russischen Filialen regelmäßig schloss, kommt die Scheu vor den Risiken industriellen Engagements deutlich zu Ausdruck: „Vermeiden Sie Risiken, vergrößern Sie ihre Sicherheitsmargen, vermehren Sie die klassischen Bankgeschäfte wie das Diskontgeschäft, enthalten Sie sich jedes gewagten Engagements gegenüber den Industriellen!“89 Das klassische Bankgeschäft ist das „reguläre“ Bankgeschäft der englischen Banktheorie; diese Klassik war das Vorbild des Crédit Lyonnais.

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1 LW 22, S. 230

2 MEW 25, S. 366

3 MEW 25, S. 362

4 MEW 25, S. 481

5 MEW 25, S. 454 f.

6 Hilferding, a.a.O., S. 309 / a.a.O., S. 305

7 MEW 25, S. 619 f.

8 MEW 25, S. 620

9 Bezüglich des Verhältnisses von staatlichem Überbau und ökonomischer Basis bedienten sich die Theoretiker des staatsmonopolistischen Kapitalismus in „Imperialismus heute“ desselben Verfahrens: „Die wirtschaftliche Tätigkeit des westdeutschen Staates ist zu einem immanenten Faktor des Reproduktionsprozesses und damit zu einer im unmittelbaren Sinne ökonomische Potenz geworden, ohne die der kapitalistische Reproduktionsprozess nicht mehr vonstattengehen kann.“ (a.a.O. S. 138

10 Hilferding, a.a.O. S. 310 / a.a.O. S. 307

11 LW 22, S. 214

12 LW 22, S. 230

13 LW 22, S. 270. An anderer Stelle setzt Lenin das „Weltfinanzkapital“ einfach mit der Summe aller Wertpapiere gleich (S. 243 f.), so dass sich der Inhalt des Begriffs völlig verflüchtigt.

14 Hilferding, a.a.O. S. 113, Fußnote / a.a.O. S. 98, Fußnote

15 LW 22, S. 212

16 LW 22, S. 226

17 Otto Jeidels, Das Verhältnis der deutschen Großbanken zur Industrie mit besonderer Berücksichtigung der Eisenindustrie, München und Leipzig 1913, 2. unveränderte Auflage, S. 180. vgl. LW 22, S. 227

18 Jeidels, a.a.O. S. 50

19 ebenda S. 121

20 ebenda S. 150

21 ebenda S. 121

22 ebenda S. 112

23 ebenda S. 179 f.

24 ebenda S. 184

25 ebenda S. 198

26 ebenda S. 199

27 ebenda S. 222

28 ebenda S. 222

29 ebenda S. 250

30 ebenda S. 258

31 ebenda S. 269 f.

32 ebenda S. 153

33 ebenda S. 192

34 ebenda S. 197

35 ebenda S. 197

36 ebenda S. 187

37 ebenda S. 182

38 ebenda S. 268

39 Eine ähnliche Problematik findet sich später wiederum im Versuch, das Verhältnis von Ökonomie und Staat neu zu bestimmen. Stalin hatte noch in der „Frage des Zusammenwachsens der Monopole mit dem Staatsapparat“ argumentiert: Der Ausdruck <Zusammenwachsen> passt nicht. Dieser Ausdruck stellt oberflächlich und beschreibend die Annäherung der Monopole und des Staates fest, deckt aber nicht den ökonomischen Sinn dieser Annäherung auf. Es ist so, dass der Prozess dieser Annäherung nicht einfach zum Zusammenwachsen führt, sondern zur Unterordnung des Staatsapparates unter die Monopole. Darum sollte man auf das Wort <Zusammenwachsen> verzichten und es durch die Worte <Unterordnung des Staatsapparates unter die Monopole> ersetzen.“ (Josef Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, Dietz-Verlag 1952; zitiert nach: J. Stalin, F. Behrens, J. Kuczynski, Ökonomische Probleme des Sozialismus, Frankfurt 1972, S. 44) Unter Kritik an Stalins „Dogmatismus“ wählten später die Autoren von „Imperialismus heute“ Formulierungen, die zwar auf das Wort verzichten, inhaltlich aber das „Zusammenwachsen“ umschreiben, so z.B. „… so besteht das Wesentlich der heutigen Lage darin, dass die staatliche Tätigkeit (ist) auf längere Sicht berechnet in die ökonomische Prozesse unmittelbar eingebaut und organisch aufs engste mit ihnen verbunden“ (a.a.O.. S. 138; vgl. auch S. 157 f.)

40 Jeidels, a.a.O., S .13

41 Theodor Vogelstein, Die Industrie und der Kapitalmarkt, Bank-Archiv, 8. Jahrgang (1909), No. 22, S.342, zitiert nach Riesser, Die deutschen Großbanken und ihre Konzentration im Zusammenhang mit der Entwicklung der Gesamtwirtschaft in Deutschland, Glashütten im Taunus, 1971, S. 202 f. Fußnote (unveränderter Nachdruck der Ausgabe Jena 1912)

42 Riesser, a.a.O., S. 444

43 Karl Erich Born, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1977, S. 310. Born gibt einen Überblick über die Geschichte der Banken und Banksysteme verschiedener Länder.

