Von Martin Schlegel
Hinweis auf zwei Artikel zu diesem Thema
In meinem Artikel „Zur Rolle des Erdöls im Konflikt zwischen den USA und dem Irak“ ging es mir unter anderem darum, nachzuweisen, dass es sich dabei nicht um eine Kriegsplanung im Auftrag amerikanischer Ölkonzerne handelt, sondern um einen Krieg für strategische Interessen der USA wie die Erringung der Kontrolle über die Verteilung des Öls, die Wiedergewinnung eines stärkeren Einflusses auf die Ölpreise und die Stärkung der Rolle des US-Dollars.
Zum zuletzt genannten Thema, dem Zusammenhang zwischen dem Angriff auf den Irak und der Verteidigung der Rolle des Dollars als De-facto-Leitwährung sind im Internet eine Reihe englischsprachiger Artikel erschienen, auf die unter anderem in den Artikeln „Das Öl, der Dollar und der Euro“ von Matthias George (http://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_104c/T06.HTM) und von F. William Engdahl „Ein neues ‚American Century‘? Der Irak und die heimlichen Euro-Dollar-Kriege“ (http://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_106a/T05.HTM) eingegangen wird.
Ausgangspunkt der Argumentation ist, dass der Irak im November 2000 dazu übergegangen ist, seine Ölgeschäfte in Euro statt in US-Dollar abzurechnen und auch sein Ölkonto von US-Dollars auf Euro umgestellt hat. Damit hat der Irak als erstes ölexportierendes Land die seit 1971 wegen fehlender Golddeckung ungerechtfertigte Praxis, weltweit die Ölgeschäfte in US-Dollar abzuwickeln, durchbrochen. Auch im Iran gibt es Bestrebungen, Ölgeschäfte in Euro abzurechnen, das Thema der Abrechnung von Öl gegen Euro wurde auch auf OPEC-Konferenzen diskutiert.
Eine Folge von zunehmender Abwicklung von Ölgeschäften mit dem Euro wäre, dass die Rolle des US-Dollars als De-facto-Leitwährung in Gefahr geriete. Dies würde dazu führen, dass viele Länder ihre Devisenbestände zugunsten des Euro umschichten und ihr in amerikanischen Staatsanleihen oder amerikanischen Kapitalanlagen steckendes Geld abziehen würden, um ihre Ölimporte mit Euro zu bezahlen. Damit würde auch die Tendenz zunehmen, andere Warengeschäfte gegen Euro durchzuführen. Ein größerer Kapitalabfluss aus Dollaranlagen hätte aber zur Folge, dass die USA ihr Handels- und Leistungsbilanzdefizit mit Euro oder anderen Nationalwährungen bezahlen müssten, was im Prinzip erzwingt, dass die USA ihre Importe durch wertmäßig gleiche Exporte ausgleichen müssten.
Dieser Argumentation folgend streben die USA mit einer dauerhaften Besetzung des Irak diese Ziele an:
Irakisches Öl wird wieder nur gegen US-Dollar verkauft wird. Ein Quasi-US-Bundesstaat Irak würde in der OPEC versuchen zu verhindern, dass Ölgeschäfte auch in Euro abgewickelt werden. Die derzeitige Macht der OPEC könnte insbesondere dadurch gebrochen werden, dass die USA nach dem Aufbau weiterer Förderkapazitäten großen Einfluss auf Ölpreise und Ölverteilung gewinnen könnten, weil der Irak nach Saudi-Arabien die zweitgrößten Erdölreserven besitzt.
Die Argumentation dieser Artikel läuft darauf hinaus, dass die USA zu machtpolitischen Mitteln wie der Besetzung des Irak gezwungen sind, um die ökonomischen Vorteile zu verteidigen, die sie durch die Stellung des Dollars als De-facto-Leitwährung erzielen. Mir scheint das als alleinige Begründung für den Krieg der USA gegen den Irak zwar als zu einseitig, wesentlich ist jedoch, dass diese Artikel das in der Öffentlichkeit zu selten diskutierte Thema der Bedeutung der Dollarhegemonie für die Machtstellung der USA in den Mittelpunkt stellen. Die Betrachtung des Irakkriegs unter dem Gesichtspunkt der Dollarhegemonie weist auch darauf hin, dass die außenpolitischen Aktivitäten der USA, auch wenn dies nicht immer unmittelbar ersichtlich ist, wesentlich das Ziel verfolgen, ihre gewichtigsten Konkurrenten wie das wachsende Europa, Russland und die aufstrebenden Ökonomien Asiens unter Kontrolle zu halten.