a) Zum Problem des „Übergangskapitalismus“
Das Ergebnis seiner Untersuchung hat Lenin selbst in einem Satz zusammengefasst: „Aus allem, was über das ökonomische Wesen des Imperialismus gesagt wurde, geht hervor, dass er charakterisiert werden muss als Übergangskapitalismus oder, richtiger, als sterbender Kapitalismus.“1 In gewisser Hinsicht erscheint diese These leicht verständlich; sie besagt: der Kapitalismus existiert noch, er ist noch nicht gestorben; sein Ende steht zwar bevor, und die Vorzeichen seines Endes sind schon sichtbar, aber eine qualitative Änderung der Produktionsweise, durch die die Gesellschaft auf neue Grundlagen gestellt würde, steht noch aus. Ihre Möglichkeit reift heran, aber sie ist noch nicht Wirklichkeit geworden.
Mit der These des „Umschlagen(s) von Quantität in Qualität“2 ist aber noch mehr gemeint, nämlich „das Umschlagen des hochentwickelten Kapitalismus in den Imperialismus“,3 das zeitlich etwa mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts zusammenfällt und damit bereits das Stadium des Übergangs einleitet. Dieselbe neue Qualität, die dem Inhalt nach in der Negation des Kapitalismus und im Übergang zum Sozialismus besteht, ist also schon Wirklichkeit geworden, sie besteht darin, dass sich „auf der ganzen Linie die Züge einer Übergangsperiode vom Kapitalismus zu einer höheren Gesellschaftsformation herausbildeten und sichtbar wurden“4. Damit hat die wirkliche Negation des Kapitalismus und der Übergang zum Sozialismus schon begonnen; es ist eine „Art neue Gesellschaftsordnung“ entstanden, „die den Übergang von der völlig freien Konkurrenz zur vollständigen Vergesellschaftung bildet“.5
Im Allgemeinen wird eine „neue Gesellschaftsordnung“, die sich vom Kapitalismus qualitativ unterscheidet, eigene ökonomische Grundlagen haben, die im Gegensatz zu grundlegenden Eigenschaften des Kapitals stehen. Einen solchen qualitativen Unterschied hat Lenin in seiner Schrift angegeben: „Die freie Konkurrenz ist die Grundeigenschaft des Kapitalismus und der Warenproduktion überhaupt; das Monopol ist der direkte Gegensatz zur freien Konkurrenz (…)“6 – an einer späteren Stelle sagt Lenin: „Wie wir gesehen haben, ist die tiefste ökonomische Grundlage des Imperialismus das Monopol.“7 Das Monopol im Unterschied zum Kapital oder als direkter Gegensatz zur Grundeigenschaft des Kapitalismus – dieses Monopol wird als „tiefste ökonomische Grundlage“ der neuen Gesellschaftsordnung betrachtet, d.h. es gibt keine tiefere Grundlage, auf der es steht, der es untergeordnet ist und von der es abhängt. Zwar ist es aus der freien Konkurrenz hervorgegangen, aber einmal entstanden, ist es an keine Bedingungen gebunden, es „bricht sich überall und mit jeglichen Mitteln Bahn“8 – dagegen war die freie Konkurrenz an die Nichtexistenz von Monopolen gebunden und geht mit der Ausbreitung der Monopole zugrunde: denn diese Grundeigenschaft des Kapitalismus ist „unmöglich geworden (…), nachdem sie die Monopole erzeugt hat“.9
Aus dieser Sicht sind offenbar die ökonomischen Grundlagen selbst betroffen; im Fundament der Produktionsweise hat sich ein qualitativer Umschlag vollzogen. Wenn auch die alte Grundeigenschaft des Kapitalismus noch fortexistiert, zu der das Monopol in einem „beständigen und unlösbaren Widerspruch“10 steht; so erscheint sie doch nur noch als das „allgemeine Milieu“11, während die Monopole „im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen“.12 „Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewannen sie in den fortgeschrittenen Ländern das völlige Übergewicht (…)“13
Diese Charakterisierung des imperialistischen Stadiums bereitete Lenin, wie sich deutlicher in den Programmdebatten 1917 und 1919 zeigte, gewisse Schwierigkeiten. In beiden Fällen bekämpfte er den Versuch, den Imperialismus ausgehend von dessen eigener Grundlage, dem Monopol, zu charakterisieren und ihn so als ein einheitliches Ganzes darzustellen, d.h. das Monopol durchgängig als die tiefste Grundlage der neuen Epoche zu behandeln. Solchen Absichten hielt er entgegen: die „(…) wichtigsten und wesentlichsten Besonderheiten des Kapitalismus als einer ökonomischen Gesellschaftsordnung (…) haben sich durch den Imperialismus, die Epoche des Finanzkapitals, nicht grundsätzlich verändert (…) Der Imperialismus gestaltet in Wirklichkeit den Kapitalismus nicht von Grund aus um, und er kann es auch nicht.“14
Wenn es aber keine grundsätzliche Änderung des Kapitalismus gibt, dann können die Monopole nur auf derselben Grundlage agieren, die den alten Kapitalismus charakterisiert hatte, nicht aber selbst „die tiefste ökonomische Grundlage“ der neuen Epoche darstellen. Wenn sie nicht fähig sind, den Kapitalismus „von Grund aus“ umzugestalten, dann ist ihre Wirkung durch ihr Gegenteil, die freie Konkurrenz, begrenzt. Weit davon entfernt, sich „überall und mit jeglichen Mitteln“15 durchzusetzen, werden sie die freie Konkurrenz nicht ablösen können, sondern unterliegen selbst ihren Wirkungen.
Diesen Schluss hat Lenin wiederum nicht gezogen, sondern sich damit begnügt, das Nebeneinander von Monopol und Konkurrenz zu betonen, die er beide als „Prinzipien“16 bezeichnete, ohne eindeutig die Frage zu klären, welches von beiden dem anderen untergeordnet ist. Erst 1919 sprach er davon, dass „Imperialismus und Finanzkapitalismus ein Überbau über dem alten Kapitalismus“17 sind, seine zerstörbare Spitze. „Zerstört man seine Spitze, so tritt der alte Kapitalismus zutage.“18 Hier erscheint der alte Kapitalismus als das bleibende, den Wandel überdauernde „Fundament“19.
Auch in der Imperialismusschrift selbst wird man eine Fülle von Schwankungen und Unsicherheiten feststellen können, die auch bei den schon vorgestellten Zitaten greifbar sind. So spricht Lenin nur von einer „Art“ einer neuen Gesellschaftsordnung, ohne dass klar würde, wie dieser Vorbehalt zu verstehen ist. Auch an dem häufig gebrauchten Begriff der Übergangsperiode oder des Übergangskapitalismus scheint ihm etwas Falsches anzuhaften, da er sagt, „richtiger“ sei die Bezeichnung „sterbender Kapitalismus“.20 Der oben zitierten These von der Unmöglichkeit der freien Konkurrenz scheint wiederum die Feststellung zu widersprechen: „Zugleich aber beseitigen die Monopole nicht die freie Konkurrenz, aus der sie erwachsen, sondern bestehen über und neben ihr und erzeugen dadurch eine Reihe besonders krasser und schroffer Widersprüche, Reibungen und Konflikte.“21
Einschränkungen ähnlicher Art hindern aber nicht, dass Lenin Inhalte von großer Tragweite formuliert, auch wenn er selbst die Konsequenzen nicht in vollem Umfang gezogen hat. Dazu gehört z. B. die folgende Aussage: „Der Kapitalismus ist so weit entwickelt, dass die Warenproduktion, obwohl sie nach wie vor ‘herrscht’ und als Grundlage der gesamten Wirtschaft gilt, in Wirklichkeit bereits untergraben ist und die Hauptprofite den ‘Genies’ der Finanzmachenschaften zufallen. Diesen Machenschaften und Schwindeleien liegt die Vergesellschaftung der Produktion zugrunde, aber der gewaltige Fortschritt der Menschheit, die sich bis zu dieser Vergesellschaftung emporgearbeitet hat, kommt den Spekulanten zugute.“22 Diese Charakterisierung des monopolistischen Stadiums ist deshalb so weitreichend, weil damit ausgesprochen wird, dass die Warenproduktion ihre die kapitalistische Produktionsweise bestimmende und prägende Kraft verloren hat. Nur in der subjektiven Meinung „gilt“ sie weiterhin als Grundlage, von ihrer beherrschenden Rolle lässt sich nur noch in Anführungszeichen reden. Gewiss war Lenin der Ansicht, dass die Arbeitsprodukte immer noch die Form von Waren annehmen – sie werden gekauft und verkauft -, aber diese Form schien ihm nicht mehr charakteristisch für die in Wirklichkeit herrschenden Verhältnisse. Sie ist aber charakteristisch für den Kapitalismus.
„Es sind“, schreibt Marx, „zwei Charakterzüge, welche die kapitalistische Produktionsweise von vornherein auszeichnen. Erstens. Sie produziert ihre Produkte als Waren. Waren zu produzieren, unterscheidet sie nicht von anderen Produktionsweisen; wohl aber dies, dass Ware zu sein, der beherrschende und bestimmende Charakter ihres Produkts ist. Es schließt dies zunächst ein, dass der Arbeiter selbst nur als Warenverkäufer und daher als freier Lohnarbeiter, die Arbeit also überhaupt als Lohnarbeit auftritt. Es ist nach der bisher gegebenen Entwicklung überflüssig, von neuem nachzuweisen, wie das Verhältnis von Kapital und Lohnarbeit den ganzen Charakter der Produktionsweise bestimmt.“23 Den zweiten Charakterzug – „die Produktion des Mehrwerts als‘ direkter Zweck und bestimmendes Motiv der Produktion“24 – können wir an dieser Stelle übergehen.