44 siehe z.B. Johann Plenge, Die erste Anlagebank. Gründung und Geschichte des Crédit Mobilier, Essen 1921, S. VIII

45 Umfangreiche Literaturhinweise finden sich bei Adolf Weber, Depositenbanken und Spekulationsbanken. Ein Vergleich deutschen und englischen Bankwesens, München und Leipzig 1915, (1. Auflage 1902)

46 Riesser, a.a.O., S. 437

47 MEW 25, S. 608

48 MEW 25, S. 613 f.

49 Hilferding, a.a.O., S. 308 / a.a.O., S. 114

50 MEW 25, S. 496; Hilferding, a.a.O. S. 129 / a.a.O., S. 114

51 Hilferding, a.a.O., S. 310 / a.a.O. S. 307

52 Hilferding, a.a.O., S. 118 / a.a.O. S. 103

53 Hilferding, a.a.O., S. 119 / a.a.O. S. 104

54 Hilferding, a.a.O., S. 310 / a.a.O. S. 307

55 zitiert nach: Adolf Weber, a.a.O. S. 6; Schäffle, Kapitalismus und Sozialismus, S. 249; A. Wagner in: Sattler, Die Effektenbanken, Leipzig 1890, Vorwort S. VIII

56 MEW 25, S. 413

57 Hilferding, a.a.O., S. 398 / a.a.O. S. 398 wendet: und

58 LW 22, S. 229

59 LW 22, S. 237

60 LW 22, S. 273

61 Lysis (Pseudonym von Eugène Letailleur), Contre l´Oligarchie financière en France, Paris ohne Jahrgang; hier zitiert nach der 11. Auflage. Lenin wusste, wogegen sich Lysis wendet: „und viel Geschrei dagegen, dass die Banken die französische Industrie nicht unterstützen …“ (LW 39, S. 210) „Six banques allemandes sont représentées dans les conseils d´administration des cent treize plus importants sociétés industrielles d´Allemagne, mines, métallurgie, électricité, produits chimiques (…). Rien de pareil n`existe chez nous.“ S. 16

62 „Et nos banques … elles ne se consacrent à aucune entreprise de longue haleine, elles ne dirigent pas et ne contrôlent la marche d`aucune entreprise ni en France, ni à l`étranger. (S. 119)

63 „… elles plongent notre pays dans un état de mort économique …. En vérité, comment l`industrie pourrait-elle se développer, comment des entreprises nouvelles pourraient-elles être fondées en France, puisque tous les capitaux disponibles sont systématiquement exportés à l`étranger?“ (S. 143 f.)

64 Dem polemischen Charakter der Schrift dürfte die Aussage geschuldet sein, die vier größten Banken besäßen, wie Lenin schreibt, „nicht ein relatives, sondern ein <absolutes Monopol> bei der Emission von Wertpapieren“ und bildeten einen <Trust der Großbanken>“. (LW 22, S. 237) Zum einen meint Lysis nur die Emission ausländischer Wertpapiere; zum anderen waren daran nicht nur die vier größten Banken beteiligt, womit die vier großen Depositenbanken gemeint sind, sondern auch eine Reihe französischer Emissionsbanken. Vgl. dazu Lysis selbst, a.a.O. S. 8; Born a.a.O. 239 ff.

65 Siehe Claude Fohlen, Die industrielle Revolution in Frankreich 1700 -1904, in: Europäische Wirtschaftsgeschichte, hrsg. von K. Borchard, Band 4: Die Entwicklung der industriellen Gesellschaften, Stuttgart/New York 1977, S. 87 ff.

66 MEW 23, S. 750

67 MEW 19, S. 132

68 Gilbert Ziebura, Interne Faktoren des französischen Hochimperialismus 1871 – 1914, in: W.J. Mommsen (Hrsg.), Der moderne Imperialismus, Stuttgart 1971, S. 85

69 Henri Sée, Französische Wirtschaftsgeschichte, Jena 1936, 2. Band, S. 454

70 Sée, a.a.O., S. 459

71 Sée, a.a.O., S. 440

72 Sée, a.a.O., S. 440 f.

73 MEW 25, S. 622

74 Ziebura, a.a.O., S. 88. Der Finanzattaché der russischen Botschaft in Paris, A. Raffalovitch, schrieb 1897 an seinen Minister S. Witte: „Die französische Industrie hat sich in unvorstellbarer Weise in ihrer Routine festgefahren. Paul Leroy-Beaulieu (Direktor des L`Economiste français) sagt mir, dass alle großen Hüttenwerke beträchtliche Summen in Renten und Obligationen bei den Eisenbahnen festgelegt haben. Das ist ihr Reservefonds, aus dem sie Dividenden wie die Rentiers beziehen. In anderen Ländern ist es üblich, die Kapitale zur Verbesserung und Erneuerung des Maschinenbestandes zu verwenden und billiger zu produzieren.“ Zitiert nach René Girault, Ein neues Bild des französischen Unternehmers um 1914, in: Wirtschaft und Gesellschaft in Frankreich seit 1789, hrsg. von G. Ziebura u. Mitwirkung von H. G. Haupt, 1975

75 Ziebura, a.a.O., S. 88 f.

76 MEW 25, S. 619

77 Sée, a.a.O., S. 345

78 Sée, a.a.O., S. 350 f.

79 Born, a.a.O., S. 243

80 Born, a.a.O., S. 321

81 zitiert nach LW 22, S. 237

82 LW 22, S. 237

83 LW 22, S. 245

84 LW 22, S. 218

85 LW 22, S. 218

86 LW 22, S. 217

87 LW 22, S. 217 f.

88 LW 22, S. 226

89 Zitiert nach Girault, a.a.O., S. 203