Vorbemerkung

Als Reaktion auf die letzten AzD-Nummern haben uns eine Reihe von Zuschriften erreicht, die sich mit den historischen Niederlagen der Arbeiterbewegung beschäftigen und das Interesse der Leserschaft an diesem Thema widerspiegeln. Wir haben uns entschlossen, die vorliegende Ausgabe ausschließlich mit den eingegangenen Beiträgen herauszugeben, auch wenn das Heft dadurch dünner als gewöhnlich ist.

Sava Djahov befasst sich gänzlich unorthodox mit dem Zusammenhang von Sozialismus und Warenproduktion bzw. Kapital. Neben der VR China, die er als sozialistisch verteidigt, beleuchtet er im Zusammenhang mit Stalins Schrift „Ökonomische Probleme des Sozialismus“ insbesondere die Produktionsverhältnisse der Nachkriegszeit in der Sowjetunion. Man kann seinen Begriff vom Kapital kritisieren, aber das ändert nichts an den Fakten über die sowjetische Wirtschaft, die er zusammengetragen hat und die sonst nirgends zu finden sind.

Sein Beitrag wirft ein bezeichnendes Licht auf eine Linke, die zwar uferlos über den Stalinismus räsonieren kann, aber bis heute nicht eine einzige substanzielle Untersuchung der Produktionsverhältnisse und Machtstrukturen in der Stalinzeit fertiggebracht hat, obwohl die sowjetischen Archive seit 30 Jahren geöffnet sind.

Da das Thema „Warenproduktion und Sozialismus“ von grundsätzlicher Bedeutung ist und die Frage nach dem sozialistischen oder kapitalistischen Charakter der VRCh nicht nur in der Linken, sondern auch in unseren Reihen kontrovers debattiert wird, haben wir vor, die Fragestellung in der kommenden Zeit zu vertiefen.

In weiteren Diskussionsbeiträgen setzt Manfred Englisch sich mit den Niederlagen der revolutionären Arbeiterbewegung sowie mit der DDR-Kritik in den letzten AzD auseinander, und Karl-Heinz Goll nimmt zur Einschätzung der Novemberrevolution Stellung.

Einige Beiträge verweisen gehäuft auf Internetquellen. Da die AzD zeitnah ins Netz gestellt werden (auf der Webseite Kommunistische Debatte), können die Links dort einfacher nachverfolgt werden.

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In einem Leserbrief steht: „ich lese und schätze Eure Zeitschrift schon lange, weil Ihr versucht, den Anspruch, Geschichte (und irgendwann mal Politik?) als Ausdruck von Klassenkämpfen zu begreifen, einzulösen und damit z.T. überraschende Erkenntnisse zu Tage fördert.“ In der Tat stand in den letzten Jahren die Geschichte der Arbeiterbewegung im Zentrum unserer Arbeit, denn „ohne überzeugende Aufarbeitung des großen Scheiterns eines ersten Versuchs, den Sozialismus auf deutschem Boden aufzubauen, sind deutsche Kommunisten dazu verurteilt, alte Fehler und Schwächen ihrer Programmatik und Politik erneut zu wiederholen“, wie es in einer anderen Zuschrift heißt.

Dieser Aufgabenstellung fühlen wir uns umso mehr verpflichtet, weil die restliche Linke sich hartnäckig davor drückt. Um noch einmal aus einem Leserbrief zu zitieren: unsere Arbeit ist „Ausdruck einer wirklich gewollten Diskussion, die die DKP und die Rest-SED-Kader in der Linkspartei leider nicht führen. Dort weigert man sich beharrlich, die tieferen Ursachen der Niederlage zu verstehen“.

Dabei sind sich die Herausgeber der AzD darüber im Klaren, dass die Aufarbeitung des Scheiterns zwar unabdingbar ist, um dem revolutionären Marxismus neue Glaubwürdigkeit zu verschaffen, aber die Analyse der aktuellen gesellschaftlichen Bewegung nicht ersetzen kann – zumal wenn die Zersetzung des bisherigen politischen Systems der Volksparteien weiter so voranschreitet wie gegenwärtig.

Nur ist unser Mitarbeiterkreis so klein, dass politische Themen in den letzten Jahren vernachlässigt wurden. Deshalb behelfen wir uns gegenwärtig damit, in der Rubrik Dokumentation sowie per Mail in den Info-Briefen der Redaktion Beiträge zu politischen Fragen aus der deutschen und internationalen Presse weiterzugeben, die uns wichtig erscheinen.

Aufgrund der vermehrten Nachfrage nach alten AzD-Ausgaben bemühen wir uns, diese zu digitalisieren und auf die Seite der „Kommunistischen Debatte“ zu stellen (www.kommunistische-debatte.de).

Außer Leserzuschriften haben wir in der letzten Zeit auch einige sehr großzügige Spenden erhalten, für die wir uns hiermit herzlich bedanken.

Schließlich dokumentieren wir noch einen Beitrag von Andreas Wehr über „Die Linke nach ihrem Bundesparteitag“, außerdem Inhaltsverzeichnis und Nachbemerkung des Buchs von Heiner Karuscheit „Sozialismus ohne Basis – Arbeiterschaft und Sozialismus in der DDR“, das soeben im Berliner Verlag am Park erschienen ist.

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