Schon aus dem ersten geht hervor, dass die Ware als Produkt des Kapitals produziert wird. Daraus bereits ergibt sich „die ganze Wertbestimmung und die Regelung der Gesamtproduktion durch den Wert“.25 Wenn Lenin also sagt, in Wirklichkeit sei die Warenproduktion bereits untergraben, so muss man daraus den Schluss ziehen, dass es nicht mehr der Wert ist, der die Produktion bestimmt und regelt.26 An die Stelle des Wertgesetzes tritt das „Herrschaftsverhältnis und die damit verbundene Gewalt“: darin sah Lenin „das Wesen der Sache“ und „das Typische“ für – in Anspielung auf den Untertitel des Werks von Hilferding – „die ‘jüngste Entwicklung des Kapitalismus“.27
Der Hinweis auf Hilferdings Buch „Das Finanzkapital“ deutet an, von welchem theoretischen Boden aus Lenin die wirtschaftliche Entwicklung seiner Zeit zu begreifen versuchte: dass die Monopole Herrschaftsorganisationen sind, die mit der Aufhebung der Konkurrenz das Wertgesetz aufheben, steht im Zentrum der Theorie des „Finanzkapitals“, das Lenin als „eine höchst wertvolle ‘Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus)“28 schätzte. In Anbetracht dieses Rückgriffs auf die Theorie Hilferdings bedarf die Behauptung, dass die freie Konkurrenz durch die Monopole abgelöst wird, nicht nur der empirischen Oberprüfung, sondern erfordert die Klärung der ihr zugrunde liegenden theoretischen Auffassungen. Die grundsätzliche Frage, die dabei aufgeworfen werden muss, ist nicht, ob es zu Beginn des 20. Jahrhunderts Einzelkapitale mit monopolistischer Stellung gab; selbst wenn man die Existenz von Monopolen voraussetzt, geht es um die Konsequenzen für die Produktionsweise als Ganzes: Hat sich in den gesetzmäßigen Grundlagen der kapitalistischen Produktionsweise eine solche Änderung vollzogen, dass nicht mehr die von Marx entwickelten Gesetze, sondern Monopole bestimmend sind? Ist eine neue Gesellschaftsordnung entstanden, die nicht durch Verwirklichung, sondern zunehmende „Untergrabung“ der Warenproduktion gekennzeichnet ist?
Lenin war darum bemüht, seine Auffassung anhand vieler Zitate bürgerlicher Ökonomen zu belegen. „Um dem Leser eine möglichst gut fundierte Vorstellung vom Imperialismus zu geben, waren wir absichtlich bestrebt, möglichst viele Äußerungen bürgerlicher Ökonomen zu zitieren, die sich gezwungen sehen, besonders unbestreitbar feststehende Tatsachen aus der neuesten Ökonomik des Kapitalismus anzuerkennen.“29 Unter diesen Autoren nimmt eine besondere Rolle Fritz Kestner ein, da Lenin einige der schon genannten besonders weitreichenden Bestimmungen des monopolistischen Stadiums anhand von Äußerungen aus dessen Buch über den „Organisationszwang“ belegt.
Lenin zitiert: „Auch innerhalb der rein wirtschaftlichen Tätigkeit tritt eine Verschiebung vom Kaufmännischen im früheren Sinne zum Organisatorisch-Spekulativen ein. Nicht der Kaufmann kommt am besten voran, der auf Grund seiner technischen und Handelserfahrungen die Bedürfnisse der Kunden am genauesten versteht, der eine latente Nachfrage zu finden und wirksam zu erwecken vermag, sondern das spekulative Genie (?!), das die organisatorische Entwicklung, die Möglichkeit der Beziehungen zwischen einzelnen Unternehmungen und zu den Banken voraus zu berechnen oder auch vorauszufühlen vermag.“30 In diesem Urteil Kestners sieht Lenin den Gedanken ausgedrückt, der Kapitalismus sei schon so weit entwickelt, „dass die Warenproduktion (…) in Wirklichkeit bereits untergraben ist“31; dass „das Herrschaftsverhältnis und die damit verbundene Gewalt“ das Wesen der neuen ökonomischen Verhältnisse sei, wird im Anschluss daran mit folgendem Zitat belegt: „Eine dauernde Erhöhung der Preise als Kartellwirkung ist bisher nur bei den wichtigen Produktionsmitteln, insbesondere bei Kohle, Eisen, Kali, dagegen auf die Dauer niemals bei Fertigwaren zu verzeichnen gewesen. Die damit zusammenhängende Erhöhung der Rentabilität ist gleichfalls auf die Produktionsmittelindustrie beschränkt geblieben. Diese Beobachtung muss man dahin erweitern, dass die Rohstoffindustrie nicht nur hinsichtlich Einkommensbildung und Rentabilität durch die bisherige Kartellbildung zuungunsten der weiterverarbeitenden Industrie Vorteile erzielt, sondern dass sie über diese ein bei freier Konkurrenz nicht gekanntes Herrschaftsverhältnis gewonnen hat.“32
Da aus Kestners Werk nur diese beiden Stellen zitiert werden, die Lenin dennoch zu sehr allgemeinen und grundsätzlichen Bemerkungen veranlassen, erscheint eine ausführlichere Darstellung dieser Studie lohnend. Sie wird zur Beantwortung der Frage beitragen, ob Lenin die empirischen Tatsachen über die deutsche Kartellentwicklung33 richtig eingeschätzt hat. Im nächsten Abschnitt werden deshalb – unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Kartell und Konkurrenz – Kestners Darlegungen in ihrem eigenen Zusammenhang vorgestellt.
b) Kartell und Konkurrenz (Kestner)
Die Ursachen des „Organisationszwangs“
Als das Charakteristische für alle Kartelle betrachtet Kestner die Absatzbeschränkung zwecks Erhöhung der Preise, wobei entweder nur vertraglich geregelte Preisabsprachen bestehen oder auch die Produktion selbst ausdrücklich begrenzt wird.34 Nun sind aber die einzelnen Kartellmitglieder selbständige Kapitale, die sich bezüglich ihrer Größe, ihrer Produktivität, ihrer Zusammensetzung aus fixen und zirkulierenden Bestandteilen,35 ihrer Fähigkeit zur Akkumulation im Allgemeinen beträchtlich unterscheiden. Die Absatzbeschränkung steht daher nicht nur im Widerspruch zu dem unbeschränkten Verwertungsdrang der einzelnen Kapitale, darüber hinaus wirkt sie – wie jede andere für alle verbindliche Absprache – verschieden auf die einzelnen Mitglieder, deren Verwertungsinteressen sich während der Laufzeit des Kartellvertrages mit Notwendigkeit auseinanderentwickeln.
„Der Gegensatz zwischen den Interessen der einzelnen Werke dauert, wie bereits angedeutet wurde, auch nach dem Zusammenschluss des Kartells fort. Während der Absatz beschränkt wird, bleibt die Leistungs- und Entwicklungsfähigkeit unbeschränkt. Daraus müssen sich mit Notwendigkeit neue Konflikte ergeben. Auch nach dem Beitritt zum Kartell sieht sich der einzelne Unternehmer immer erneut vor die Frage gestellt, ob er beim Verbleiben oder beim Ausscheiden aus der Organisation einen höheren Gewinn erzielen würde. Erwartet er diesen mehr von einer Steigerung seines Absatzes als von dem Festhalten am Preise, so liegt es in seinem Interesse, der Kartellbeschränkungen ledig zu werden. Es ist aber nun eine charakteristische Erscheinung, dass dieser Gegensatz der Interessen gerade durch die Kartellgründung an Schärfe gewinnen kann infolge der verschiedenen Wirkung, welche die durch die Kartellierung hervorgerufene Erhöhung der Rentabilität auf die einzelnen Werke des Syndikats ausübt.“36
Es kann also geradezu der Erfolg des Kartells – die Erhöhung der Profitrate – Gefahren für dessen Bestand heraufbeschwören. Wenig ausdehnungsfähige Werke können sich u. U. damit begnügen, die erhöhten Gewinne, die das Kartell ermöglicht, einzunehmen. „Als charakteristisch hierfür ist das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat anzusehen, unter dessen mächtigem Schutze eine Reihe kleinerer Zechen ohne Fortentwicklung und ohne Anstrengung in kaufmännischer oder technischer Hinsicht im Besitz einer guten Rente sich befinden.“37 Dagegen können entwicklungsfähige Werke genau umgekehrt zur Beschleunigung der Ausdehnung angeregt werden. „Als Beispiel hierfür dürfte der Stahlwerksverband gelten, bekanntlich ein fast ausschließlich aus großen gemischten Werken bestehendes Syndikat, wo die hohen Kartellgewinne aus den monopolisierten sogenannten A-Produkten – Halbzeug, Träger und Eisenbahnmaterial – zu der enormen Ausdehnung der Unternehmungen wesentlich beigetragen haben. Natürlich kann nun auch die Steigerung der Rentabilität innerhalb desselben Kartells ganz verschieden wirken, dort zu einer Saturierung, hier zur starken Anspannung führen, gleichzeitig die Vergrößerungstendenz der großen und auf der anderen Seite die Widerstandsfähigkeit der kleinen Werke verstärken.“38 Andere Formen, in denen sich der Ausdehnungsdrang der Kapitale betätigt (Umgehungen der Kartellpflicht, Fusionen innerhalb des Kartells, Kombinationen mit Werken des vorangehenden oder nachfolgenden Produktionsabschnitts) sollen hier nicht näher dargestellt werden.39 Es geht aus dem Bisherigen hervor, dass das Kartell die ungleichmäßige Entwicklung der Einzelkapitale nicht nur nicht beseitigt, sondern im Gegenteil befördert und so den Konkurrenzkampf innerhalb des Kartells – z. B. in der Form des Tauziehens um Beteiligungsziffern und neue Preisgestaltung – verschärft.
