Diskussion zu „Der deutsche Rassenstaat“ (VSA 2025)

Brief an Heiner Karuscheit (Wilhelm Langthaler)

1) Auch aus anderen Schriften von Dir kenne ich deinen rigorosen Umgang mit verkrusteten (marxistischen) Kategorien. Diese müssen überprüft, seziert und neu zusammengesetzt werden und damit wieder Konkretion zurückzugewinnen. Diesen methodischen Ansatz schätze ich.

2) Deine Grundthese, dass 1918 die demokratische Revolution als Movens im Vordergrund stand, überzeugt. Genauso wie die Kritik an KPD und Vorläufern, das nicht begriffen und damit eine historische Chance verspielt zu haben.

3) Was weniger explizit drinnen ist und vielleicht nur eine Unterstellung aber doch anklingt, ist die starke Abtrennung der demokratischen von den sozialistischen Aufgaben. Mir schwebt da das russische Beispiel vor, dass eine praktisch rein demokratische Revolution von den Klassenkräften her schnell mit der Notwendigkeit des Übergangs zur Herrschaft des Proletariats hin zum Sozialismus konfrontiert wird, trotz des enormen demographischen Übergewichts der Bauernschaft. Noch viel stärker und schneller wäre man in der Weimarer Republik mit der Erledigung der demokratischen Revolution an diese Frage gestoßen. Selbst in Griechenland 2015 wäre es so gewesen, wenn die Regierung den Mut gefasst hätte, sich mit der EU anzulegen.
Durch den Sieg in Russland lag der Übergang zum Sozialismus bei Freund und Feind in der Luft. Und sei es nur als abstrakte Vorstellung.

4) Das ist in dem Buch nicht so drinnen, aber mir ist es anderswo aufgefallen: die „rechte“ Linie des Kremls gegenüber Deutschland nach dem 2. Weltkrieg ist überzeugend, aber bei dir scheint mir das manchmal eine Generallinie zu sein. Für Griechenland, Jugoslawien aber auch Italien bin ich für die „linke“ Linie, die aber nicht gleichbedeutend damit ist, die demokratischen Aufgaben geringzuschätzen. Die rechte Linie hat historisch einmalige revolutionäre Chancen verspielt. Aber das nur so nebenher. Wichtig, das ist je nach Land zu bestimmen.

5) Was mir abgeht, ist die Behandlung der für mich doch plausiblen These, dass eine der spezifischen Eigenheiten des Nationalsozialismus und Faschismus die Bereitschaft zur Massengewalt außerhalb der traditionellen Repressionsapparate ist, also die Charakterisierung als Bürgerkriegsarmee. Das behandelst du gar nicht.

6) Du betonst die Eigenständigkeit des Phänomens Nationalsozialismus. Gut. Und das konstitutive Moment des Rassismus mehr als des Nationalismus. Auch wenn ich da keinen unmittelbaren Einwand habe, muss man aufpassen, dass diese Eigenständigkeit nicht zu weit geht. So politisch entmachtet die Bourgeoisie war, so hat sie das in Ermangelung von Alternativen akzeptiert. Darum scheint mir der Begriff des „Rassenstaates“ zu weit zu gehen, insbesondere wenn wir unser gegenwärtiges gesellschaftliches Umfeld sehen, das die Machtstruktur des Nationalsozialismus und die Verantwortung der Eliten verschleiern will.

Willi Langthaler, Wien, 15. März 2025

 

 

 

 

Besprechung von Heiner Karuscheit: Der deutsche Rassenstaat (G.T.)

Dies ist, im Wortsinn der AzD, eine solidarische Kritik an dem letzten Buch von Heiner Karuscheit „Der deutsche Rassenstaat“.

Es ist nicht in meinem Sinn, das Buch oder gar den Autor zu verunglimpfen. Es sei nochmals hervorgehoben, dies ist die beste Schrift zu der Thematik, die bislang im deutschsprachigen Raum erschienen ist, gerade weil es eben im Sinn der AzD Kritik möglich macht und nicht Schwachstellen hinter einem Anmerkungsapparat oder einer „Wissenschaftlichkeit“ versteckt.

Es handelt sich hier sowohl um Kritikpunkte als auch um Anmerkungen, aber auch um ernst gemeinte Fragen, die ich im Zuge der Veröffentlichung natürlich ebenso an den verständigen Leser richte.

Ich richte mich mit den Zitaten nach dem Manuskript: „NS Gesamt“, welches mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.

