Demokratie, Staat und Menschenrechte

Von Alfred Schröder

Ein neuer Anhänger des „demokratischen Sozialismus“

Kolja Wagner, ein Mitbetreiber unserer Web-Site, hat in dem Beitrag Gedanken zu Sozialismus und Demokratie seine sich bereits über Monate hinziehende Kritik an der Geschichte und Politik der Kommunistischen Bewegung zu einer eindeutigen politischen Positionsbestimmung zugespitzt: Mit seiner Forderung nach einem demokratischen Sozialismus („Erst der Sozialismus macht wirkliche Demokratie möglich“), mit seinem Bekenntnis zur Demokratie als „Wert an sich – auch unabhängig von der Frage der Verbesserung der Kampfbedingungen der Arbeiterklasse“ hat er sich zu einem politischen Lager bekannt, dass nicht das unsere ist.

In einem Lexikon der Politik aus dem Jahr 1992 wird der „Demokratische Sozialismus“ folgendermaßen definiert: „In der Namensgebung wird zum Programm erhoben, dass sich der Sozialismus nur durch die Demokratie verwirkliche und dass sich die Demokratie nur durch den Sozialismus erfülle.“ (Gesellschaft und Staat, Lexikon der Politik, 8. Auflage, München 1992, S. 176.) Diese Passage zum „demokratischen Sozialismus“ ist zugleich ein wörtliches Zitat aus dem Godesberger Programm der SPD von 1959. In einer Einführung zum Thema „Demokratischer Sozialismus“ schreibt Thomas Meyer: „Der Gegensatz zwischen Demokratischem Sozialismus und Kommunismus besteht darin, dass der Demokratische Sozialismus Demokratie für einen Eigenwert hält (…).“ (Thomas Meyer, Demokratischer Sozialismus, Eine Einführung. Bonn: Verlag Neue Gesellschaft, 1982, S. 55.) Dies ist die politische Position, die Wagner in seinen „Gedanken zu Sozialismus und Demokratie“ bezieht. Damit ist er in deutlich kürzerer Zeit politisch dort angekommen, wofür die PDS wesentlich länger benötigte: auf dem Boden der bürgerlichen Demokratie der BRD.

Dass Wagners Übereinstimmung mit dem Godesberger Programm der SPD und der dort gegebenen Selbstdefinition des „demokratischen Sozialismus“ kein Zufall ist, wird deutlicher, wenn wir eine wissenschaftliche Definition dieser Strömung des europäischen Sozialdemokratismus suchen. Marx und Engels schrieben im Kommunistischen Manifest über die Kommunisten, dass sie „überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände (unterstützen). In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage der Bewegung hervor.“ (Marx-Engels Werke, Bd. 4, S. 493) Zwei Positionen heben Marx und Engels hier als Wesensmerkmale kommunistischer Politik hervor: Die Unterstützung einer jeden „revolutionären Bewegung gegen die bestehenden (…) Verhältnisse“ und die Hervorhebung der „Eigentumsfrage“ als „Grundfrage der Bewegung“.

Der Gegensatz zur Strömung des „demokratischen Sozialismus“ liegt hier offen auf der Hand. Zum Ersten unterstützt der „demokratische Sozialismus“ nur jene Bewegungen, die sich der europäischen Definition der demokratischen Rechte verpflichtet fühlen, was gerade bei dem heutigen Frontverlauf der internationalen Politik fatal ist; zum Zweiten ist die „Grundfrage“, die der „demokratische Sozialismus“ in den gesellschaftlichen Bewegung hervorhebt, eben nicht die der Umwälzung der Eigentumsverhältnisse, sondern die der bürgerlich-demokratischen Rechte, nicht die Abschaffung des kapitalistischen Privateigentums, sondern der demokratische Charakter dieser Abschaffung bzw. der Eingrenzung des kapitalistischen Privateigentums, ist für ihn das wesentliche Problem.

In der politischen Praxis des letzten Jahrhunderts hat diese Ausrichtung den „demokratischen Sozialismus“ letztendlich immer an die Seite des kapitalistischen Privateigentums geführt. Die künftige Umwandlung dieses Privateigentums in staatliches Eigentum bleibt bei der Richtung des „demokratischen Sozialismus“ in den dichten Nebeln der demokratischen Selbstorganisation der Werktätigen, der Selbstverwaltung von Schulen, Universitäten und Betrieben verborgen, aus der die neuen Eigentumsverhältnisse hervorwachsen sollen. Das ganze Wesen dieser politischen Strömung besteht nicht darin, an der Aufrichtung einer sozialistischen Gesellschaft gescheitert zu sein – wie dies der kommunistischen Bewegung im 20. Jahrhundert anzulasten ist -, sondern mit den Schlagworten von Demokratie und Menschenrechten jeglichen Versuch der Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft bekämpft zu haben. Das ist die theoretische und politische Tradition, in die sich Wagner stellt.

Uns stellt sich – sicherlich ebenso wie den Lesern unserer Web-Site die Frage – warum Kolja Wagner mit diesen politischen Positionen und diesem ideologischem Ansatz weiter als Träger einer Internetseite firmieren will, die in allen wesentlichen Fragen diametral entgegengesetzte Positionen bezieht?

Staat und Demokratie

Die Begriffe Demokratie, Menschenrechte und Sozialismus durchziehen Wagners Papier. Wer aber über diese Begriffe ernsthaft diskutieren will, der muss als Erstes über den Staat reden. Nur vor dem Hintergrund einer klaren Definition des Staates können die abstrakten Begrifflichkeiten von Demokratie, Menschenrechten und Sozialismus eine konkretere Gestalt annehmen. Der Staat, sein Wesen, seine Geschichte und seine heutige Erscheinungsform in der BRD sind allerdings kein Thema für Kolja Wagner.

Wagner wirft die Frage des Staates nur in einem einzigen Kapitel seines Papiers auf, das dann bezeichnenderweise die Überschrift trägt: „Weniger Staat, mehr Demokratie“. Auch hier werden wir vergeblich nach einer Definition des Staates suchen. Ihm geht es in diesem Kapitel vielmehr darum, die Notwendigkeit eines „autoritären und repressiven Staates“ für die sozialistische Gesellschaft anzuzweifeln. Der Gegensatz zu diesem „autoritären und repressiven Staat“ des Sozialismus ist bei Wagner der demokratische Staat, wie wir ihn u. a. heute in der BRD haben. Zwar seien auch in der BRD die demokratischen Rechte „in der heutigen Gesellschaft stark eingeschränkt. Die ‚Volksvertreter‘ werden nur alle vier Jahre gewählt. In vielen Bereichen der Gesellschaft wie Schule, Universität, Armee und Betrieb gibt es zwar keine despotische Willkürherrschaft, aber auch keine Demokratie. Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Grund und Boden ist die Voraussetzung einer vollständigen Demokratisierung aller Bereiche der Gesellschaft. Erst wenn die Macht der Unternehmer gebrochen ist, können Betriebe und Büros von den Arbeitern und ihren Vertretern demokratisch selbst geleitet werden. Erst wenn der bürgerliche Staatsapparat abgeschafft oder zerschlagen und seine Elite entmachtet wurde, kann auch die Armee und Verwaltung radikal demokratisiert werden. Sozialismus ist also die Voraussetzung für eine vollständige Demokratisierung.“ Soweit Wagners Verständnis des Verhältnisses von Staat, Demokratie und Sozialismus.

Was ist das Wesen des Staates?

Beginnen wir mit dem, was Wagner nicht leistet, mit der Definition des Staates: „Das Wort Staat stammt vom lateinischen Status und bedeutet Zustand, Ordnung, Verfassung. Es wurde von dem italienischen Staatsmann und Gelehrten N. Machiavelli (1469 – 1527) in seinem Buch Il Principe als Stato in die Wissenschaft eingeführt und bürgerte sich als Etat in Frankreich, als State in England und als Staat in Deutschland ein.

Zum Staatsbegriff gehören drei Elemente:

  1. ein Staatsgebiet, nämlich ein begrenzter Teil der Erde;
  2. Ein Staatsvolk, nämlich eine auf dem Staatsgebiet lebende Gesamtheit von Menschen;
  3. Eine Staatsgewalt, nämliche eine hoheitliche Gewalt, durch die das Staatsvolk auf dem Staatsgebiet zu einer geordneten Gemeinschaft zusammengefasst wird, oder kurz ‚die Herrschaft über Land und Leute‘.“

(Schunck, De Clerck, Staatsrecht, 14. Auflage, Siegburg 1992, S. 3.) Dies ist die gängige bürgerliche Definition des Staates.

Was sie von der marxistischen Definition unterscheidet, ist das Weglassen der gesellschaftlichen Verhältnisse, die die Herausbildung eines Staates sowohl möglich als auch erforderlich machen. Engels erklärt die Notwendigkeit des Staates „als Produkt der Gesellschaft auf bestimmter Entwicklungsstufe; er ist das Eingeständnis, dass diese Gesellschaft sich in unversöhnliche Gegensätze gespalten hat, die zu bannen sie ohnmächtig ist. Damit aber diese Gegensätze, Klassen mit widerstreitenden ökonomischen Interessen nicht sich und die Gesellschaft in fruchtlosem Kampf verzehren, ist eine scheinbar über der Gesellschaft stehende Macht nötig geworden, die den Konflikt dämpfen, innerhalb der Schranken der ‚Ordnung‘ halten soll; und diese, aus der Gesellschaft hervorgegangene, aber sich über sie stellende, sich ihr mehr und mehr entfremdende Macht, ist der Staat.“ (MEW, Bd. 21, S. 165.)