Neben diese kartellinterne Konkurrenz tritt die Entstehung neuer Außenseiter als notwendige Folge der Kartellierung. Kestner hält es für charakteristisch, dass „gerade durch die Kartellierung das Entstehen neuen Wettbewerbs befördert und begünstigt wird. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Vorgänge (…)
1. Es ist wiederholt beobachtet worden und kann als eine allgemeine Erscheinung gelten, dass die durch die Kartellierung bewirkte Rentabilität neue Unternehmer und neues Kapital in die Industrie hineinzieht; diese neuen Unternehmungen erscheinen zunächst als Außenseiter. Am deutlichsten hat sich das wohl bei dem Kalisyndikat gezeigt, dessen hohe Preise dauernde Neugründungen hervorriefen. 1879 gab es 4, 1886: 10, 1898: 13, 1901: 23, 1905: 44, 1909: 52 Unternehmungen …40
2. Die mit der Kartellierung verbundenen höheren Preise führen aber nun außerdem dazu, dass die Abnehmer oder Verbraucher der kartellierten Waren, um sich von dem Syndikat unabhängig zu machen, zur eigenen Erzeugung des Materials übergehen oder sich in den Besitz von Unternehmungen des vorangehenden Produktionsabschnitts setzen, und auf diese Weise in die Gliederkette des Kartells eingreifen. Auch hier handelt es sich um einen vielfach beobachteten Vorgang, dem eine allgemeine Bedeutung zukommt.“41
Erst diese Tendenzen, die Kestner an einem reichlichen Beispielmaterial illustriert, sind die Ursache für den sogenannten Organisationszwang, d.h. das Bestreben der Kartelle, neue Außenkonkurrenz zu verhindern, schon existierende Außenseiter auszuschalten oder zum Anschluss an das Kartell zu bewegen und nicht zuletzt die eigenen Mitglieder an der Kündigung des Kartellvertrages zu hindern. Das erste, was Kestner also darstellt, sind nicht die Methoden, zu denen das Kartell greift, – diese werden von Lenin ausschließlich angeführt – Kestner fragt sich zunächst, warum das Kartell überhaupt zu gewissen Zwangsmitteln greifen muss. Die Ursache sieht er in der Konkurrenz, die die Kartellpolitik durchkreuzt, und er versucht, genauer festzustellen, „von welchen Voraussetzungen die Entstehung der Gegensätze abhängig ist.“42 Die allgemeine Grundlage für die Entstehung der Gegensätze besteht nach Kestners Schilderung darin, dass sich die Kapitale innerhalb und außerhalb des Kartells nach ihrer „Rentabilität“, d.h. nach ihren Verwertungsmöglichkeiten richten. Sie verhalten sich wirklich als Kapitale, sie folgen dem ihnen innewohnenden Verwertungstrieb, der mit Notwendigkeit die Konkurrenz hervortreibt, die zu einer Gefahr für das Kartell wird. Der Kartellvertrag selbst – weit davon entfernt, die Konkurrenz zu beseitigen, aufzuheben oder zu ersetzen – mag sie zeitweise latent halten, auf die Dauer aktiviert und befördert er sie. Erst auf diesem Boden kapitalistischer Verhältnisse wird das verständlich, was Kestner den „Organisationszwang“ nennt, die Abwehrmaßnahmen des Kartells gegen die spontan sich entwickelnde Konkurrenz. Der Charakter dieses Organisationszwangs ist von vornherein defensiv.
Die Wirksamkeit des „Organisationszwangs“
Die Methoden, mit denen das Kartell um seine Erhaltung bzw. um seinen Erfolg als Kartell kämpft, müssen sich, wie wir gesehen haben, sowohl gegen bestehende Außenseiter und die Entstehung neuer Außenkonkurrenz als auch gegen die „zentrifugalen Bestrebungen“43 der Kartellmitglieder richten.
Betrachten wir zunächst den „internen Kartellzwang“. „Die Möglichkeit, die Mitglieder zu Einhaltung der Kartellverpflichtungen zu zwingen und sie an der Lösung des Verhältnisses zu hindern, ist wesentlich durch die Gestaltung des Kartellrechts bedingt, das bekanntlich in den einzelnen Staaten äußerst verschieden ist.“44 Auf die rechtliche Seite des deutschen Kartellwesens kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden; Kestner widmet ihr einen umfangreichen Abschnitt seines Buches. Es genügt, auf eine Besonderheit des deutschen Kartellrechts zu verweisen: „Die Kartellverpflichtungen sind in Deutschland grundsätzlich ebenso klagbar wie jede andere Vertragspflicht; das deutsche Recht unterwirft sie keinen Beschränkungen; es darf direkt auf Erfüllung der Kartellpflicht oder auf Unterlassung der Zuwiderhandlung geklagt werden.“45 Im Streitfall haben die Gerichte also auf der Grundlage des Wortlauts der Kartellsatzungen geklärt, ob der Tatbestand einer Vertragsverletzung vorliegt, und entsprechend entschieden.
Daneben entwickelte sich eine „kartellinterne Strafgerichtsbarkeit“46, mit der das Kartell unter Ausschluss des Rechtswegs gegen eigene Mitglieder vorging. „Das deutsche Recht, das auch hier den Kartellen sehr günstig ist, lässt Schiedssprüche nicht nur unbedingt zu, sondern leiht ihnen auch in aller Regel die Schärfe seines Vollstreckungszwangs ohne vorherige inhaltliche Nachprüfung (…) Zu einer wirklichen Vollstreckung kommt es allerdings verhältnismäßig selten, da die Kartelle sich durch Hinterlegung von Wechseln oder Kautionen gegen Vertragsbrüche sichern und so bereits den Vertragswert in Händen haben, auf den sich sonst die Vollstreckung richten müsste.“47 Maßnahmen zur Kontrolle der Einhaltung der Kartellpflichten sind vielfältig; hierzu kann unter anderem die Verpflichtung zur Anzeige von Vertragsbrüchen, Geheimhaltung des Denunzianten, Prämien für die Denunziation usw. gehören.48 Man kann sich hier die Frage stellen, ob diese Rechtspraxis und -anschauungen aus einem hochentwickelten Kapitalismus hervorgegangen sind oder ob sie mit einer gewissen Unentwickeltheit des bürgerlichen Rechts im zweiten deutschen Kaiserreich zu tun haben.
Da auf die beschriebene Weise in der Regel keine Garantie gegen Umgehungen der Kartellpflicht erzielt werden konnte, griffen die Kartelle in wachsendem Maß zur Schaffung einer gemeinsamen Verkaufsstelle: das Kartell gab sich die Form des „Syndikats“. „Das Vorhandensein einer gemeinsamen Verkaufsstelle macht sonstige Kontrollmaßregeln noch nicht überflüssig, beschränkt sie aber auf die Feststellung, ob außerhalb des Syndikats verkauft worden ist.“49 Nach dieser Auffassung war das Syndikat eine Form der Kontrolle selbständiger Privatproduzenten, deren eigenständigem Verwertungsdrang äußere Fesseln angelegt wurden. Die Zentralisierung des Verkaufs war kein Ausdruck zunehmender Vergesellschaftung der Produktion, sondern Instrument zur Disziplinierung der Kartellmitglieder, notwendig deshalb, weil die Produktion innerhalb des Kartells gerade nicht gesellschaftlich geregelt war. „Auf den Wunsch nach Kontrolle, nicht auf den Wunsch nach schärferer Spezialisierung und Konzentrierung geht, wie in systematischer Hinsicht bemerkt sein mag, im Allgemeinen die Schaffung der sogenannten Kartelle höherer Ordnung zurück, wenngleich der einen oder anderen Organisation von Anfang an auch die technischen Vorteile eines solchen Verfahrens klar gewesen sein mögen.“50 Schließlich kann durch Vorteile, die sich aus dem Ausbau gemeinsam benutzter Einrichtungen (gemeinsame Einkaufsorganisation, gemeinsame Lagerhaltung usw.) ergeben, während die ursprünglich selbständige Verkaufsorganisation des einzelnen Mitglieds zerstört wird, der Austritt aus dem Kartell erschwert werden.