1. „…außenpolitisches Hauptziel zu verwirklichen, die Eroberung von „Lebensraum“ im Osten“ (S 3)
Und damit ein Programm formulieren konnte, dem sich Junker als auch Montan- und die neuen Industrien anschließen konnten, da dieses Programm immer ein Kriegsprogramm war, von dem sich alle drei rivalisierenden Gruppen Gewinn und Machtzuwachs versprachen.

2. „…industriell entwickeltsten Land Europas,“ ( S 3)
Fraglos hat sich Deutschland im Zuge der bismarckschen Reichseinigung zu einer Industrienation entwickelt. Es aber als das industriell entwickeltste Land zu bezeichnen geht doch etwas über die realen Verhältnisse hinaus. Große Teile der Nationalökonomie waren noch bis weit in die 1920 Jahre agrarisch geprägt und auch dort nicht als Agrarindustrie.
Auf der anderen Seite gab es zwar seit dem 19. Jahrhundert eine sehr fortschrittliche Montan- und im weiteren Verlauf der Geschichte eine sehr innovative Chemie- und Elektroindustrie, aber bis weit in die 1920er hinein war die durchschnittliche deutsche pro-Kopf-Produktivität der beinahe aller anderen Industriestaaten weit unterlegen.

3. „Doch wie lässt sich die rassisch begründete, millionenfache Tötung von Arbeitskräften durch den NS-Staat mit dem Marxschen „Kapital“ vereinbaren, dem zufolge die Vernutzung lebendiger Arbeit das Lebenselixier des Kapitals ist?“ ( S 4)
Es lässt sich aus diesem natürlich nicht direkt ableiten, da es sich dort um eine politische Aktion handelt, die in dem Fall, nicht einmal eine direkte Reaktion auf politische Bedürfnisse ist, sondern präventiv, sich aus der Notwendigkeit eines zu führenden Krieges ableitet.
Die Herstellung von Kriegstüchtigkeit ist eine politische Aufgabe, wie eben auch der Krieg selbst eine politische Lösung ökonomisch bedingter gesellschaftlicher Probleme darstellt. Ökonomisch bedingt insofern, dass natürlich hinter den jeweils wirkenden Klassenkräften ökonomische Konstellationen sich verbergen.
Kriegstüchtigkeit wiederum bedingt die unbedingte Verlässlichkeit (Staatstreue) der gesellschaftlichen Massen. Fünf Millionen Juden, aber auch Sinti und Roma, die vergleichbar heutiger arabischer Kommunitäten, zum Beispiel eine eigene Gerichtsbarkeit etabliert hatten, sind für eine wirkliche Kriegstüchtigkeit verheerend.

4. „…sondern kann auch nicht erklären, warum hochentwickelte kapitalistische Länder wie die USA, Frankreich oder Großbritannien bis heute nicht dem Faschismus anheimgefallen sind.“ (S 4)
Hier wäre zu problematisieren, ob überhaupt eine allgemeine Regierungsform existiert, die sich als Faschismus abstrahieren lässt.
Welche Gemeinsamkeiten hat der deutsche mit dem italienischen, dem griechischen, dem chilenischen, dem spanischen, dem argentinischem usw. Faschismus? Oder wenn man Thalheimer heranzieht, hat dann nicht zumindest auch Frankreich seinen „Faschismus“ erlebt?
Als historischer Materialist andererseits ist man natürlich auch mit der Notwendigkeit konfrontiert, nicht nur die jeweils aktuellen Klassenverhältnisse miteinander zu vergleichen, sondern die historisch, ökonomischen Bedingungen zu analysieren, die diese Klassenverhältnisse stützen bzw. sie hervorgebracht haben. Dass die Definition der Komintern wenig weiterhilft, ist denke ich Konsens. Damit fehlt allerdings weiterhin eine tragfähige Definition, wenn überhaupt Faschismus als eine besondere Regierungsform konstatiert werden soll.
Die Unterscheidung zwischen Faschismus als Bewegung bzw. als Regierungsform schafft dabei, meines Erachtens, eher Verwirrung. Selbstverständlich ist jede Regierungsform vor ihrer jeweiligen Durchsetzung immer von ihrer Konstituierung unterschieden.