Anschließend an diese Zeilen entwickelt Engels seine Definition des Staates: „Gegenüber der alten Gentilorganisation, kennzeichnet sich der Staat erstens durch die Einteilung der Staatsangehörigen nach dem Gebiet“ – also Staatsgebiet und Staatsvolk – und das „Zweite ist die Einrichtung einer öffentlichen Gewalt, welche nicht mehr unmittelbar zusammenfällt mit der sich selbst als bewaffnete Macht organisierenden Bevölkerung. Diese besondre, öffentliche Gewalt ist nötig, weil eine selbsttätige bewaffnete Organisation der Bevölkerung unmöglich geworden ist seit der Spaltung in Klassen. (…) Diese öffentliche Gewalt existiert in jedem Staat; sie besteht nicht bloß aus bewaffneten Menschen, sondern auch aus sachlichen Anhängseln, Gefängnissen und Zwangsanstalten aller Art, von denen die Gentilgesellschaft nichts wusste.“ Diese öffentliche Gewalt „verstärkt sich in dem Maß, wie die Klassengegensätze innerhalb des Staates sich verschärfen.“ (ebenda, S. 165 – 166)

Es ist diese öffentliche Gewalt, die sich in bewaffneten Formationen von Menschen und ihren sachlichen Anhängseln ausdrückt, die das Wesen des Staates, seine „gepanzerte Faust“ (Gramsci) ausmacht. Diese öffentliche Gewalt, die sich über die Gesellschaft stellt und sich ihr mehr und mehr entfremdet, gilt es in die Gesellschaft zurückzunehmen. Wenn der Staat – wie Engels es entwickelte – als Produkt unversöhnlicher Klassengegensätze entstanden ist, so ist die Aufhebung antagonistischer Klassengegensätze die erste Voraussetzung, der erste Schritt hin zur Zurücknahme der von der Gesellschaft getrennt existierenden öffentlichen Gewalt. Mit dem vollständigen Verschwinden der Klassengegensätze verliert die öffentliche Gewalt ihren politischen Charakter als Gewalt der ökonomisch herrschenden Klasse, und der Staat stirbt ab. Die öffentliche Gewalt ist wieder Bestandteil der Gesellschaft und wird von ihr selbst und direkt ausgeübt. Eine neben der Gesellschaft existierende „Staatsgewalt“ ist überflüssig, das „Gewaltmonopol des Staates“ wird von der Gesellschaft selbst, ohne gesonderte bewaffnete Formationen von Menschen und ihren sachlichen Anhängseln ausgeübt. Diese Position von Engels steht in einem direkten Gegensatz zu den Grundlagen einer demokratischen Republik, die u. a. auf der Trennung von staatlicher Gewalt und Gesellschaft beruht (wie weiter unten gezeigt werden wird).

So weit die marxistische Staatstheorie und damit zurück zu Wagner. Dieser äußerst allgemeine Exkurs zum Thema Staat war nötig, da Wagner sich nicht nur die Definition des Staatsbegriffs schenkt, sondern gar nicht verstanden hat, was sowohl im bürgerlichen wie im marxistischen Sinn das Wesen des Staates ausmacht: die öffentliche Gewalt in Form gesonderter Formationen bewaffneter Menschen und ihrer sachlichen Anhängsel, jene Instrumente, die das Gewaltmonopol des Staates gegenüber der Gesellschaft sichern. Was Wagner „demokratisieren“ will, was ihm als Mangel an „Demokratie“ im Kapitalismus erscheint (keine Demokratie in Schule, Universität, Armee, Betrieb und Verwaltung), was der Sozialismus seiner Vorstellung nach zu „demokratisieren“ hat, um ein Absterben des Staates zu ermöglichen; dies alles hat gar nichts mit der Abschaffung des Staates zu tun.

Auch im Sozialismus wird die Gesellschaft die Inhalte der Lehrpläne an Schulen und Universitäten bestimmen, Richtlinien für den Ablauf des Unterrichts vorgeben und die von der Gesellschaft als geeignet empfundenen Personen an die Spitze dieser Institutionen setzen. Dies alles wird nicht vermittels „demokratischer“ Abstimmungen der Schüler und Studenten, und analog für die Bereiche Betrieb, Armee und Verwaltung durch die Abstimmung der Arbeiter, Angestellten und Soldaten in den jeweiligen Bereichen geschehen. Demokratie im Sinne von Mehrheitsentscheidung kann nicht die Partikularinteressen der jeweils in den Bereichen Tätigen in den Vordergrund stellen, sondern muss die Interessen der Gesellschaft gegenüber ihren Gliederungen durchsetzen.

Dies wird auch in einer kommunistischen Gesellschaft nicht anders sein. Auch hier wird die Gesellschaft ihre Vorgaben für die unterschiedlichen Bereiche von Produktion und Bildung setzen. Doch hier tritt „an die Stelle der Regierung über Personen die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen“ (MEW, Bd. 20, S. 262). Anders ausgedrückt, es gibt keine öffentliche Gewalt außerhalb der Gesellschaft zur Durchsetzung ihrer Vorgaben. Die Gesellschaft hat ihre Vorgaben selbst und direkt umzusetzen, da der Kern des Staates, der Gewaltapparat nicht mehr gesondert von der Gesellschaft existiert. Die „Demokratie“ wird von einer Staats- und Herrschaftsform zu einer gesellschaftlichen Funktion, die „die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen“ regelt aber keine „Regierung über Personen“ mehr beinhaltet (Engels, Anti-Dühring).

Dass dieser Gedanke vor dem Hintergrund der heutigen Gesellschaft und ihres kulturellen und politischen Zustandes Bedenken und Widerspruch hervorruft, ist leicht zu verstehen. Allein, Marx und Engels betonen die „langen Geburtswehen“ die nötig sind, um zur „ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft“, zum Sozialismus, zu gelangen. „Das Recht kann nie höher sein als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft. In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen – erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“ (MEW Bd. 19, S. 21) Erst hier beginnt der Prozess des Absterbens des Staates, erst hier finden wir die ökonomischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen für das Absterben des Staates und damit auch für die Zurückname der öffentlichen Gewalt in die Gesellschaft.

Das von Wagner vorgetragene Modell der „Basisdemokratie“, von der „Ausdehnung“ der Demokratie in den Schulen, den Universitäten, den Betrieben etc. hat nichts mit dem Sozialismus oder einem Weg hin zum Sozialismus zu tun. Es bringt uns weder der Abschaffung der antagonistischen Klasseninteressen noch dem Absterben des Staates näher. Es betont einzig und allein die Partikularinteressen einzelner Bereiche der Produktion, Bildung, Verwaltung etc. gegenüber den Interessen der gesamten Gesellschaft. Es ist die naive Hilfskonstruktion eines „Demokratischen Sozialisten“, der uns die Möglichkeit eines Hereinwachsens der heutigen Gesellschaft in den sozialistischen Zukunftsstaat darstellen will, ohne sich der Frage des Staates und der bestehenden bürgerlichen Staatsgewalt zu stellen.

Die „demokratische Republik“ – Durchgangsform oder Endziel der kommunistischen Bewegung?

Nicht genug damit, dass Wagners Weg zum Kommunismus in einer fortwährenden Ausdehnung der Demokratie von unten besteht, er überführt auch Marx und Engels in wenigen Sätzen, „ein instrumentelles Verhältnis zur demokratischen Republik“ zu haben. „Marx bezeichnete die Republik als Arena, in der der Klassenkampf zwischen Kapital und Arbeit ausgetragen wird. Demokratische Rechte sind die Luft zum Atmen für die Entfaltung einer kommunistischen Arbeiterbewegung. Wenn etwas feststeht, so ist es dies, dass unsere Partei und die Arbeiterklasse nur zu Herrschaft kommen kann unter der Form der demokratischen Republik.‘ (Engels) In diesem Sinne hatten Marx und Engels ein instrumentelles Verhältnis zu demokratischen Republik“, so Wagner.