Was den äußeren Kartellzwang betrifft, so hat Lenin die Palette der möglichen Mittel aufgezählt.51 Dabei handelt es sich aber nur um die Waffen gegen schon existierende Außenseiter. Um aber die Entstehung neuer Außenkonkurrenz zu verhindern, müsste das Kartell eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen ergreifen. Zum Teil betreffen sie schon die eigenen Mitglieder. Insbesondere müsste verhindert werden, dass ein Mitglied außenstehende Werke kauft oder sich an ihnen beteiligt und so dem Kartell, dem es selbst angehört, Konkurrenz macht. Umgekehrt müsste ausgeschlossen werden, dass der Betrieb eines Mitglieds – z. B. im Falle eines Konkurses – an Außenseiter oder sonstige Neuerwerber verkauft wird. Gegenüber außenstehenden Produzenten anderer Produktionszweige müsste sichergestellt werden, dass diese nicht selbst zur Produktion der Kartellprodukte übergehen. „Um zu verhindern, dass der Kunde selbst die Produktion aufnimmt, empfiehlt Silberberg (…), dem Abnehmer vertragsmäßig zu verbieten, die betreffenden Waren selbst zu produzieren. Bei diesen Vorbeugungsmaßregeln dürfen sich die Kartelle nicht auf die Werke beschränken, die das Produkt gegenwärtig herstellen, sondern müssen auch die in Betracht ziehen, die vermöge ihrer Maschinenanlagen zur Erzeugung des kartellierten Produkts übergehen könnten. Ein Druckpapier-Syndikat kann ein tatsächliches Monopol nicht erreichen, solange es nicht die Fabrikanten aller Papiersorten sich gesichert hat. Die früheren Verbände für Stabeisen scheiterten hauptsächlich daran, dass, sobald der Preis zu hoch stieg, die Drahtwalzwerke daran gingen, auf ihren Straßen Stabeisen statt Draht auszuwalzen.“52
Spätestens hier, wo der Entstehung neuer Außenseiter vorzubeugen ist und die Aufgabe, die das Kartell sich damit stellt, ins Uferlose wächst, werden die Grenzen deutlich, die die kapitalistische Privatproduktion dem Erfolg des „Organisationszwangs“ setzt. Kestner kommt denn auch zu dem Schluss: „Wenn man so die Kartelle allgemein in Tätigkeit sieht, die Entstehung neuer Konkurrenz zu verhindern, so sind doch der Durchführbarkeit derartig dauernder Monopolisierungen verhältnismäßig enge Schranken gezogen. In der weit überwiegenden Mehrzahl der Industriezweige und des Handels ist zwar eine vorübergehende, aber – ohne Staatshilfe – keine dauernde Monopolisierung möglich.“53 Damit bestreitet Kestner nicht den Umfang, den die Kartellbildung in Deutschland angenommen hat. Von ihm wird aber „der grundsätzliche Unterschied betont, der sich zwischen der Möglichkeit, ein Gewerbe zu kartellieren und zu monopolisieren zeigt. Die Zahl der Gewerbe, in denen sich Verbände schließen lassen, ist nach den heutigen Erfahrungen fast unbegrenzt. Monopolisieren lassen sich dagegen nur ganz wenige Gewerbe, denn dazu ist, abgesehen vom Eingreifen des Staates, in aller Regel notwendig, dass es gelingt, eines der Produktionsmittel vor jeder neuen Konkurrenz abzusperren.“54 Es mag das subjektive Ziel „der Kartelle sein, ein Monopol zu errichten; aber seiner Verwirklichung sind objektive Grenzen gesetzt. Darin ist der grundsätzliche Unterschied zu sehen, auf den Kestner hinweist.
Im letzten Satz hat Kestner die von Lenin aufgezählten Mittel im Kampf gegen Außenseiter angesprochen. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich in der Hauptsache um Sperrung irgendwelcher Reproduktionsbedingungen (Material, Arbeitskräfte, Kredit, Absatz). Auch hier stellt sich Kestner die Frage, ob diese Mittel mit Erfolg einsetzbar sind. Er argumentiert, dass die erfolgreiche Sperrung einer dieser Reproduktionsbedingungen bereits ihre Monopolisierung voraussetzt, die in der Regel nicht möglich ist. „Da, wie gezeigt, Arbeit und Zufuhr sich nicht, Absatz und Kredit kaum sperren lassen, so bleibt im Wesentlichen nur die Monopolisierung von Grund und Boden übrig. Damit aber beschränkt sich dies hauptsächlich auf die an das Vorkommen von Erdschätzen gebundenen Industrien, also vor allem Kohlen- und Eisenindustrie. Daneben kann durch enorme Kapitalinvestierung mit Hilfe der beteiligten Banken die Entstehung neuer Konkurrenz wenigstens erheblich abgeschwächt werden. Auch hierbei handelt es sich aber im Wesentlichen um die schwere, Produktionsmittel herstellende Industrie.“55
Hier ist zu erwähnen, dass das Kalikartell, das ebenfalls die Monopolisierung des Bodens anstrebte, keinen erfolgreichen Kampf gegen neue Konkurrenz führen konnte. Die hohen Preise lockten, wie oben bereits bemerkt wurde, durch Jahrzehnte neue Konkurrenten an; die Kalivorkommen erwiesen sich als größer als erwartet. Meist mussten die neuen Außenseiter mit hohen Beteiligungsziffern in das Kartell aufgenommen werden. Die Außenkonkurrenz wurde dadurch „beseitigt“, dass sie sich innerhalb des Kartells ausdehnte. Hier waren es charakteristischerweise die besonders entwicklungsfähigen Werke, die zur Sprengung des Kartells beitrugen.
Ferner kommt dem Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat insofern eine Schlüsselrolle zu, als erst mit seiner Hilfe Syndikate des nachfolgenden Produktionsabschnitts die Möglichkeit erhalten, ihren Konkurrenten, wenn nötig, die Zufuhr der Kohle zu sperren. „Nur mittels des Kohlensyndikats war es andererseits möglich, die Stahl- und Halbzeugproduktion zu dem Stahlwerkverband zusammenzuschließen – allerdings nur, indem die Freilassung insbesondere von Handelseisen, Feinblech der Ausdehnungsfähigkeit der Stahlwerke Platz ließ. Auf der Unterstützung des Kohlensyndikats beruhte und beruht das Roheisenkartell. Keines der Syndikate kann, wie es scheint, ohne das andere bestehen, vielleicht das Kohlensyndikat ohne den Stahlwerkverband, aber gewiss nicht das Roheisenkartell und der Stahlwerkverband ohne das Kohlensyndikat. Die Gefahren, die diesen Verbänden drohen, erwachsen ihnen nicht aus der Entstehung einer neuen Konkurrenz, sondern aus dem Ausdehnungsdrang ihrer eigenen Mitglieder.“56
Vergleichen wir an dieser Stelle Kestners Ausführungen mit dem Bild, das Lenin von dem „Organisationszwang“ zeichnet. Außer den Ursachen des „Organisationszwangs“, der sich spontan entwickelnden Konkurrenz, hat Lenin auch den „internen Kartellzwang“ nicht erwähnt, die Abwehrmaßnahmen gegen die zentrifugalen Tendenzen der selbständigen Kartellmitglieder. Diese inneren Widersprüche bilden aber erst die Basis für die Instabilität der Kartelle. Auch auf die Grenzen, denen die Wirksamkeit der Kartellmaßnahmen gegen Außenseiter unterliegen – ganz abgesehen von den beschränkten Möglichkeiten der Vorbeugung -, ist Lenin nicht eingegangen. Kestner konnte die Kartelle nicht, wie Lenin es zu tun pflegt, als „Monopolverbände“ bezeichnen, da ihm die Realisierbarkeit monopolistischer Absichten als viel zu begrenzt erschien. Nach beiden Seiten – hinsichtlich der Ursachen und der Wirksamkeit – stellt sich der Kartellzwang für Kestner als ein abhängiges, durch kapitalistische Verhältnisse bedingtes und begrenztes Phänomen dar. Er ist eine Reaktion auf die spontane, kapitalistische Konkurrenz, und er bekämpft sie im Allgemeinen vergeblich.