5. „…begriff die deutsche Sozialdemokratie den Marxismus nicht als Theorie von Klassen und ihren Kämpfen, sondern als ökonomische Theorie.“ (S 9)
Dies völlig korrekt und wird von mir geteilt, ist aber etwas verkürzt; richtiger wäre es davon zu sprechen, dass die SPD über keinen marxistischen Klassenbegriff verfügte und deshalb der blinden ökonomischen Bewegung einen Automatismus unterstellte.
Ersteres allerdings lässt sich nicht davon trennen, dass die real existierende Arbeiterklasse im deutschen Reich sich noch zu großen Teilen in einem sehr frühem Entwicklungsstadium befand. Weitgehend war man vor allem noch zunftmäßigen Verhältnissen verhaftet. Man war nicht primär Arbeiter, sondern etwa Sattler oder Dachdecker.

6. „Im Kommunistischen Manifest hatten Marx und Engels 1847 das baldige Verschwinden der kleinen Warenproduzenten, sprich der Hauptmasse der alten Gesellschaft, durch den Siegeszug der kapitalistischen Produktionsweise vorhergesagt.“ (S 10)
Was allerdings in diesem Zusammenhang „bald“ bedeutet, ist umstritten. Dass seinerzeit ob der revolutionären Stimmung einige Entwicklungsbedingungen außer Acht gelassen wurden, kann sicher kritisiert werden, doch dass diese damals noch sehr junge Bewegung noch wenig Verständnis für die Zeiträume hatte, in denen sich gesellschaftliche Umwälzungen vollziehen, kann ihr kaum vorgeworfen werden, wenn man bedenkt, wie noch heute von vielen „Linken“ mit derartigen Zeiträumen umgegangen wird. Wie oft schon stand der Untergang des Kapitalismus auf der aktuellen Tagesordnung.

7. „Ihre Anhänger wiesen die Ziele und Werte der bürgerlichen Revolution als ‚undeutsch‘ zurück und strebten einen artreinen deutschen ‚Rassestaat‘ an.“ (S 11)
Derartige krude Theorien, die in der Regel dazu dienten, gemeinsame Interessen zu suggerieren, wo diese real nicht, oder unterschiedliche, wo die gemeinsamen vorhanden sind, finden sich in verschiedensten Bewegungen der Neuzeit, nicht nur bei Deutschen und Juden, sondern auch in der nordamerikanischen Geschichte, um etwa die Ausrottung der indianischen Bevölkerung oder die Versklavung schwarzer Bevölkerungsteile zu legitimieren. Aber auch etwa bei der Konstituierung des Staates Griechenland wurden durch die Briten Theorien in die Welt gesetzt, die suggerieren sollten, dass die peloponnesische Bevölkerung sich auf die antiken Griechen zurückführen ließe.
Interessant wäre hier herauszuarbeiten, ob und wie bewusst derartiges von welchen gesellschaftlichen Kräften benutzt wird, um ihre oftmals wesentlich greifbareren politischen und auch ökonomischen Interessen zu verschleiern und durchzusetzen.
Dass derartige Arbeiten heute größtenteils von „Thinktanks“, „sozialen Netzwerken“ oder „NGOs“ übernommen werden, hat sich, denke ich spätestens mit dem „arabischen Frühling“ herumgesprochen.
Ob und wieweit dies, zu damaligen Zeiten, von der „Wissenschaft“ und dem akademischen Betrieb geleistet wurde, ist ein noch immer zu wenig bearbeiteter Umstand.

8. „Drei Jahre später (1914) trieben Militäradel und Bourgeoisie Bethmann Hollweg gemeinsam in einen Krieg, und dem doppelten Druck konnte der zögerliche Reichskanzler nicht standhalten.“ (S 15-16)
Hier findet sich die Blaupause für die dann ab Mitte der zwanziger einsetzende Bewegung, um Junker und Bourgeois noch ein letztes Mal zu einigen. Wobei im Folgenden meines Erachtens zu wenig Wert auf den Umstand gelegt wird, dass sich der Krieg für die deutsche Montan- als auch die aufstrebende Großindustrie als ein Hebel der Profitmaximierung darstellte.