Was Wagner nicht behagt, ist die Sicht der Klassiker von der demokratischen Republik. Sie sehen in ihr explizit nicht die Herrschaft der „Demokratie“, die durch fortgesetzte basisdemokratische Ausdehnung zum Sozialismus und Kommunismus führt, sondern die letzte Staatsform der Bourgeoisie. „Und doch bleibt die demokratische Republik immer die letzte Form der Bourgeoisherrschaft: die, in der sie kaputtgeht“, schreibt Engels an Bernstein. (MEW, Bd. 36, S. 128) Und Marx klagt die „vulgäre Demokratie“ à la Wagner an, „die in der demokratischen Republik das Tausendjährige Reich sieht und keine Ahnung davon hat, dass gerade in dieser letzten Staatsform der bürgerlichen Gesellschaft der Klassenkampf definitiv auszufechten ist.“ (Marx, Kritik des Gothaer Programms)

Auch die demokratische Republik ist eine Staatsform, deren Kern ein politischer Gewaltapparat bildet, der im Interesse der ökonomisch und politisch herrschenden Klasse handelt. Wer für ein Absterben des Staates eintritt, muss unweigerlich für die Beseitigung des bürgerlichen Gewaltapparates streiten, da ohne diesen Schritt die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse nicht abzuschaffen sind. „Da nun der Staat doch nur eine vorübergehende Einrichtung ist, deren man sich im Kampf, in der Revolution bedient, um seine Gegner gewaltsam niederzuhalten, so ist es purer Unsinn, vom freien Volksstaat zu sprechen; so lange das Proletariat den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner, und sobald von Freiheit die Rede sein kann, hört der Staat als solcher auf zu bestehen.“ (Engels an Bebel, März 1875)

Hier bringt Engels es deutlich auf den Punkt. Der „Staat als solcher“ – womit der politische Gewaltapparat gemeint ist (und nicht die gesellschaftlichen Funktionen, die heute auch vom Staat wahrgenommen werden) – ist ein Instrument zur Aufrichtung und Absicherung der Klassenherrschaft. Die Arbeiterklasse nutzt dieses Instrument ebenso wie die Bourgeoisie zum Kampf und zur Niederhaltung der politischen Gegner. Sie hat somit ein „instrumentelles Verhältnis“ zur demokratischen Republik. Heute ist dieses „Instrument“ nach dem Charakter der herrschenden Klasse geformt. Es ist ein bürgerlicher Gewaltapparat; die Verteidigung des kapitalistischen Privateigentums ist seine wesentliche Aufgabe. Wir werden im Folgenden noch sehen, wie sich dies im Staats- und Verfassungsrecht widerspiegelt.

Andererseits ist die demokratische Republik nicht nur „die letzte Staatsform der bürgerlichen Gesellschaft“ – wie Marx es formulierte – sondern ebenso Ausgangspunkt der Herrschaft der Arbeiterklasse und ihrer Bündnispartner. Nur dass in dieser „demokratischen Republik“ sowohl die demokratischen Auswahlkriterien wie die Vertretungskörperschaften, als auch der weiterhin noch immer von der Gesellschaft getrennt existierende Gewaltapparat ihren Klassencharakter geändert haben. Die Aufgabenstellung der neuen Staatsgewalt besteht im Kampf für die Aufhebung des kapitalistischen Privateigentums. Die Arbeiterklasse nutzt den neuen Staatsapparat zur Aufhebung der Klassenunterschiede und damit zum Absterben des Staates, während die Bourgeoisie sich ihres Apparates bedient, um die Herrschaft ihrer Eigentumsverhältnisse und ihrer Klasse zu verewigen. Insofern ist die „demokratische Republik“ der Ort, in dem „der Klassenkampf definitiv auszufechten ist“.

Was hat Wagner nicht begriffen? Zum Ersten, dass der Staat von seinem Wesen her (Engels: „Staat als solcher“) einen von der Gesellschaft abgesonderten Gewaltapparat darstellt, der jeweils im Interesse der herrschenden Klasse agiert. Zum Zweiten, dass die Kommunisten für die ökonomischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen kämpfen, die ein Absterben des Staates und damit auch der Demokratie, als Staats- und Herrschaftsform, ermöglichen. Wagners „nicht instrumentelles Verhältnis“ zur demokratischen Republik verwischt den Klassencharakter des jeweiligen Staatsapparates und lässt insbesondere die heikle Frage nach dem Umschlagen von der bürgerlichen Republik in die proletarische im Dunkeln.

Staat und Gesellschaft

Die marxistische Auffassung von der Zukunft des Staates lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der von der Gesellschaft getrennt existierende Gewaltapparat mit seinen „sachlichen Anhängseln“ in die Gesellschaft zurückgenommen wird, dass – um es mit anderen Worten auszudrücken – der Gegensatz von Staat und Gesellschaft durch die Zurücknahme des Staates in die Gesellschaft aufgehoben wird. Die entscheidende Voraussetzung für eine solche Entwicklung ist die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, anschließend die Aufhebung des Gegensatzes von geistiger und körperlicher Arbeit und damit einhergehend die veränderte Einstellung des Individuums zur Arbeit und damit auch zur Gesellschaft. In diesem Prozess stirbt der „Staat als solcher“ ab. Was übrig bleibt, sind jene gesellschaftlichen Funktionen, die heute teilweise – und inzwischen immer weniger – staatliche Aufgabenbereiche sind (Bildung, Infrastruktur, Kranken- und Altenversorgung etc.). In welcher Form eine künftige Gesellschaft diese Aufgaben lösen wird, ist abhängig von dem jeweils erreichten Stand des wissenschaftlichen Fortschritts und der kulturellen Prägung der Menschen. Ein gesondert von der Gesellschaft existierender Gewaltapparat ist dafür unnötig. Die Demokratie verwandelt sich von einer Herrschaftsform in ein Verwaltungsinstrument(Entscheidung durch die Mehrheit).

Eine völlig andere Auffassung von der Zukunft des Staates haben die Bourgeoisie und das besitzende Kleinbürgertum. Für diese gesellschaftlichen Kräfte ist die Trennung von Staat und Gesellschaft die Voraussetzung für die Existenz der demokratischen Republik. Jegliche Aufhebung dieser Trennung wird als Schritt hin zum Totalitarismus und als Negation der demokratischen Republik verstanden. Der Bourgeois und auch der Kleinbürger haben zwei grundlegende Ansprüche gegenüber dem Staat. Zum Ersten soll er ihr Eigentum an den Produktionsmitteln schützen und dafür wird auch der teure und vielfach ungeliebte Repressionsapparat, der „Staat als solcher“ in Kauf genommen. Zugleich aber wollen diese Bürger vor dem Staat geschützt werden. Dafür wird der Staatsapparat vermittels der Gesellschaft auf Wahlen, Gesetze und Verordnungen festgelegt, die ihn an die bürgerlichen Freiheitsrechte, das Grundgesetz, die Menschenrechte etc. binden sollen. Diese Sicherungen sollen die bürgerliche Gesellschaft und in der demokratischen Republik auch – wenigstens der Theorie nach – das ganze Volk vor den Übergriffen der Staatsgewalt schützen.

Eine Aufhebung des Gegensatzes von Staat und Gesellschaft ist bei diesen Voraussetzungen nicht möglich. Ohne Staat kein Schutz des Eigentums an den Produktionsmitteln vor dem Rest der Gesellschaft und ohne Festschreibung gesellschaftlicher Rechte und Freiheiten keine Sicherheit vor den Übergriffen des Staatsapparates. Das ist gemeint, wenn ein bürgerlicher Staatsrechtler von der „doppelten Sicherung der Freiheit“ spricht. Hören wir, wie Herr Böckenförde, der diesen Beruf mit anerkannter Reputation ausübt, die Notwendigkeit der Trennung von Staat und Gesellschaft begründet:

„Die Aufrechterhaltung der Unterscheidung und Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft im demokratischen Staat bedeutet nicht die Aufhebung des demokratischen Prinzips, wohl aber eine gewisse Begrenzung und Einbindung desselben zum Zwecke der Sicherung der individuellen und gesellschaftlichen Freiheit. Die demokratische, sich vom Volke her konstituierende Herrschafts- und Entscheidungsgewalt wird auf diese Weise eingebunden in eine Vermittlung:

Einerseits wird die demokratische Willensbildung und Mitwirkungsfreiheit für die Entscheidungen der Organisationseinheit Staat durchgeführt, der Staat wird demokratischer Staat, auf der anderen Seite wird die Begrenzung und Funktionsreduzierung der Staatsgewalt im Hinblick auf die individuelle und gesellschaftliche Freiheit, die in der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft angelegt ist, beibehalten.

Die Freiheit wird also doppelt genäht: zur politischen Freiheit der Mitwirkung und Mitbeteiligung aller an den Entscheidungen der Staatsgewalt tritt hinzu die bürgerliche Freiheit der Einzelnen und der Gesellschaft vor bestimmten Zugriffen der Staatsgewalt überhaupt. Eben diese Konstituierung und zugleich Einbindung des demokratischen Prinzips um der doppelten Sicherung der Freiheit willen ist es, für die sich das Grundgesetz entschieden hat.“ (E.-W. Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit, Frankfurt am Main 1976, S. 198)

Hier taucht der Begriff des Privateigentums an den Produktionsmitteln nicht ein einziges Mal auf, da Böckenförde hier rein juristisch die Notwendigkeit der Trennung von Staat und Gesellschaft begründet. Bei diesem Thema kann es keinen Abstieg in die Niederungen des Kommerzes geben, hier geht es um die Freiheit des Individuums und der bürgerlichen Gesellschaft. Aber eben diese Freiheit, die die Staatsgewalt einerseits schützen soll (vor der Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln) und die anderseits vor eben dieser Staatsgewalt geschützt werden soll, beruht auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln. Am Ende seines Werkes kommt auch Böckenförde unter dem Titel „Aufriss eines Problems“ zum Privateigentum und damit zu dem Eingeständnis:

„Die gleiche rechtliche Freiheit bringt (…) soziale Ungleichheit hervor. Man kann diesen unterschiedlichen Ertrag der Freiheit nicht rückgängig machen wollen, ohne die Freiheit selbst als die reale Entfaltungschance für die Einzelnen rückgängig zu machen. Freiheit bedeutet, notwendigerweise, Inkaufnahme sozialer Ungleichheit.