Lenin dagegen nennt den Kartellzwang einen „Zwang zur Unterwerfung unter die Monopolverbände“, dessen Ursache im Monopol selbst zu suchen ist, denn die mit gewaltsamen Mitteln ausgeübte Herrschaft ist das, „was aus der Bildung allmächtiger wirtschaftlicher Monopole unvermeidlich hervorgehen musste und hervorgegangen ist“.57 Es zeigt sich hierin die Auffassung, dass das Monopol auf keiner tieferen Grundlage steht, der es untergeordnet ist und die seine Wirkungen begrenzt. Daher die „Allmacht“ und selbstherrliche „Willkür“ des Monopols, dessen Zwangsmaßnahmen jeden Widerstand zu brechen imstande sind: „Durch die Monopolinhaber werden alle diejenigen abgewürgt, die sich dem Monopol, seinem Druck, seiner Willkür nicht unterwerfen.“58
„Untergrabung der Warenproduktion“ und „Herrschaftsverhältnis“
Kestner war sich im Klaren darüber, dass gerade die Darstellung des „Organisationszwangs“ die kapitalistische Konkurrenz ins Licht rückt und damit „der populären Auffassung der Kartelle“59 widersprochen wird, die dazu neigt, die Einheit der Kartelle zu betonen und die inneren Widersprüche zu übersehen. „Es ist vielleicht nicht unzutreffend zu behaupten, dass in der heutigen Kartellliteratur die Darstellung der Momente, in denen die Unternehmer zusammenwirken, einen besonders breiten Raum einnimmt – wohl zum Teil hervorgerufen durch die Betonung des Gegensatzes zu dem System des freien Wettbewerbes. Demgegenüber ermöglicht die Untersuchung des Kartellzwanges, auch die trennenden Momente, die Gegensätze in das rechte Licht zu rücken, und man gelangt so vielleicht dazu, in das viel gemalte Bild der Kartellbewegung einige neue Züge einzuzeichnen.“60
Den Unterschied zwischen dem „Kartellsystem“ und dem „System des freien Wettbewerbes“ sah Kestner in zwei Punkten. Erstens: „die Änderung der Methoden (…), die das Kartellsystem für die Austragung der Interessengegensätze zwischen den bisher konkurrierenden Unternehmern ausgebildet hat“; zweitens: „die Änderungen, die es in ihrem Verhältnis zu den Abnehmern bewirkt“.61
Der erste Unterschied ist „gewissermaßen ein quantitativer, kein qualitativer“62; Kestner versucht ihn als „das Vordringen der juristisch-spekulativen Tätigkeit neben der Ausgestaltung der Produktionstechnik und Absatzorganisation“63 zu charakterisieren. Er meint damit, dass infolge des Kartellwesens rechtliche Fragen an Bedeutung gewinnen, dass nämlich beim Abschluss, bei der Auslegung oder der Umgehung von Kartellverträgen Fähigkeiten und Kenntnisse juristischer Natur verlangt werden und schließlich auch das Vermögen, zukünftige Gruppierungen bei der Kartellbildung vorauszusehen. Lenin, der – wie wir gesehen haben – sein Augenmerk ausschließlich auf die Änderung der Methoden richtet, übersetzte diese Kennzeichnung des Kartellwesens mit der „Untergrabung der Warenproduktion“. Kestner, der mit der Beschreibung der Ursachen und der Grenzen des „Organisationszwangs“ gerade das Wirken der kapitalistischen Konkurrenz vorführt, meinte eher das Gegenteil. Indem er den Unterschied zwischen „Kartellsystem“ und „freiem Wettbewerb“ auf eine Änderung der Methoden, zu denen die Konkurrenten greifen, eingrenzte, bestritt er dessen grundsätzlichen ökonomischen Charakter.
Den zweiten Unterschied sieht Kestner in den kollektiven Vereinbarungen, die die Kartelle treffen, und in langfristigen Geschäftsabschlüssen. Wo die Monopolstellung das zulässt, sichern sich die Kartelle in den Lieferbedingungen einseitige Vorteile auf Kosten ihrer Abnehmer (Exklusivklausel: die Abnehmer dürfen nur beim Kartell kaufen; Ausschluss der Haftung für die Qualität der Ware; Vorbehalt einseitiger Preiserhöhungen u. a. m.). Die Abhängigkeit, die in diesen einseitigen Verträgen zum Ausdruck kommt, hat Kestner als „Herrschaftsverhältnis“64 bezeichnet, dass die Rohstoffindustrie über die weiterverarbeitende Industrie gewonnen hat. Nach Kestners Auffassung entsteht dieses Herrschaftsverhältnis aber gerade dadurch, dass die weiterverarbeitenden Industriezweige, die auf Kohle und Eisen angewiesen sind, ihrerseits gegenüber der Rohstoffindustrie zu keiner entsprechenden Monopolstellung in der Lage sind. Es ist also eingegrenzt im Wesentlichen auf die an Erdschätze gebundenen Zweige und bedingt dadurch, dass weite Bereiche der Industrie von der Möglichkeit einer Monopolisierung ausgeschlossen sind.
Es kommt hier nicht darauf an, die Richtigkeit des von Kestner gezeichneten Bildes im Einzelnen zu überprüfen. Eine Einschätzung der Kartellbewegung in Deutschland muss weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Aber im Gegensatz zu der „populären Auffassung der Kartelle“ kommt Kestner das Verdienst zu, das Verhältnis der Kartelle zu den kapitalistischen Bedingungen, denen sie unterworfen sind, untersucht zu haben. Es ist bemerkenswert, dass Lenin aus dieser Untersuchung keine Folgerungen zieht, sondern nur vereinzelte Gedanken zur Illustration seiner eigenen theoretischen Auffassung heranzieht. Unter der Voraussetzung, dass die Konkurrenz nur noch als formal anerkannter Rahmen65 bestehen bleibt, innerhalb dessen sich die Monopole Bahn brechen, waren Kestners Überlegungen in ihrem eigenen inneren Zusammenhang nicht verwendbar. Denn die absolute, an keine weiteren Bedingungen geknüpfte Voraussetzung, von der Kestner ausgeht, ist der Verwertungstrieb des Kapitals und die ihm notwendig entspringende Konkurrenz. Durch sie ist der Organisationszwang bedingt, und erst auf ihrem Boden ist er zu verstehen. Es handelt sich um Abwehrmaßnahmen, um äußere Fesseln, die das Kartell der freien Bewegung der Kapitale anzulegen versucht. Wie begrenzt deren Wirkung ist, hat Kestner erläutert.
Lenin hat es unternommen, die Beschränkung der Konkurrenz durch allmächtige Monopolverbände mit Hilfe einer Studie zu illustrieren, die als Grundlage ihrer Argumentation die Beschränktheit der Kartellpolitik infolge der kapitalistischen Konkurrenz hat. Das verweist darauf, dass der entscheidende Rückhalt für seine Auffassung vom Monopolkapitalismus nicht aus dem von Kestner gebotenen empirischen Material stammen konnte, sondern im Bereich seiner allgemeinen theoretischen Voraussetzungen gesucht werden muss, die eine bestimmte Sicht des Verhältnisses von Monopol und Konkurrenz bedingten. Lenins theoretisches Verständnis der freien Konkurrenz weist auf alte Fehler hin, die Marx ausführlicher in den „Grundrissen der Kritik der politischen Ökonomie“ kritisiert und denen er dort, aber auch im „Kapital“, seine eigene Auffassung entgegengestellt hatte.
c) Marx zur „freien Konkurrenz“
Die Existenz einer allgemeinen Mehrwertrate, die Marx bei der Verwandlung des Profits in Durchschnittsprofit voraussetzt, veranlasste ihn zu folgender Bemerkung: „Dies setzt Konkurrenz unter den Arbeitern voraus und Ausgleichung durch ihre beständige Auswanderung aus einer Produktionssphäre in die andere. Solch eine allgemeine Rate des Mehrwerts – der Tendenz nach, wie alle ökonomischen Gesetze – ist von uns als theoretische Vereinfachung vorausgesetzt; in Wirklichkeit aber ist sie tatsächliche Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, obgleich mehr oder minder gehemmt durch praktische Friktionen, die mehr oder minder bedeutende lokale Differenzen hervorbringen, wie z. B. die Heimatsgesetzgebung (settlement laws) für die Ackerbautagelöhner in England. Aber in der Theorie wird vorausgesetzt, dass die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise sich rein entwickeln. In der Wirklichkeit besteht immer nur Annäherung; aber diese Annäherung ist umso größer, je mehr die kapitalistische Produktionsweise entwickelt und je mehr ihre Verunreinigung und Verquickung mit Resten früherer ökonomischer Zustände beseitigt ist.“66
Marx geht hier von zwei Seiten auf die Existenz einer allgemeinen Mehrwertrate ein. In der Theorie wird vorausgesetzt, dass sich die ökonomischen Gesetze rein entwickeln, und damit wird auch eine allgemeine Mehrwertrate vorausgesetzt. In der Wirklichkeit setzt dies Konkurrenz unter den Arbeitern voraus und ihre freie Bewegung von einer Sphäre in die andere. Das Ergebnis beider Voraussetzungen ist aber dasselbe: in der Theorie wird die allgemeine Mehrwertrate als Gesetz formuliert, in der Wirklichkeit erscheint eine in allen Zweigen gleiche Mehrwertrate als praktisches Resultat der Konkurrenz. Wenn man also voraussetzt, dass die Konkurrenz ihre volle Wirkung getan hat, so kann ihr Resultat dem Inhalt nach kein anderes sein als das, was unabhängig von der Konkurrenz als Gesetz formuliert wird. „Begrifflich ist die Konkurrenz nichts anderes als die innere Natur des Kapitals, seine wesentliche Bestimmung, erscheinend und realisiert als Wechselwirkung der vielen Kapitalien aufeinander, die innere Tendenz als äußerliche Notwendigkeit.“67
Welche Rolle spielen nun die Hindernisse, die „praktischen Friktionen“, die der freien Bewegung im Wege stehen und sie hemmen? Zunächst scheint die freie Konkurrenz – angesichts dieser Hindernisse – an äußere Voraussetzungen gebunden, die unabhängig vom Kapital vorhanden sein können oder auch nicht, von denen es aber abhängt, ob die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise mittels der Konkurrenz durchsetzbar sind oder nicht. Die freie Konkurrenz scheint abzuhängen von dem – mehr oder weniger zufälligen – Fehlen von Hindernissen. Fehlen jegliche Hindernisse, dann kann sich die Konkurrenz frei entfalten, und die Gesetze können sich verwirklichen. Treten Hindernisse auf, dann wird die Konkurrenz beschnitten, und die Gesetze verwirklichen sich nur begrenzt. Nehmen die Hindernisse zu, dann nimmt die Konkurrenz ab, und mit ihr schwindet der Realitätsgehalt der Gesetze dahin.