9. „Neu gegenüber 1848/49 war die Forderung nach Sozialisierung der Schwerindustrie, die der industriellen Entwicklung entsprach. Sie hätte den Ansatzpunkt für einen späteren Übergang zum Sozialismus für die im Besitz der Staatsgewalt befindliche Arbeitermacht bilden können.“ (S 19)
Letzteres erscheint mir allerdings als eine in der „Linken“ weit verbreitete Illusion, die weder das unterentwickelte Klassenbewusstsein noch die seiner Zeit ökonomische Unreife der deutschen Verhältnisse berücksichtigt.
Vielleicht hätte es ja zu so etwas führen können wie dem umgangssprachlichen Sozialismus, oder etwas, das später dann reales Dingsbums genannt wurde, aber nie zu etwas, was der Diktatur des Proletariats, wie sie Marx in der Kritik des Erfurter Programms skizziert hat, auch nur ähnlich werden könnte.

10. „Während sich Junkertum und Montanbourgeoisie daran machten, den Weimarer Parlamentarismus wieder zu beseitigen und ihre vorherige Machtstellung zurückzuerobern, war es insbesondere das Kleinbürgertum, das nach der Kriegsniederlage, dem Untergang des Kaiserreichs und dem Fehlschlag eines gesellschaftlichen Neuanfangs nach einer neuen Perspektive suchte und diese schließlich im Nationalsozialismus fand.“ (S 25)
Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass das Programm der NSDAP mehr oder minder bewusst mit „Krieg um Lebensraum“ (und Rohstoffen) ein Angebot sowohl für die Junker als auch die verschiedenen Kapitale beinhaltete.

11. „Besondere Resonanz fand das völkische Ideengut in den Freikorps, die im Auftrag der SPD-geführten Regierung von Offizieren des alten Heeres aufgestellt worden waren. Ein Großteil der Freikorps war vom Hass gegen die „Vaterlandsverräter“ beseelt.“ (S 29)
Dazu fehlen nicht nur für die jüngeren Leser, sondern auch mir weitere Ausführungen. Welcher Beelzebub reitet eine SPD, derartige Vereine ins Leben zu rufen und sie dann noch, als schon erkennbar ist, welch ideologische Ausrichtung sie haben, zu unterstützen?

12. „Außerdem sprach es sich gegen „Söldnertruppen“ aus, d.h. gegen das aus Berufssoldaten bestehende 100.000-Mann-Heer der Weimarer Republik, und forderte den Aufbau eines Volksheers.“ (S 29)
Umgekehrt hier, auch dies bedarf einiger Erläuterung, warum sind es ausgerechnet Kleinbürger, die eine originäre Forderung der Arbeiterklasse formulieren und nicht die beiden „Arbeiterparteien“ SPD und KPD?

13. „So ließ er nach der Machtübernahme auch den Bau eines preiswerten „Volkswagens“ vorantreiben, der für die breite Masse erschwinglich sein sollte.“ (S.42)
Dass es angesichts der US-Autoproduktion, der großen britischen und französischen PKW-Produktion und, verbunden damit, der aufstrebenden deutschen Autoproduktion (z.B. Opel, wenn auch in amerikanischer Hand), unter Umständen vielleicht ökonomische Gründe gegeben haben könnte, eine deutsche PKW-Produktion zu installieren, sollte zumindest eine Überlegung wert sein.
Da zudem die größte folgende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme – ausgerechnet der Straßenbau, der entgegen aller Gerüchte militärisch unerheblich war, von den Nazis initiiert wurde, weist vielleicht darauf hin, dass diesen ein Wirtschaftsmodell vorschwebte, welches nicht mehr die Montanindustrie als Zentrum kapitalistischer Ökonomie sah.

14. „Mit genügend Landfläche und Rohstoffen erfüllte der Osten alle Anforderungen des künftigen Lebensraums.“ (S 44)
Hier endlich der wesentliche Grund des Überfalls auf die SU. Nicht zufällig der, der auch heute noch das Herz des deutschen Bürgertums höher schlagen lässt.
Eine kapitalistische Nationalökonomie ohne den ungehinderten Zugriff auf wesentliche Rohstoffe aufzubauen, ist ein abenteuerliches Unterfangen. Es ist zwar, wie Japan und Deutschland nach dem Kriege bewiesen haben, nicht gänzlich zum Scheitern verurteilt, bedingt aber doch Abstriche an der Souveränität, die linke Sozialdemokraten bis heute umtreibt, aber auch von den Grünen genutzt wird, um ihre wirtschaftlich nicht tragfähige Ausstiegsagenda wenigstens politisch zu begründen.