An dieser Stelle entfaltet nun die dritte Komponente der Grundverfassung der modernen Gesellschaft ihre besondere Wirkung. Denn durch die Garantie des erworbenen Eigentums tritt eine Verfestigung der aus der Betätigung der Freiheit resultierenden sozialen Ungleichheit ein. Sie akkumuliert sich über die Generationen hinweg. Es entstehen neue, durch den Unterschied des Besitzes vermittelte Machtgegebenheiten und Machtstrukturen – Machterwerb und Machtausdehnung auf der einen, Machtverlust und Ohnmacht auf der anderen Seite. (…) Die soziale Ungleichheit schlägt um in soziale Unfreiheit. Darf das sein?“ (E.-W. Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit, Frankfurt am Main 1976, S. 338)

Es ist Herrn Böckenförde anzurechnen, die Crux der bürgerlichen Gesellschaft und ihres Staates zu Ende gedacht zuhaben. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln unterminiert die bürgerliche Demokratie, schafft „soziale Unfreiheit“ und reduziert die politische Freiheit der Besitzlosen so weit, dass sie ihre „rechtliche Freiheit gegenüber den Trägern gesellschaftlicher Macht nicht mehr realisieren können.“ (ebenda, S. 339) Der sich aufdrängende logische Schluss, dem Privateigentum an den Produktionsmitteln den Garaus zu machen und damit den ersten Schritt hin zur Aufhebung des Gegensatzes von Staat und Gesellschaft einzuleiten, den will und kann Böckenförde nicht ziehen. Dies hieße den bürgerlichen Rechtsstaat in Frage zu stellen und die Position des Marxismus zu beziehen.

„Wird demgegenüber die Funktionsreduzierung des Staates unter Berufung auf den demokratischen Charakter der staatlichen Entscheidungsgewalt aufgegeben, so reduziert sich die Freiheit auf die demokratische Mitwirkungsfreiheit. Denn eine Allzuständigkeit der demokratischen staatlichen Entscheidungsgewalt, eben weil sie demokratisch ist, bedeutet zugleich, dass die Einbeziehung des Einzelnen und der Gesellschaft in die staatliche Entscheidungsgewalt total wird. Demokratie heißt dann, dass alle über alles beschließen können; es gibt nur noch eine (Mitwirkungs-)Freiheit im demokratischen Prozess, nicht mehr eine Freiheit gegenüber dem demokratischen Prozess. Das Ergebnis ist die totale Demokratie, in der der Einzelne voll und ganz Glied des demokratischen Kollektivs ist, und die darum notwendigerweise einen totalitären Charakter annimmt.

An dieser Stelle zeigt sich die Ambivalenz des Begriffs Demokratisierung (…) Bedeutet sie, dass alle Bereiche gesellschaftlicher Freiheit einer demokratischen Bestimmungsgewalt partieller Kollektive unterstellt werden müssen, um so die Gesellschaft einerseits vom Staat frei zu machen und anderseits in sich zu demokratisieren, so ist sie eine Wegmarke zum Totalitarismus. Sie löst dann eben jene Konzentrierung der politischen Entscheidungsgewalt bei der staatlichen Organisation auf, die eine notwendige Bedingung zur Sicherung individueller Freiheit ist, gerade um sie gegenüber den Lenkungs- und Vereinheitlichungsansprüchen partieller gesellschaftlicher Kollektive zu gewährleisten.“ (E.-W. Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit; Frankfurt am Main 1976, S. 198 – 199.)

Wenn also „alle über alles beschließen können“ – wie Böckenförde es so treffend formuliert, so können auch „alle“ über das Privateigentum an den Produktionsmitteln und damit über die Freiheit des Eigentums entscheiden. Dies aber ist notwendigerweise ein Angriff auf die (bürgerliche) Freiheit selbst, da damit dem Individuum die „Freiheit gegenüber dem demokratischen Prozess“ genommen wird (das Privateigentum an den Produktionsmitteln verstaatlicht) und damit ein erster Schritt zur Aufhebung des Gegensatzes von Staat und Gesellschaft getan wird. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln, das Fundament, auf dem die Trennung von Staat und Gesellschaft und somit auch die bürgerliche Republik beruht, gerät in dem Moment in Gefahr, wo „alle Bereiche gesellschaftlicher Freiheit einer demokratischen Bestimmungsgewalt“ unterliegen. Dies ist ein Weg, wie Böckenförde richtig erkennt, der „die Gesellschaft einerseits vom Staat frei (macht)“ und auf dem andererseits die Gesellschaft sich selbst demokratisiert (das Prinzip der Mehrheitsentscheidung für alle wesentlichen gesellschaftlichen Entscheidungen). Für Böckenförde ist dies ein Weg hin zum Totalitarismus, da das Individuum dabei „voll und ganz Glied des demokratischen Kollektivs“ wird und die „Freiheit gegenüber dem demokratischen Prozess“ verliert.

Was hier deutlich wird ist die letztendliche Reduktion des bürgerlichen Freiheits- und Demokratiebegriffes auf das individuelle Recht auf Privateigentum an den Produktionsmitteln. Zur Sicherung dieses Rechts ist die Trennung von Staat und Gesellschaft Grundlage der demokratischen Republik. Wer für die Aufhebung dieser Trennung eintritt, wird als Verfechter des Totalitarismus gebrandmarkt. Wer dafür eintritt, dass „alle über alles beschließen können“, dass es keine „Freiheit gegenüber dem demokratischen Prozess“ mehr gibt, der ist kein Demokrat, sondern Anhänger der Herrschaft „partieller gesellschaftlicher Kollektive“, auch wenn sie die Mehrheit der jeweiligen Gesellschaft ausmachen. Demokrat ist nur, wer an der „Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft im demokratischen Staat“ festhält, denn diese Gegenüberstellung „bedeutet nicht die Aufhebung des demokratischen Prinzips, wohl aber eine gewisse Begrenzung und Einbindung desselben zum Zwecke der Sicherung der individuellen und gesellschaftlichen Freiheit“, wie Böckenförde eingangs dieses Abschnittes zitiert wurde. Da haben wir die Wagnersche „Demokratie als Wert an sich“ in Aktion: Nur indem die Demokratie sich „begrenzt“, indem eben nicht alle über alles entscheiden können, kann Demokratie die individuelle und gesellschaftliche Freiheit sichern. Und an die Existenz des Staates ist sie allemal gebunden, denn wenn alle über alles entscheiden, dann wird „eben jene Konzentrierung der politischen Entscheidungsgewalt bei der staatlichen Organisation (aufgelöst), die eine notwendige Bedingung zur Sicherung individueller Freiheit ist.“ Und an dieser Sicherung ist Wagner – wie sein ganzer Artikel demonstriert – ein Vielfaches mehr gelegen, als an der Aufhebung des Privateigentums.

„Demokratie“ oder „liberaler Verfassungsstaat“?

Haben wir im letzten Absatz bereits auf einige Probleme der demokratischen Republik hingewiesen, die ihren Charakter nur dadurch garantieren kann, dass sie die Demokratie „begrenzt“, so wollen wir im Folgenden kurz auf ihre (europäische) Entstehungsgeschichte eingehen und noch einmal ihre staatsrechtlichen Grundlagen beleuchten, die Wagner allesamt vollständig ignoriert. Dabei wollen wir aufzeigen, dass es von der demokratischen Republik wie wir sie in der BRD kennen, weder verfassungsrechtlich noch logisch einen Weg zum Sozialismus und Kommunismus gibt, der all jene demokratischen Garantien, die für den Wagnerschen Sozialismus so unersetzlich sind, ernsthaft politisch festschreiben kann. Sie sind sowohl historisch als auch politisch – ausgedrückt in der Entwicklung des Verfassungsrechts – an die bürgerliche Republik gebunden.

Sind wissenschaftliche Definitionen nicht Wagners Sache, so können wir aber seinem Text entnehmen, was der Autor sich unter Demokratie vorstellt. Er schreibt:

„Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Rechtsstaat, unabhängige gesellschaftliche Organisationen beschränken auch die Macht der Personen, die sie ausüben. Ein Richter, Regierungsbeamter oder Kapitalist kann bürgerliche Politik machen, gute oder schlechte, er kann die Bürger aber nicht nach Belieben schikanieren oder eine Willkürherrschaft ausüben. Das halte ich für einen Wert an sich – auch unabhängig von der Frage der Verbesserung der Kampfbedingungen der Arbeiterklasse. Es ist eine zivilisatorische Errungenschaft, dass Menschen nicht gefoltert, verschleppt oder ermordet werden können. Übertreten Machthabende den gesetzlichen Rahmen, so erfährt meistens die Öffentlichkeit davon und der Druck zwingt zur Veränderung.