Von der von Marx erwähnten Heimatsgesetzgebung bis zum Stahlwerkverband gibt es natürlich eine kaum überschaubare Vielfalt von Hindernissen. Wenn man die Existenz der freien Konkurrenz nun mit dem Fehlen von Hindernissen begründet, so erscheint die theoretische Annahme von Marx, dass die Gesetze sich rein entwickeln, als recht willkürlich. Was Marx hier in der Theorie voraussetzt, soll zum Ausdruck bringen, dass die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise sich als notwendige Tendenzen wirklich durchsetzen. Ist aber die freie Konkurrenz nur die Folge des Fehlens von Schranken, dann wird die Notwendigkeit selbst, mit der sich die Gesetze durchsetzen, in Frage gestellt. Vielmehr erscheinen die Gesetze selbst als Folge der Freiheit der Konkurrenz, als abhängig davon, ob Konkurrenz ohne Einschränkung existiert oder nicht.
In Lenins Schrift „Karl Marx“ drückt sich dasselbe Verständnis der Konkurrenz darin aus, dass z. B. das Gesetz des Ausgleichs der Profitraten aus der freien Konkurrenz abgeleitet wird. Lenin schreibt: „Kapital von ‘hoher organischer Zusammensetzung’ (d.h. mit Überwiegen des konstanten Kapitals über das variable in einem den gesellschaftlichen Durchschnitt übersteigenden Ausmaß) ergibt eine Profitrate, die niedriger ist als die durchschnittliche. Kapital von ‘niedriger organischer Zusammensetzung’ ergibt eine Profitrate, die höher ist als die durchschnittliche. Die Konkurrenz zwischen den Kapitalen, ihr freies Abwandern aus einem Produktionszweig in den anderen gleichen in beiden Fällen die Profitrate zur durchschnittlichen aus. Die Summe der Werte aller Waren einer gegebenen Gesellschaft fällt mit der Summe der Warenpreise zusammen; aber in den einzelnen Unternehmungen und in den einzelnen Produktionszweigen werden die Waren unter dem Einfluss der Konkurrenz nicht zu ihren Werten verkauft, sondern zu den Produktionspreisen, die dem aufgewandten Kapital plus Durchschnittsprofit gleich sind.“68
Die einzige Erklärung, die Lenin hier für den Durchschnittsprofit gibt, ist der Einfluss der Konkurrenz, die freie Wanderung der Kapitale. Damit ist aber weder erklärt, welche Profithöhe sich als Resultat der Ausgleichsbewegungen einstellt, noch, warum dieses Ergebnis mit Notwendigkeit (als Folge der inneren Natur des Kapitals) zustande kommen muss. Die Höhe der allgemeinen Profitrate wird unabhängig von der Konkurrenz durch das Verhältnis des gesamtgesellschaftlichen Mehrwerts zum gesellschaftlichen Gesamtkapital bestimmt; als durchschnittliche Rate des Profits ist sie zugleich die notwendige Profitrate, weil in ihr der Profit wirklich als vom Kapital (nicht von den Arbeitern) produziert erscheint, indem gleiche vorgeschossenen Wertgrößen (unabhängig von ihrer organischen Zusammensetzung aus konstantem und variablem Kapital) gleich große Profite liefern. In ihr manifestiert sich die Herrschaft des Werts und damit des Kapitals über den Reproduktionsprozess und über den Arbeiter und verwirklicht sich die Selbstverwertung des Werts. Die Konkurrenz ihrerseits wird von dieser Notwendigkeit der allgemeinen Profitrate bestimmt. Indem sie ungleiche Profitraten ausgleicht, führt sie das Gesetz aus, erklärt es aber nicht. „(…) indem wir von einer notwendigen Rate des Profits sprechen, wollen wir eben die von den Bewegungen der Konkurrenz unabhängige Profitrate kennen, welche ihrerseits die Konkurrenz reguliert.“69
In Lenins Darstellung erscheint das Gesetz des Durchschnittsprofits nur als Ergebnis der freien Konkurrenz, d. h. die Notwendigkeit der allgemeinen Profitrate scheint sich aus der Möglichkeit freier, unbeschränkter Wanderung der Kapitale zu ergeben. Wenn Lenin auch in der Imperialismusschrift nicht ausdrücklich zum Gesetz der allgemeinen Profitrate Stellung nimmt, so steht doch – nach der in „Karl Marx“ gegebenen Erläuterung – einer Beschneidung dieses Gesetzes nichts entgegen, sobald die freie Konkurrenz „unmöglich geworden ist, nachdem sie die Monopole erzeugt hat“.70 Seit die Monopole zu Beginn des 20. Jahrhunderts „das völlige Übergewicht“71 gewonnen haben, schwindet „der Kapitalismus der freien Konkurrenz“72 dahin; dass nun der Wert die Produktion nicht mehr bestimmen und regeln kann, erscheint dann als eine konsequente Folgerung, – ein Gedanke, den Lenin in der Form zum Ausdruck bringt, dass die Warenproduktion „in Wirklichkeit bereits untergraben ist“.73
Marx hat dieses Verständnis der freien Konkurrenz direkt kritisiert: „Die freie Konkurrenz (…) ist noch nie entwickelt worden von den Ökonomen, soviel von ihr geschwatzt wird und so sehr sie die Grundlage der ganzen bürgerlichen, auf dem Kapital beruhenden Produktion. Sie ist nur negativ verstanden worden: d.h. als Negation von Monopolen, Korporationen, gesetzlichen Regulationen etc. Als Negation der feudalen Produktion. Sie muss aber doch auch etwas für sich sein, da bloß 0 leere Negation ist, Abstrahieren von einer Schranke, die z. B. in der Form von Monopol, natürlichen Monopolen etc. sofort wieder aufersteht.“74
Dieses nur negative, inhaltslose Verständnis, das die von Marx kritisierten bürgerlichen Ökonomen von der freien Konkurrenz haben, erklärt sich in gewissem Grade daraus, dass die Konkurrenz sich historisch im Niederreißen feudaler Beschränkungen entwickelte. Dass diese Auffassung dennoch unzureichend ist, zeigen die Monopole, eine Schranke, die auch nach der Negation feudaler Behinderungen „sofort wieder aufersteht“. Es ist nur eine inhaltslose Tautologie zu sagen, dass die Konkurrenz dann frei ist, wenn sie auf keine Schranken trifft; mit dem Gedanken, dass die ökonomischen Gesetze sich deshalb verwirklichen, weil die Konkurrenz keine Schranken hat, erhält diese Tautologie nur den Schein einer inhaltlichen Begründung. Dass im Sinne von Marx die Konkurrenz auch „etwas für sich“ ist, ihren eigenen, positiv bestimmten Inhalt hat, wurde bereits festgestellt: sie ist „nichts anderes als die innere Natur des Kapitals, seine wesentliche Bestimmung“. Darüber hinaus ist sie die Form, in der sich dieser Inhalt als notwendige Tendenz verwirklicht: „die innere Natur des Kapitals, (…) erscheinend und realisiert als Wechselwirkung der vielen Kapitalien aufeinander, die innere Tendenz als äußerliche Notwendigkeit“.75
Die volle Existenz dieser Form – uneingeschränkte Konkurrenz – ist zwar eine Bedingung für die Verwirklichung der inneren Natur des Kapitals, aber die immanenten Gesetze des Kapitals wären überhaupt keine Gesetze – sich mit Notwendigkeit realisierende Tendenzen -, wenn sie nicht auch die Bedingungen ihrer Verwirklichung schaffen würden. Die uneingeschränkte Konkurrenz gehört daher zu den „Verwirklichungsbedingungen des Kapitals, die es selbst mehr und mehr produzieren muss“,76 sie ist „darum nicht die Voraussetzung für die Wahrheit der ökonomischen Gesetze, sondern die Folge – die Erscheinungsform, worin sich ihre Notwendigkeit realisiert.“77 Freie Konkurrenz bedeutet daher nicht eine bloße Abstraktion von Schranken oder Abwesenheit von Monopolen als gedachte oder zufällig gegebene Voraussetzung für die Realität der Gesetze, sondern schließt die Tendenz der Überwindung gegebener Schranken und Befreiung von Hindernissen ein. Als solche bringt sie die innere Notwendigkeit, die in den Gesetzen des Kapitals theoretisch formuliert wird, in der Wirklichkeit als äußere Notwendigkeit zum Ausdruck. In diesem Sinne sagt Marx über das Gesetz der allgemeinen Profitrate: „Es ist die stete Tendenz der Kapitale, durch die Konkurrenz diese Ausgleichung in der Verteilung des vom Gesamtkapital erzeugten Mehrwerts zu bewirken und alle Hindernisse dieser Ausgleichung zu überwältigen.“78
Dieses positive Verständnis der Konkurrenz hat gleichzeitig Konsequenzen für die Rolle, die die Einzelkapitale spielen. Der einzelne Kapitalist – auch das Kartell – scheint zunächst durchaus selbständig und souverän zu agieren. Er strebt nicht von sich aus danach, die Waren zu ihrem Produktionspreis zu verkaufen oder bloß denselben Profit wie alle anderen zu machen, sondern er versucht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, so hoch wie möglich zu verkaufen, so billig wie möglich einzukaufen und größtmögliche Profite zu erzielen. Auch in der Entscheidung, was oder wieviel er produziert, scheint er „nur durch seine Willkür geleitet“.79 In dieser Regellosigkeit, in der dem einzelnen Kapitalisten die Produktion überlassen bleibt, setzen sich die inneren Gesetze nur in der Form des gegenseitigen Drucks der Kapitale aufeinander durch, der dem einzelnen als von außen kommender, von anderen Kapitalisten herrührender Zwang erscheint. Die „Wirkung der einzelnen Kapitalien aufeinander bewirkt eben, dass sie als Kapital sich verhalten müssen; das scheinbar unabhängige Wirken der Einzelnen und ihr regelloses Zusammenstoßen ist grade das Setzen ihres allgemeinen Gesetzes (…) und Aufheben der scheinbaren Unabhängigkeit und selbständigen Bestehens der Einzelnen.“80 Die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Schranken, die die Konkurrenz an Einzelkapitalen findet und die die Realisierung der Gesetze begrenzen, erweist sich damit als scheinbar, sie werden – wenigstens „soweit das Ganze der Produktion auf dem Kapital beruht“81 – in der Tendenz aufgehoben.