Wer heute behauptet, Demokratie sei kein Wert an sich, der hat die moderne bürgerliche Gesellschaft schon so verinnerlicht, dass er sich das Leben in einer Diktatur nicht mehr vorstellen kann.“

Hier wird bereits einiges von der Begriffsverwirrung, die Wagners ganze Arbeit durchzieht deutlich. Was es mit diesem Dreigestirn von „Richter, Regierungsbeamter oder Kapitalist“ auf sich hat, soll uns später interessieren. Was Wagner eigentlich sagen wollte, und durch die Einführung seiner drei Prototypen erst einmal verwirrt, steht im zweiten Teil seines Satzes. In der BRD sind sowohl Beamte als auch Besitzer von Produktionsmitteln an das Grundgesetz und das bürgerliche Recht gebunden. Auf dem Boden dieser Rechte können Beamte, Richter und Kapitalisten keine politische „Willkürherrschaft“ über die betroffenen Teile der Bevölkerung ausüben. Ihren Beruf können sie nur im Rahmen der Gesetze ausüben, bzw. das Privateigentum auch nur im Rahmen der bestehenden Gesetze nutzen und sichern. Den betroffenen Teilen der Bevölkerung steht der Rechtsweg zur Anfechtung bestimmter Entscheidungen von Beamten oder im Arbeitsrecht gegen bestimmte Handlungen des Kapitals offen.

Dies ist ein bedeutender politischer, zivilisatorischer und verfassungsrechtlicher Fortschritt gegenüber gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen die Staatsgewalt über dem Gesetz steht und in der politischen Praxis mit dem Privateigentum vor Ort gemeinsam handelt. Hier stimmen wir mit Wagner einmal vollständig überein: „Es ist eine zivilisatorische Errungenschaft, dass Menschen nicht gefoltert, verschleppt oder ermordet werden können.“ Nur hat dieser Fortschritt historisch betrachtet, erst einmal gar nichts mit der „Demokratie“ zu tun. Der „liberale Verfassungsstaat“, der die Gewaltenteilung, die Freiheit von willkürlicher Folter, Verschleppung und Mord und die Grundzüge der Pressefreiheit auf seine Fahnen schreibt, also die wesentlichen Elemente der Wagnerschen „Demokratie als Wert an sich“, ist ein Produkt des Kampfes des Bürgertums gegen die absolute Monarchie und hat seinen Ursprung im England des 17. Jahrhunderts, im Kampf des Parlaments gegen die Versuche der Stuarts, eine absolutistische Monarchie aufzurichten.

Der Verfassungsstaat unterscheidet sich vom absolutistischen Staat durch die Gewaltenteilung, die die Staatsgewalt an ein vorgegebenes Recht bindet. Beim Verfassungsstaat ging es darum, „den Inhaber der Exekutive (früher König oder Fürst) an ein Verfassungsrecht und an Gesetze zu binden, die er nicht allein schaffen, aufheben, ändern oder durchbrechen konnte, die vielmehr in der Verfügungsmacht einer von ihm unabhängigen Gewalt (Legislative) standen. Nur wo er überhaupt an Recht gebunden ist, kann er auch an Menschenrechte gebunden sein. Die Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive ist für sich allein zwar noch kein Garant für Menschenrechte, aber ihre erste Voraussetzung, (eine) notwendige Bedingung.

Eine zweite Lehre, die sich historisch anschloss und erst im Laufe des 19. Jahrhunderts durchzusetzen begann, war die Erforderlichkeit richterlicher Kontrolle der Exekutive auf die Vereinbarkeit ihrer Maßnahmen mit Verfassung und Gesetzen. (…) Die richterliche Kontrolle setzt persönliche und sachliche Unabhängigkeit des Richters voraus. So mündet die politische Aufklärung also in die Lehre von der Dreiteilung der Gewalten in Legislative, Exekutive und Judikative.“ (Martin Kriele, Einführung in die Staatslehre, Opladen 1994, S. 121 – 122.)

Der hier beschriebene „liberale Verfassungsstaat“ ist deutlich älter als der heute in der BRD vorhandene „demokratische Verfassungsstaat“, der auf dem allgemeinen Wahlrecht beruht. „Unter dem demokratischen Verfassungsstaat verstehen wir den parlamentarischen Verfassungsstaat, der demokratisiert worden ist. Demokratisierung des Verfassungsstaates bedeutet die Ergänzung des Prinzips der Freiheit um das Prinzip der Gleichheit, insbesondere also die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts“ (derselbe, S. 279, alle Hervorhebungen im Original). Hier nun tritt die Demokratie, die sog. „Volksherrschaft“ zum liberalen Verfassungsstaat hinzu. Historisch geschieht dies zum Ende der 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Europa und in abgewandelter Form in den ehemaligen europäischen Kolonien in Nordamerika. Wagner verwechselt den „liberalen Verfassungsstaat“ mit der „Demokratie“ schlechthin.

Der Verfassungsstaat kennt keinen Souverän

Verbleiben wir noch etwas bei dem Verfassungsstaat und seinen staatsrechtlichen Grundlagen, wie sie sich in den letzten Jahrhunderten in Europa und Nordamerika mit der Herausbildung und Festigung der Herrschaft der Bourgeoisie entwickelt haben. Seine Anhänger argumentieren, dass nur im Verfassungsstaat „Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Rechtsstaat, unabhängige gesellschaftliche Organisationen“, also die Wagnersche Demokratie als Wert an sich, gesicherte individuelle bzw. gesellschaftliche Rechte sind. Dies sei deshalb der Fall, weil der Verfassungsstaat keinen Souverän, keinen Oberherrn oder Herrscher kennt. Der Verfassungsstaat selbst als Gesamtheit der Staatsorgane und des Staatsrechts ist vielmehr gegenüber der Gesellschaft souverän und damit garantiert er die Menschenrechte. Die Souveränität der Gesellschaft gegenüber dem Verfassungsstaat endet mit der Legitimierung der Verfassung durch Plebiszit oder Parlamentsbeschluss, oder beginnt erneut mit dem Sturz des bestehenden Verfassungsstaates. Während seiner Existenz aber kennt der Verfassungsstaat keinen anderen Souverän als sich selbst. Somit garantiert der Verfassungsstaat die in der Verfassung definierten Rechte unabhängig von den schwankenden Meinungen und Mehrheiten im Volk, im Parlament oder in der Regierung. Entsprechend hoch sind die Hürden für eine Verfassungsänderung auf parlamentarischem Weg z. B. in der BRD gelegt (Zweidrittelmehrheit im Bund und in den Ländern). In seinem Kern (Art. 1 und 20) darf das Grundgesetz der BRD gar nicht geändert werden. Hören wir Herrn Kriele dazu:

„1. Im Verfassungsstaat kann es keinen Souverän geben. 2. Nur wenn es keinen Souverän gibt, gibt es eine verlässliche, auf Menschenrechten und nicht nur auf Toleranz beruhende Freiheit. (…)

Volkssouveränität heißt also nicht, dass das Volk die Gewalt ausübt, sondern dass die Gewalt, die geteilt ist und von verschiedenen Verfassungsorganen ausgeübt wird, vom Volk ‚ausgeht‘. Innerhalb des Verfassungsstaates sind auch dem Volk nur bestimmte Kompetenzen und Rechte zugewiesen, nämlich zu Wahlen und Abstimmungen, zu Petitionen, zur Bildung der öffentlichen Meinung usw.

Für den Verfassungsstaat bedeutet Volkssouveränität also, dass der ‚pouvoir constituant‘ (verfassungsgebende Gewalt) und die Trägerschaft der Staatsgewalt beim Volk liegen. Da sich der Begriff der Volkssouveränität in diesen beiden Elementen erschöpft, ist Volkssouveränität ohne weiteres vereinbar mit dem Satz, dass es innerhalb des Verfassungsstaates keinen Souverän gibt. Die Volkssouveränität tritt unmittelbar nur am Anfang oder am Ende des Verfassungsstaates auf, bei seiner Konstituierung und bei seiner Abschaffung.

(…) Der demokratische Souverän gibt, indem er vom ‚pouvoir constituant‘ Gebrauch macht, seine Souveränität auf. Er ist als politischer Faktor nur latent vorhanden. Er tritt erst wieder in Funktion, wenn der Verfassungsstaat zusammenbricht. Man kann auch sagen: Die demokratische Souveränität ruht, solange der Verfassungsstaat besteht.“ (derselbe, S. 273 – 277, alle Hervorhebungen im Original)

Diese Interpretation hat nicht nur die formale Logik und das Staatsrecht auf ihrer Seite, sondern auch die Klasseninteressen der Bourgeoisie. So garantiert der Verfassungsstaat das Privateigentum an Banken, Versicherungen und Fabriken, auch wenn eine Mehrheit des Volkes der Auffassung wäre, dass eine solche Besitzverteilung nicht in seinem Interesse ist. Und dies garantiert nicht nur der liberale, sondern ebenso der demokratische Verfassungsstaat der BRD, der auf dem allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht beruht. Dies erklärt uns, wie die Bourgeoisie auch in einem demokratischen Verfassungsstaat ihre Besitztitel erhalten und politische Herrschaft ausüben kann, da das Volk nicht gegenüber dem Verfassungsstaat, sondern der Verfassungsstaat mit seinen Organen gegenüber dem Volk souverän ist. Wie wesentlich dieser Tatbestand für alle Anhänger des demokratischen Verfassungsstaates ist, verdeutlicht Kriele in seinen weiteren Ausführungen:

„Es gibt Theorien der Demokratie, die den Volkssouverän nach dem Modell des monarchischen Souveräns konstituieren, die gewissermaßen nur den Monarchen durch das Volk ersetzen. Die Volkssouveränität ruht nicht, sondern der Volkssouverän bleibt ständig präsent und handlungsfähig. Damit ist das Wesen des Verfassungsstaates im Kern verneint. (…) Ebenso wie der monarchische Souverän steht der Volkssouverän bzw. sein oder seine Vertreter nicht in oder unter der Verfassung, sondern über ihr. Das bedeutet praktisch, dass der Volkssouverän ebenso wie der monarchische Souverän die rechtlichen Realbedingungen der individuellen Freiheit durchbrechen oder aufheben kann, womit er zugleich die Realbedingungen der Demokratie selbst aufheben würde. Hingegen hebt sich im demokratischen Verfassungsstaat die Volkssouveränität selbst auf, gewährleistet so Freiheit und Menschenwürde und schafft gerade dadurch die Voraussetzung für die Demokratie.“ (derselbe, S. 277, alle Hervorhebungen im Original)

Eine wirklich gelungene Formulierung, die Kriele uns hier bietet. Im „demokratischen Verfassungsstaat (hebt sich) die Volkssouveränität selbst auf und schafft gerade dadurch die Voraussetzung für die Demokratie“. Hier ist es auf den Punkt gebracht: Die Voraussetzung der bürgerlichen Demokratie ist die Aufhebung der Volkssouveränität. Nur indem dem Volk die Macht genommen wird, die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse entsprechend seinen Interessen zu gestalten und fortwährend umzugestalten, sind Freiheit, Menschenwürde und Demokratie gesichert. Das ist die Realität des demokratischen Verfassungsstaates, in der BRD auf die Spitze getrieben durch Art. 79, Absatz 3, der Verfassung, der dem Volk grundsätzlich das Recht auf Änderung der Verfassung abspricht (kein Recht auf Volksabstimmung zur Änderung der Verfassung). Alle Staatsgewalt geht auch in der BRD-Verfassung vom Volk aus, um dann in den Händen der herrschenden Klasse zu verbleiben. Zurück in die Hände des Volkes gelangt sie erst wieder beim „Ende des Verfassungsstaates (…) bei seiner Abschaffung“ (ebenda).

Kriele fasst seine Ausführungen zum Thema Verfassungsstaat und Demokratie in einem treffenden Satz zusammen: „Kurzum: Demokratie setzt einen Verfassungsstaat voraus, in dem es keinen Souverän gibt.“ (ebenda, S. 275) Ebenso kurz kann man die marxistische Auffassung über eine mögliche Entwicklung hin zum Sozialismus und Kommunismus in einem Satz zusammenfassen: Das Volk muss als ersten Schritt seine Souveränität über die Verfassung und den Staat wieder herstellen, um die Bedingungen für die Abschaffung einer über dem Volk stehenden Verfassung und des Staates zu legen.

Wie kommen wir nun von diesem demokratischen Verfassungsstaat, der uns die Gewaltenteilung und die Menschenrechte – die Wagnersche Demokratie als Wert an sich – ebenso garantiert wie der Bourgeoisie ihre Besitztitel und die politische Herrschaft, wie kommen wir von diesen Verhältnissen zu einer kommunistischen Gesellschaft, in der die Gesellschaft die politische Gewalt in ihre Hände zurückgenommen hat? Der erste Schritt in diese Richtung kann offenkundig nur darin bestehen, dass das Volk sich als Souverän der Verfassung und des Staates mit allen seinen Organen setzt. In diesem Moment aber sind alle Rechte nicht mehr garantiert, sondern nur vom Volk bzw. seinen Vertretern gewährt und damit jederzeit aufhebbar. Die demokratische Entscheidung des Volkes definiert dann mit jedem seiner Erlasse, welche Rechte und Besitztitel in seinem Interesse gewährt oder nicht gewährt werden. Der demokratische Verfassungsstaat ist damit Vergangenheit.

Wir können es auch anders ausdrücken. Die demokratische Republik, wie sie in unterschiedlichen Ausprägungen in Europa und Nordamerika Gestalt angenommen hat, ist ein adäquater staatlicher Überbau über die vorhandene bürgerliche Gesellschaft. Die Verfassungen der heutigen demokratischen Republiken drücken diesen Tatbestand aus und sind damit an zwei unaufgebbare Prämissen gebunden: Den Schutz der privaten Eigentums an den Produktionsmitteln und den Ausschluss des Volkes von der Ausübung der Staatsmacht. Niemals dürfen „alle über alles entscheiden dürfen“, wie Böckenförde es so treffend formulierte.

Auch der bereits mehrfach zitierte Herr Kriele ist sich dessen bewusst, wenn er schreibt, „dass sowohl Sozialisten (soweit sie nicht Marxisten sind)“ – hier hat der Staatsrechtler Kriele den demokratischen Sozialisten Wagner auf den Punkt gebracht – „als auch Besitzindividualisten (gemeint sind die Eigentumsinteressen der Bourgeoisie, A. S.) Gewaltenteilung und Menschenrechte durchaus ehrlich anerkennen können. (…) Die Sozialisten bejahen den Verfassungsstaat unter der Bedingung, dass die Eigentums- und Produktionsverhältnisse in ihm überwunden, die Besitzindividualisten unter der Bedingung, dass sie in ihm aufrechterhalten werden können. (…) Aus beiden Perspektiven kann der Verfassungsstaat keine stabile Konsensgrundlage sein. (…) Wenn beide auf Sieg hoffen, bejahen beide den Verfassungsstaat, aber mindestens einer von beiden muss im Irrtum sein und dies über kurz oder lang bemerken. Wenn eine Seite die Zuversicht verliert, unter den Bedingungen des Verfassungsstaates siegen zu können, wird sie den Verfassungsstaat in Frage stellen – aus demokratischen Sozialisten werden dann marxistische Revolutionäre, aus demokratischen Besitzindividualisten werden Befürworter von Putsch und Diktatur.“ (ebenda, S. 203 – 204) Dass für die Bourgeoisie die Begeisterung für die demokratische Republik ein Ende hat, wenn in ihr das Privateigentum an den Produktionsmitteln in Frage gestellt wird, ist eine historisch leicht belegbare Tatsache; dass aber aus einem „demokratischen Sozialisten“ jemals ein marxistischer Revolutionär wurde, ist zumindest mir nicht bekannt.

Die „Menschenrechte“

Wagner verkündet: „Der Sozialismus sollte auf den Menschenrechten aufbauen und sie vervollkommnen. Nur ein Menschenrecht wird es nicht geben: Den Privatbesitz an Produktionsmitteln und Grund und Boden.“ Damit wissen wir, welches „Menschenrecht“ in Wagners demokratischem Sozialismus fehlen wird – wir werden weiter unten noch sehen, dass Wagner mit diesem Menschenrecht keineswegs so streng umspringt, wie gerade angekündigt (siehe dazu Petra Bach) – aber warum Wagner eine der vielen Menschenrechtsdeklarationen die es bis heute gibt, den anderen gegenüber vorzieht, darüber lässt er uns im Ungewissen. Welche der vielen Deklarationen der „Menschenrechte“ von der „Magna Charta“ 1215 angefangen, über die amerikanische Unabhängigkeitserklärung (1786), die Erklärung der französischen Nationalversammlung (1789) bis hin zu den Deklarationen der UNO (1948), des Europarates (1950), den UN-Beschluss Nr. 32/130 von 1977, die Schlussakte der KSZE-Konferenz von 1975, der Charta von Paris von 1990 – und diese Liste ließe sich bequem noch weiter ergänzen – definieren denn nun die „Menschenrechte“. Inzwischen gibt es zu diesen allgemeinen Deklarationen der Menschenrechte auch spezifisch regionale Menschenrechtsdokumente, so die amerikanische Konvention über Menschenrechte vom November 1969 und die afrikanische Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 27. Juni 1982, beschlossen von der Organisation für afrikanische Einheit (OAU). Einen Überblick über die Gesamtheit der bis 1990 vorliegenden Menschenrechtserklärungen gibt die Bundeszentrale für politische Bildung in einer Dokumentation von knapp über 400 Seiten unter dem Titel „Menschenrechte – Dokumente und Deklarationen“ (Bonn 1991). Wagner hat sich schließlich in der Endfassung seines Aufsatzes für die UNO-Deklaration von 1948 entschieden, eine eindeutig durch die europäische Geschichte, durch den Emanzipationskampf des Bürgertums gegen die absolute Monarchie geprägte Definition der Menschenrechte.