Zwischen dem positiven Verständnis der Konkurrenz als der Form, in der sich die inneren Gesetze mit Notwendigkeit verwirklichen, und der Aufhebung der scheinbaren Willkür und Selbständigkeit der einzelnen Kapitale besteht hier – in der Auffassung von Marx – ein enger Zusammenhang. In beidem drückt sich aus, dass die Produktion auf dem Kapital beruht und durch dessen innere Gesetze bestimmt wird. Derselbe enge Zusammenhang besteht zwischen Lenins nur negativem Verständnis der Konkurrenz und der Allmacht der Monopole. Die Vorstellung von einem monopolistischen Stadium beruht darauf, dass die Monopole eine eigenständige Grundlage dieses Stadiums darstellen, die „tiefste ökonomische Grundlage“ des Imperialismus. Angesichts ihrer Existenz ist die freie Konkurrenz „unmöglich geworden“, sie ist im Begriff, durch die Monopole abgelöst zu werden: „ökonomisch ist das Grundlegende in diesem Prozess die Ablösung der kapitalistischen freien Konkurrenz durch die kapitalistischen Monopole.“82 Das Kapital produziert also in immer geringerem Umfang die Bedingungen seiner eigenen Verwirklichung, der die Monopole unüberwindbare Schranken in den Weg stellen. Indem so das Monopol als ein Kapital auftritt, das die freie Konkurrenz beschneidet, aber nicht umgekehrt der Konkurrenz und damit den Gesetzen des Kapitals unterworfen wird, wird auch die scheinbare Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Einzelkapitale nicht mehr aufgehoben; die scheinbare Willkür verwandelt sich in eine wirkliche. Nicht die immanenten Gesetze erscheinen jetzt den Produktionsagenten als „übermächtige, sie willenlos beherrschende Naturgesetze“,83 vielmehr wachsen umgekehrt einige der Produktionsagenten „zu allmächtigen Monopolinhabern“84 an. „Durch die Monopolinhaber werden alle diejenigen abgewürgt, die sich dem Monopol, seinem Druck, seiner Willkür nicht unterwerfen.“85 Dass diese „Art neue Gesellschaftsordnung“ nicht mehr auf dem Kapital, dessen Gesetzen die Bewegung der Einzelkapitale unterworfen ist, beruht, wird an dieser Charakterisierung der Monopole deutlich.
Die positive Natur der Konkurrenz hat Kestner richtiger dargestellt, indem er sie als eine notwendige, dem Verwertungstrieb der Kapitale entspringende Tendenz zur Aufhebung der Kartelle bzw. ihrer Monopolstellung betrachtete. Aus diesem positiven Verständnis ergibt sich die defensive Natur des „Organisationszwangs“, der Abwehrmaßnahmen des Kartells. Ihn als „Zwang zur Unterwerfung unter die Monopolverbände“ zu bezeichnen, hat seine Wurzel in einer inhaltslosen, weil nur negativen Vorstellung von der Konkurrenz, die dem Monopol unterliegt, weil sie keinen eigenen Inhalt hat, nicht als notwendige Form und wesentliche Bestimmung des Kapitals begriffen wird.
d) Die Beschneidung objektiver Gesetze
Die Ablösung der freien Konkurrenz durch die Herrschaft der Monopole betrachtet Lenin auch als eine Folge der Konzentration, die im Bankwesen vor sich geht. In diesem Sinne zitiert er Schulze-Gävernitz: „Die Börsenherrschaft unserer Großbanken (…) ist nichts als ein Ausdruck des voll organisierten deutschen Industriestaates. Wird damit das Gebiet der automatisch wirkenden Wirtschaftsgesetze beschnitten und damit das Gebiet bewusster Regelung durch die Banken außerordentlich erweitern, so wächst damit die volkswirtschaftliche Verantwortung weniger leitender Köpfe in Ungemessene.“86 Was Lenin daran falsch findet, ist nicht die Illusion, als könnten durch die Entwicklung des Bankwesens objektive Gesetze beschnitten werden; er akzeptiert die These der „bewussten Regelung“ durch die Banken. Erst bei der Frage, in wessen Interesse diese „bewusste Regelung“ vorgenommen wird, beginnt seine Kritik. Er stellt fest, was Schulze-Gävernitz „zu vertuschen sucht, nämlich, dass diese ‘bewusste Regelung’ durch die Banken im Schröpfen des Publikums durch ein Häuflein ‘voll organisiertet Monopolisten besteht`‘.87
Schulze-Gävernitz hat an die Konzentration der Banken Zukunftsperspektiven geknüpft, die Hilferdings Idee von einem „Generalkartell“ ähnlich sind. „Mit den Bankengruppen entstehen Zentralstellen im Mittelpunkt der Volkswirtschaft (…) Diese Zentralstellen geben in wachsendem Maße den nationalen Ersparnissen die Richtung, und zwar umso stärker, je mehr die Anlagekapitalien in Effektenform, die Betriebskapitalien in Depositenform gegossen werden. Von hier aus wird das Gebiet der blind waltenden Wirtschaftsgesetze schrittweise zurückgedrängt zugunsten bewusster Anordnung – das Gebiet der Natur zugunsten des Reiches der ‘Freiheit’ im Sinne unserer klassischen Philosophie – auch Marxens!“88 Die schrittweise Zurückdrängung der „blind waltenden Wirtschaftsgesetze“ innerhalb des Kapitalismus – eine Prognose, die der Autor nur vermeintlich mit Marx, gewiss aber mit Hilferding teilt – findet ihre Krönung in einem Generalkartell der Banken: „Denken wir uns die aufgewiesenen Entwicklungstendenzen bis zum letzten erreicht: das Geldkapital der Nation in den Banken vereinigt, diese selbst kartellmäßig verbunden, das Anlagekapital der Nation in Effektenform gegossen (…)“89 Volle Organisation des deutschen Industriestaats und bewusste Regelung der gesamtgesellschaftlichen Produktion durch ein Bankenkartell sind damit vollendet. Doch ausschließlich auf Marx wollte sich Schulze-Gävernitz nicht stützen; es folgt ein längeres Zitat, (das Lenin in der Imperialismusschrift wiedergibt)90 von Saint-Simon, einem französischen Vertreter des utopischen Sozialismus, der die Banken dazu berufen sah, die gesamtgesellschaftliche Produktion zu leiten und zu regulieren. Solche Vorstellungen hatte Marx als „Illusionen über die wunderwirkende Macht des Kredit- und Bankwesens“ bezeichnet, die „aus völliger Unkenntnis der kapitalistischen Produktionsweise und des Kreditwesens als einer ihrer Formen (entspringen).“91
Aber auch Schulze-Gävernitz konnte – im Unterschied zu Hilferding, der auf seinen Geld- und Kreditillusionen ein Theoriegebäude errichtet – seiner subjektiven Begeisterung für die Macht der deutschen Banken nur in Nebenbemerkungen und speziellen Abschnitten freien Lauf lassen. Das Material, das er in seinem Buch über „die deutsche Kreditbank“ liefert, untermauert seine Ahnungen von einem „Reich der Freiheit“ auf dem Boden kapitalistischer Verhältnisse keineswegs. Wenn er z. B. die Möglichkeit der Reichsbank erläutert, den allgemeinen Diskontsatz festzustellen – worin sich in der Tat die besondere Macht der Zentralbank zeigt -, belehrt er den Leser: „Aber aller menschlichen Willkür – ob der Großdiskonteure, ob der Reichsbank – sind durch die allgemein wirtschaftlichen Bedingungen enge Grenzen gesetzt“ – und er verweist auf die Abhängigkeit des Zinsfußes von der Konjunktur.92 Die „Börsenherrschaft der Banken“ wird daher auch mit Fragezeichen versehen: „Es ist vielleicht zu viel gesagt, von einer ‘Börsenherrschaft der Großbanken zu sprechen. Aber ihr Einfluss ist weitreichend. Früher wollten die Banken als ‚Reportgeber‘ lediglich Zins verdienen; heute treiben die Großbanken, in deren Händen sich die Reportkapitalien immer mehr sammeln, mittels der Festsetzungen der Reportbedingungen bewusste ‘Reportpolitik’.“93 Das ist eine der wenigen Tatsachen, aus denen Schulze-Gävernitz auf die Beschneidung der objektiven Gesetze schließt. Das Reportgeschäft ist eine Kreditform, deren sich die Banken auf der Grundlage des Terminhandels an der Börse bedienen. Und wenn der Einfluss der Banken auf die Festlegung der Reportbedingungen zu der Hoffnung verleitet, mit dem Reportgeschäft könnten die „automatisch wirkenden Wirtschaftsgesetze beschnitten“ werden, so geht Schulze-Gävernitz doch keineswegs an der Tatsache vorbei, dass die Reportsätze vom Diskontsatz abhängig sind, da „der Diskontmarkt und der Reportmarkt in enger Verbindung“ stehen. Aber die „Macht der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, die Ohnmacht menschlicher Willkür gegenüber dem Diskontsatz“ war für ihn wiederum ein „sonnenklare(r) Tatbestand“.94
Hier – in der Beschreibung von „Tatbeständen“, nicht in dem Traum von einer schrittweisen Zurückdrängung der ökonomischen Gesetze befindet sich der Autor der „deutschen Kreditbank“ in Übereinstimmung mit Marx, der seinerseits die Abhängigkeit des Zinsfußes vom industriellen Zyklus dargestellt hat, und hier verlieren sich die empirischen Belege und Anlässe für die Behauptung, dass der „alte Kapitalismus (…) von einem neuen Kapitalismus abgelöst“95 wird, wie Lenin schreibt. Dem kritischen Leser des Buches, das einen lehrbuchartigen Abriss des deutschen Bankwesens vor dem ersten Weltkrieg gibt, stellt sich die These von einer „bewussten Regelung“ der Wirtschaft und der Beschneidung ihrer objektiven Gesetze als eine äußerlich hinzugefügte Ideologie dar, als subjektive Wertung, die da anfängt, wo die Beschreibung der Tatsachen aufhört (und für die eigene Abschnitte vorgesehen sind, meist unter dem Titel: „Die volkswirtschaftliche Bedeutung (…)“).