Die Fülle der Dokumente, von denen hier nur die wichtigsten angeführt sind, macht eins deutlich: Die Menschenrechte sind offenkundig nicht so leicht auf den „Begriff“ zu bringen, sie unterliegen sehr unterschiedlichen Interpretationen und einem fortwährenden inhaltlichen Wandel. Die französische Revolution definierte die Menschenrechte als vom Staat unabhängige, in der Natur des Menschen begründete Rechte. Sie begründete jene „Menschenrechte“, die man als „liberale Verteidigungsrechte“ des Individuums bezeichnen kann und die die Grundlage des liberalen Verfassungsstaates bilden. Die späteren Definitionen beinhalten weiter gehende soziale Forderungen und Schutzbestimmungen, wie das Recht auf einen „gerechten Lohn“, Frauen- und Kinderschutzbestimmungen, Recht auf Bildung, also soziale Rechte. Die UN-Resolution von 1977 rückt die Fragen der Apartheid, des Kolonialismus, der Verfügung über die Rohstoffquellen und der Ordnung der Weltwirtschaft in den Vordergrund.

Ernst Topitsch schreibt, nachdem er einen kurzen Überblick über einige Menschenrechtsdeklarationen von der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung bis zur UN-Resolution von 1977 gegeben hat: „Schon diese knappe Skizze zeigt mit aller Deutlichkeit, welche Wandlungen die Menschenrechte im Laufe zweier Jahrhunderte erfahren haben. Auf diese Weise sind sehr widerspruchsvolle Kataloge entstanden, die der Auslegung weiten Spielraum lassen. (…) Das wohl krasseste Beispiel dafür bildet die (…) Verfassung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 5. Dezember 1936. Sie garantiert etwa in Artikel 124 die Glaubens- und Gewissensfreiheit, in Artikel 125 die Redefreiheit, die Pressefreiheit, die Meetings- und Versammlungsfreiheit sowie die Freiheit von Straßenumzügen und Straßenkundgebungen. Ein Kommentar ist hier überflüssig“, meint Topitsch. (Menschenrechte – Historische Aspekt, Berlin 1981, S. 13/14.)

Nicht aber für uns. Hatte Wagner doch gefordert: „Der Sozialismus sollte auf den Menschenrechten aufbauen (…)“ und nun finden wir denselben Gedanken in der Stalinschen Verfassung von 1936. Offenkundig bringt uns die Forderung nach „Menschenrechten“ dem demokratischen Sozialismus nicht näher. Und dies aus gutem Grund. Die Forderung nach der „Verwirklichung der Menschenrechte“ hat für jedes Land, hat für jeden Zeitabschnitt und für jede soziale Schicht einen anderen Inhalt. Die „Menschenrechte im Allgemeinen“ sind eine idealistische und damit substanzlose Phrase.

Machen wir dies konkret. Welche Bedeutung hat die Freiheit der Presse in einer von Analphabeten geprägten Gesellschaft? Oder wie definiert man Pressefreiheit auf einer entwickelteren Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung, wenn alle entscheidenden Kommunikationsmittel staatliches Eigentum sind? Wie wichtig ist das Recht auf Versammlungsfreiheit oder das allgemeine Wahlrecht in einer nicht urbanen Stammesgesellschaft? Wie unentbehrlich ist das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung für jene hundert Millionen von Armen, die auf der Straße leben? Diese durchaus beliebig vermehrbaren Fragen machen eins deutlich: Der politische und soziale Inhalt der Forderung nach der Verwirklichung der „Menschenrechte“ ist für jedes Land, für jeden Entwicklungsabschnitt der Gesellschaft und für jede soziale Schicht in der jeweiligen Gesellschaft ein anderer. Die vermeintliche Universalität der „Menschenrechte“ ist eine substanzlose Phrase fern der politischen Realität. Die weiter vorn aufgelisteten Deklarationen der Menschenrechte, sind nichts anderes als ein fortgesetzter Beleg der Nichtfassbarkeit der „Menschenrechte“ in sich kontinuierlich ändernden und von Klassenfronten zerklüfteten sozialen und politischen Verhältnissen.

Der demokratische Verfassungsstaat ist europäischen Ursprungs

Letztendlich kommen wir den „Menschenrechten“ nur näher, wenn wir sie historisch betrachten. Die Forderung nach der Verwirklichung der Menschenrechte war eine Kampfparole des westeuropäischen Bürgertums in seiner Auseinandersetzung mit der absoluten Monarchie. Dementsprechend sind auch das westliche Europa und seine nordamerikanischen Kolonien die Geburtsstätte der „Menschenrechte“. Ihre jeweils unterschiedliche Ausprägung, ob nun mit naturrechtlicher (französische Revolution) oder verfassungsrechtlicher Begründung (England und Nordamerika) spiegeln nur den konkreten Verlauf des bürgerlichen Kampfes gegen die absolute Monarchie in den verschiedenen Ländern wider. Ihren Niederschlag haben die Rechte in den Verfassungen der jeweiligen Staaten gefunden (liberaler bzw. demokratischer Verfassungsstaat).

Diese Rechte nun ihres historischen Ursprungs zu entkleiden, sie in die Verfassungen der restlichen Welt hineinzuschreiben, ist ein rein deklamatorischer Vorgang ohne gesellschaftliche Relevanz. Es gibt weder in China noch in Russland ein Bürgertum, das seinen gesellschaftlichen Aufstieg und die politische Macht im ideologischen, juristischen und politischen Kampf mit der absoluten Monarchie erstritten hat. Es gibt in diesen Ländern ebenso wenig ein Kleinbürgertum, das an der Seite der Bourgeoisie diese Schlachten mit ausgefochten hätte. Ganz im Gegenteil ist der heutige chinesische Bourgeois ganz und gar abhängig von der absolutistischen Staatsgewalt, die ihm seine Produktionsbedingungen verschafft und ihn vor dem Zorn der Massen schützt. Der Aufstieg des Kapitals vollzieht sich in diesen Staaten im Bündnis mit der absoluten Staatsmacht. Hier existiert das Wagnersche Dreigestirn von Richter, Kapitalist und Beamten, das eine despotische Willkürherrschaft im Interesse des sich entwickelnden Kapitals ausübt.

Zweifelsfrei wäre ein demokratischer Verfassungsstaat hier ein großer gesellschaftlicher Fortschritt. Allein, die Klasse, die denselben historisch in Europa erkämpft hat, hat in der Mehrzahl der Staaten der zweiten und dritten Welt gar kein Interesse an seiner Aufrichtung. Und die breiten Massen der Bevölkerung kämpfen in erster Linie für ihre soziale Befreiung, für Land und Arbeit, und dies sowohl gegen den Staat als auch gegen das Kapital. Die Forderung nach Demokratie und Menschenrechten ist in diesen Staaten zumeist die Forderung des ausländischen Kapitals nach Sicherung seiner Investitionen vor der Willkür des Dreigestirns von einheimischen Kapitalisten, Richtern und Beamten.

Der „demokratische Verfassungsstaat“ hat nur in Teilen Europas und mit Abstrichen in Nordamerika eine gesellschaftliche, d. h. klassenspezifische Grundlage. In anderen Staaten (Russland, China, Indien, Indonesien, etc.) steht er nur auf dem Papier, da es keine gesellschaftliche Kraft in diesen Ländern gibt, die ein ernsthaftes Interesse an seiner Verwirklichung besitzt. Die historischen Bedingungen des Aufstiegs der europäischen Bourgeoisie zur gesellschaftlich und später auch politisch führenden Kraft, der sich über mehrere Jahrhunderte vollzog, fehlen in eben diesen Ländern. Dort entsteht das nationale Kapital nur im Schutz der Staatsmacht und im direkten Gegensatz zu den breiten Massen der Bevölkerung. Der liberale oder demokratische Verfassungsstaat besitzt in diesen Staaten keine gesellschaftliche Grundlage.

Nehmen wir die Entwicklung Russlands in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten. Ist Russland vorangekommen auf dem Weg zu einer demokratischen Republik? „Die parlamentarische Demokratie in Russland ist mehr oder weniger tot. Die Frage ist nicht mehr, ob oder wann Russland eine politische Demokratie werden kann, sondern warum es, jedenfalls auf absehbare Zeit, keine werden wird“, fragt die FAZ und konstatiert dazu: „Und eine Demokratie, in welcher dem Präsidenten die führende Rolle für alle Angelegenheiten des öffentlichen Lebens anheim gefallen ist, mag man euphemistisch gelenkte Demokratie nennen. Eigentlich jedoch handelt es sich um ein neoautoritäres System. (…) Politische Parteien verfügen, vielleicht mit Ausnahme der Kommunisten, über keine gesellschaftliche Verankerung. (…) (Dies) macht es dem Kreml und den Gouverneuren in den Provinzen leicht, politische Parteien als Wahlverein aufzuziehen. Da die öffentliche Meinung schärfstens gegängelt wird, funktioniert das gut. (…) Die unter Putin erreichte relative Stabilität der russischen Regierung legt es nahe, sie als etablierte autoritäre Herrschaft zu begreifen.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. Januar 2004)

Oder nehmen wir die Entwicklung in China: „Für die Unternehmer ist der Eintritt in die Kommunistische Partei und die Übernahme eines Verwaltungspostens ein Schutz vor den Unwägbarkeiten der Politik. (…) Die Übernahme einer politischen Funktion bietet aber auch für die Geschäftsleute die große Gelegenheit, die lokale Politik zugunsten ihres Unternehmens zu beeinflussen und sich dadurch Vorteile gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Mai 2004) Und die FTD berichtet: “ Frau Liu leitet die Zivilrechtsabteilung am Gericht von Xiangxiang. In Personalunion arbeitet sie außerdem als Rechtsberaterin einer Entwicklungsfirma“ (,die den Bauern das Land wegnehmen will, A. S.). „Die Entwicklungsfirma gilt als privat geführtes Unternehmen, doch ihr Leiter ist zugleich Parteisekretär der staatlichen Immobilienfirma von Xiangxiang. Ohne Genehmigung des lokalen Parteikomitees darf oder will die Firmenleitung sich nicht äußern und die Genehmigung wird verweigert.“ (Financial Times Deutschland vom 30. Juli 2003)

Hier haben wir an zwei Beispielen aus China, die sich bei eifriger Pressebeobachtung beliebig vervielfachen ließen, das Dreigestirn von Richter, Regierungsbeamten und Kapitalisten (teilweise sogar in Personalunion) in Aktion. Es ist in gewisser Weise typisch für den Weg der Durchsetzung des Kapitalismus in Ländern der zweiten und dritten Welt. Die Forderung, in diesen Ländern einen „demokratischen Verfassungsstaat“ zu etablieren, entspringt einerseits den Wünschen begrenzter Teile des intellektuellen Kleinbürgertums, insofern es im Staatsapparat kein Auskommen findet; anderseits – und dies ist in der heutigen Welt von entscheidenderer Bedeutung – ist dies die Forderung des internationalen Kapitals. Der „demokratische Verfassungsstaat“ soll diesem Kapital Rechtssicherheit und Chancengleichheit mit dem inländischen Kapital verschaffen, dass auf dem Boden der Zusammenarbeit von Justiz, Regierung und Kapital seinen Platz gegen das ausländische Kapital bei der Ausbeutung der Massen sichern will.

Deshalb sind Wagners Demokratieforderungen für den Rest der Welt so absurd und transportieren – sicherlich ungewollt – nur die Interessen der USA, der EU und des Internationalen Währungsfonds. Als Kommunisten haben wir da sicherlich andere Aufgaben, als für den freien Kapitalverkehr in der dritten Welt zu kämpfen.

Verfassungstheorie und gesellschaftliche Wirklichkeit

Kommen wir von der politischen Theorie und dem Staatsrecht zurück zu Kolja Wagner und den gesellschaftlichen Verhältnissen in der BRD. Wagner schreibt zur bürgerlichen Demokratie wie wir sie hier in der BRD vorfinden: „So demokratisch ein bürgerlicher Staat auch ist, er garantiert für den Erhalt der kapitalistischen Produktionsweise und wird sie notfalls mit Gewalt verteidigen. Der Staat dient sozusagen als ideeller Gesamtkapitalist – manchmal auch gegen die konkreten Interessen des Kapitals.“

Wie kommen wir nun von dem demokratischen bürgerlichen Staat, der laut Wagner die kapitalistische Produktionsweise auch mit Gewalt verteidigt, zu seinem demokratischen Staat des ganzen Volkes, in dem die kapitalistische Produktionsweise durch die Vergesellschaftung der Produktionsmittel aufgehoben wurde? Folgende verstreut in seinem Artikel angeführte Passagen bietet uns Wagner als Antwort:

  • „Ein Privilegierter der alten Gesellschaft kann sich eher mit seiner Entmachtung abfinden, wenn er weiß, dass er nicht auch noch erschossen wird und eine neue Chance bekommt.“
  • „Mit friedlicher Umwälzung ist hier keineswegs ein Weg zum Sozialismus auf dem Boden des Grundgesetzes und einer Zweidrittelmehrheit im Parlament gemeint. Zu friedlichen Kampfformen könnten auch Streiks, Boykotte, ziviler Ungehorsam oder Befehlsverweigerung gehören.“
  • „Weder die Unternehmerverbände noch die Bundesregierung können ihre Politik in der Gesellschaft eins zu eins umsetzen. In so fern wird die politische Macht des Kapitals durch die bürgerliche Demokratie beschränkt.“

Dies alles ist doch etwas wenig um eine Staatsmacht zu überzeugen, die „den Erhalt der kapitalistischen Produktionsweise (…) notfalls mit Gewalt verteidigen (wird)“. Dazu hat diese Staatsmacht nicht nur die Gewalt, sondern auch noch das Recht in Form des Grundgesetzes auf ihrer Seite. Dies alles mit Sitzblockaden, zivilem Ungehorsam und Versprechungen an das Kapital, dass es in einer anderen Gesellschaftsordnung arbeiten darf (bzw. wie Wagner es zweideutiger formuliert, „eine neue Chance bekommt“), überwinden zu wollen, setzt einen größeren Glauben an gesellschaftliche Wunder voraus, als es der Katholizismus mit der Jungfrauengeburt von seinen Anhängern verlangt.

Versuchen wir es einmal mit Marx und seinen Ausführungen zur demokratischen Republik. Hier könnte Wagner scheinbar eher eine Argumentationshilfe für seine Ansichten gewinnen. „Der umfassende Widerspruch aber dieser Konstitution besteht darin: Die Klassen, deren gesellschaftliche Sklaverei sie verewigen soll, Proletariat, Bauern, Kleinbürger, setzt sie durch das allgemeine Stimmrecht in den Besitz der politischen Macht. Und der Klasse, deren alte gesellschaftliche Macht sie sanktioniert, der Bourgeoisie, entzieht sie die politischen Garantien dieser Macht. Sie zwängt ihre politische Herrschaft in demokratische Bedingungen, die jeden Augenblick den feindlichen Klassen zum Sieg verhelfen und die Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft selbst in Frage stellen.“ (MEW, Bd. 7, S. 43)

So treffend diese Ausführungen für die französische Republik zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren, so wenig spiegeln sie die heutige gesellschaftliche und politische Wirklichkeit wider. Die Bourgeoisie hat ihre Lehren aus den Klassenkämpfen gezogen. Der von Marx konstatierte „umfassende Widerspruch“ der bürgerlichen Demokratie wird durch die heute existierenden Verfassungen ausgeschlossen. Wer eine andere als die bürgerlich-demokratische Republik will, ist per Gesetz ein Verfassungsfeind. Politische Gruppierungen mit diesen Vorstellungen werden bestenfalls geduldet (solange sie keine gesellschaftliche Relevanz besitzen). In keinem Land der sog. „westlichen Demokratien“ sind politische Parteien verfassungskonform, die den Sturz der Bourgeoisie und die Aufhebung des Privateigentums auf ihre Fahnen geschrieben haben. Zur Wahl stehen letztlich immer nur solche politischen Kräfte, die fest auf dem Boden der bürgerlichen Demokratie stehen. Oder wie es die FAZ trefflich an einem Beispiel illustriert: „Am 2. November werden die amerikanischen Wähler entscheiden, welches Paar weißer Millionäre Präsident und Vizepräsident sein soll: George W. Bush und Dick Cheney oder John Kerry und John Edwards. (…) John Edwards, wohlhabender Anwalt für Schadensfälle, und der noch wohlhabendere John Kerry haben sich zu Fürsprechern der Darbenden Amerikas ernannt. Mit den Stimmen der Wähler aus der Mittel- und Unterschicht wollen sie Bush, der seinen Reichtum Kauf und Verkauf einer Baseball-Mannschaft verdankt, und den einstigen Halliburton-Chef Cheney schlagen, der dank satter Aufträge des Pentagons für den Mischkonzern sein früheres Millionengehalt offenbar wert war. Zum Klassenkampf der Millionäre tritt der Kulturkrieg der Propagandisten.“ (Leitkommentar der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. Juli 2004)

Das ist zwar nicht die Wagner vorschwebende „Demokratie als Wert an sich“, aber die Realität der bürgerlichen Demokratie für uns. Uns schwebt da eine andere Demokratie vor, jene, in der alle über alles abstimmen können. Dann aber ist, wie nicht nur Herr Kriele juristisch, sondern auch die Geschichte praktisch nachgewiesen hat, kein einziges Recht mehr garantiert, sondern letztlich an die demokratische Entscheidung der Massen gebunden. Ein Alptraum für jeden „Demokratischen Sozialisten“.

Fazit:

Es ist zu hoffen, dass Wagner so selbstständig wie er obige politische Auffassungen entwickelt hat, auch die organisatorischen Konsequenzen seiner politisch-ideologischen Entwicklung zieht und seine künftigen Debatten über Demokratie, Sozialismus und was noch alles in der Welt passiert im Rahmen eines dafür geeigneten politischen Umfeldes führt. Dies weiterhin auf unserer Seite zu tun, ist eine offenkundige Irreführung des Lesers.

Letzte Änderung: 21.03.2016