Auch Lenin hat beides voneinander getrennt: er schreibt über das Buch: „In der Art eines Lehrbuchs, nach Paragraphen, offenbar größtenteils Geschwätz und ‘Systematik’. Enthält auch Interessantes. Völlig vom Geist des ‘Imperialismus’ durchdrungen.“96 Wenn man sich fragt, was Lenin bewogen hat, gerade diesen „Geist“, die ideologische Bewertung der ökonomischen Entwicklung, als Beleg für „den neuen Kapitalismus mit der Herrschaft des Monopols“ zu zitieren, stößt man auf die theoretischen Voraussetzungen, von denen Lenin ausging. Zum einen geht, wie wir gesehen haben, die Beschneidung der objektiven Gesetze aus dem negativen Verständnis der freien Konkurrenz direkt hervor, womit gleichzeitig der bewussten Herrschaft der Monopole Raum geschaffen wird.
Auf derselben Grundlage hatte Hilferding die Entwicklung des Kapitalismus als den Weg zur Entstehung der „bewusst geregelten Gesellschaft in antagonistischer Form“97 charakterisiert. Schulze-Gävernitz zeichnet denselben Gang der Entwicklung – es fehlt nur die „antagonistische Form“. Auf dieser theoretischen Basis musste Lenin es als zutreffend ansehen, dass „das Gebiet der automatisch wirkenden Wirtschaftsgesetze beschnitten und das Gebiet bewusster Regelung durch die Banken außerordentlich erweitert wird“. Seine Kritik setzt daran an, dass Schulze-Gävernitz die „antagonistische Form“ nicht erwähnt, in der die bewusste Regelung vor sich geht und die „im Schröpfen des Publikums durch ein Häuflein ‘voll organisierter’ Monopolisten besteht“.
[Weiter]
1 S. 307
2 S. 271
3 ebenda
4 S. 269 f.
5 S. 209
6 S. 270
7 S. 280
8 S. 212
9 S. 295
10 S. 281
11 ebenda
12 S. 271
13 S. 304
14 LW 24, S. 465
15 LW 22, S. 212
16 LW 24, S. 466
17 LW 29, S. 153
18 ebenda
19 LW 29, S.154
20 Kautsky sprach 1908 vom „Hineinwachsen in den Zukunftsstaat“. Karl Kautsky, Der Weg zur Macht, Frankfurt 1972, S. 31 ff.
21 LW 22, S. 270
22 LW 22, S. 211
23 MEW Bd. 25, S. 886 f.
24 MEW Bd. 25, S. 887
25 ebenda
26 Diesen Schluss ziehen die Autoren des Werks „Imperialismus heute“, indem sie behaupten, „dass für den staatsmonopolistischen Kapitalismus nicht dieses spontane Wirken der ökonomischen Gesetze, diese spontane Regulierung der Produktion und des Austausches, sondern ein umfassendes System der Regulierung im Maßstab der Volkswirtschaft charakteristisch ist.“ Autorenkollektiv, Imperialismus heute, Berlin 1965, S. 416 f.
27 LW 22, S. 211
28 S. 199
29 S. 271
30 S. 210 f.; „(?!)“ von Lenin
31 S. 211
32 ebenda, Hervorhebung von Lenin
33 Kestner hat sich im Wesentlichen auf die Betrachtung der Kartellbewegung in Deutschland beschränkt. Ein ausführlicher Vergleich der deutschen Verhältnisse mit der Kartell- oder Trustbildung in anderen Ländern – speziell etwa der USA – erfolgt im Rahmen dieses Artikels nicht und bleibt Aufgabe besonderer Untersuchungen. Als erster Schritt ist die Beschränkung auf Deutschland insofern berechtigt, als auch Lenin kaum über die Darstellung des deutschen Kartellwesens hinausgeht.
34 Fritz Kestner, Der Organisationszwang, Berlin 1912, S. 17
35 Kestner spricht von „konstanten“ und „variablen“ Kosten, d. h. Kosten, die bei Ausdehnung der Produktion konstant bleiben und solchen, die in diesem Fall ebenfalls zunehmen. Innerhalb gewisser Grenzen entspricht dies dem Unterschied von fixen und zirkulierenden Kapitalbestandteilen. Kestner, a.a.O., S. 15
36 Kestner, S. 26
37 Kestner, S. 27
38 Kestner, S. 28
39 Kestner, S. 33 ff.
40 Kestner merkt an, dass Huber (in: „Die Kartelle“) festgestellt hat, „dass nirgends so viele neue Werke entstünden, als dort, wo ein Syndikat ordnend eingriffe.“ Kestner, S. 57
41 Kestner, S. 59
42 Kestner, S. 7
43 Kestner, S. VIII
44 Kestner, S. 138
45 Kestner, S. 139
46 Kestner, S. 144
47 Kestner, S. 145 f.
48 Kestner, S. 152 f.
49 Kestner, S. 153
50 Kestner, S. 154
51 LW 22, S. 210; Lenins dritter Punkt: „Sperre der Zufuhr“ lautet bei Kestner: „Sperre der Zufuhr- und Absatzwege (S. 96). Die Sperre der Zufuhr ist mit der Materialsperre (Punkt 1) identisch. Die Sperre der Transportwege hat in Deutschland – im Unterschied zu den USA – nur eine sehr begrenzte Rolle spielen können, da die Eisenbahnen fast ausschließlich in staatlichem Besitz waren. (Kestner, S. 97)
52 Kestner, S. 161 f.
53 Kestner, S. 164
54 Kestner, S. 255 f.
55 Kestner, S. 256
56 Kestner, S. 171
57 LW 22, S. 211
58 LW 22, S. 210
59 Kestner, S. 225
60 Kestner, S. 226
61 Kestner, S. 227
62 Kestner, S. 229
63 Kestner, S. 240
64 Kestner, S. 254
65 LW 22, S. 209
66 MEW 25, S.184
67 Karl Marx, Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie (Rohentwurf), Berlin 1974, (im Folgenden: GR) S. 317
68 LW 21, S. 55
69 MEW 25, S. 872
70 LW 22, S. 295
71 LW 22, S. 304
72 LW 22, S. 223
73 LW 22, S. 211
74 Marx GR, S. 317
75 ebenda
76 Marx GR, S. 454
77 Marx GR, S. 450
78 MEW 25, S. 769
79 MEW 25, S. 887
80 Marx GR, S. 550
81 Marx GR, S. 307
82 LW 22, S. 270
83 MEW 25, S. 839
84 LW 22, S. 214
85 LW 22, S. 210
86 LW 22, S. 222
87 ebenda
88 Gero von Schulze-Gävernitz, Die deutsche Kreditbank, Tübingen 1922 (unveränderter Abdruck aus „Grundriß der Sozialökonomik), S. 145
89 Schulze-Gävernitz, a.a.O. S. 146. Siehe dazu auch LW 22, S. 309
90 LW 22, S. 309
91 MEW 25, S. 621. Schulze-Gävernitz kommentiert das Zukunftsbild Saint-Simons mit den Worten: „Marxismus anders, und doch nur in der Form anders, als Marx in sich dachte!“ (a.a.O. S. 146) Lenin vermerkt dazu am Rand seines Auszuges: „auch Marxismus!!!“ siehe LW 39, S. 35.
92 Schulze-Gävernitz, a.a.O. S. 76 f.
93 Schulze-Gävernitz, S. 100
94 Schulze-Gävernitz, S. 79
95 LW 22, S. 223
96 LW 39, S. 34
97 Rudolf Hilferding, Das Finanzkapital, FfM-Köln 1968, S. 322 / ders., Das Finanzkapital, Berlin 1947, S. 319. Im Folgenden wird in derselben Reihenfolge nach beiden Ausgaben zitiert.