Ein wesentlicher Rohstoff kapitalistischer Produktion war seinerzeit Öl, etwas, über das die meisten wichtigen kapitalistischen Nationen NL, GB, FR, USA und selbst Italien verfügten, nur eben Deutschland und Japan nicht. Den anderen kapitalistischen Nationen die Verfügung über diesen Stoff streitig zu machen war illusionär. Rommels Afrika-Feldzug galt auch seinerzeit in deutschen Militärkreisen eher als Abenteuer. Einzig die russischen Vorkommen schienen für Deutschland erreichbar. Was dann aber den damaligen Krieg um „Lebensraum“ sehr nahe an die aktuelle Osterweiterung heranrückt.

15. „Besiedelung Nordamerikas durch europäische Siedler, denn auch dies sei nur durch die Ausrottung der Indianer möglich gewesen“ (S 44)
Ebenso die „Besiedelung“ Australiens, Südafrikas, Neuseelands etc. Ein durchaus übliches Vorgehen der damals aufstrebenden kapitalistischen Nationen, dessen Selbstverständlichkeit heute leider etwas in Vergessenheit gerät. Die Deutschen haben, als Verspätete, dies nur auf die Spitze getrieben. Trotzdem gilt noch heute hier in vielen Kreisen der Slave, der Russe, als Untermensch, wie in den USA der Schwarze.
Dies hätte etwas mehr behandelt werden können, um vielleicht dem Märchen der Einzigartigkeit des deutschen Vernichtungskrieges etwas entgegen zu setzen und damit, unter Umständen, in die Diskussion etwas Rationalität hinein zu bekommen. Keine der großen kapitalistischen Nationen, bis auf Russland und China, hat seine Nationalökonomie ohne die massenhafte Vernichtung „fremder“ Völker aufgebaut.

16. „Russland selber schätzte er als schwach ein, da es von jüdisch-bolschewistischen Kräften übernommen worden war: „Das Riesenreich im Osten ist reif zum Zusammenbruch.“ (S 45)
Nicht nur er, sondern alle führenden Politiker der großen kapitalistischen Nationen teilten diese Einschätzung, weshalb eben von keinem der reale Kriegsausgang vorhergesehen wurde.
Diese Fehleinschätzung durchzieht die westliche Geschichte von Napoleon bis heute. Sie beruht auf einem Unverständnis russischer Gesellschaftlichkeit und Geschichte und einer westlichen Überheblichkeit, gegen die bis heute kein Kraut gewachsen zu sein scheint.

17. „…er besaß auch einen scharfen politischen Verstand, der ihn dazu befähigte, auf Basis einer Einschätzung der Republik von Weimar und der maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte eine politische Programmatik zu entwickeln, die eine Antwort auf die Krise von Staat und Gesellschaft gab und die Nationalsozialisten binnen weniger Jahre zu einer gewaltigen Massenbewegung werden ließ.“ (S 46)
Wesentlicher dabei allerdings, dass die NSDAP, mit ihrem Programm eines Krieges für Lebensraum und Rohstoffe sowohl die alten als auch die jungen aufstrebenden, deutschen Großkapitale hinter sich vereinigen konnte. Allein mit der Unterstützung der Junker und der „Volksmassen“, die eine Bodenpolitik befürworteten, hätte auch schon damals eine Partei diesen derartigen Siegeszug nicht vollbringen können.
Ob dies einem „scharfen politischen Verstand“ geschuldet war oder eher einer Kleingangstermentalität, wie sie ihm von Brecht in Arturo Ui unterstellt wird, ist dabei durchaus diskussionswürdig.

18. „Das bedeutete, die Schwerindustrie für den Nationalsozialismus zu gewinnen oder, wenn das nicht möglich war, zumindest ein Verhältnis wohlwollender Neutralität herzustellen.“ (S 54)
Der Begriff Schwerindustrie ist in diesem Zusammenhang etwas unklar. In Deutschland gibt es um diese Zeit die alte Stahl- und Kohle-Industrie und eine weitgefächerte aufstrebende Industrie aus Chemie, Elektronik, Optik und Maschinenbau. Letztere befindet sich zum einen in Konkurrenz zu den alten Industrien, teilt aber durchaus einige ihrer Interessen. Sie verspricht sich wie diese durch einen Krieg ein Wachstum ihrer Profite. Dies ist erkennbar daran, dass spätestens ab Mitte der zwanziger Jahre, also weit vor den Volksmassen, weite Teile auch dieser, weiß Gott nicht reaktionären, Industrieführer, bis auf wenige Ausnahmen (Bosch, Rosental), der NSDAP sehr aufgeschlossen gegenüberstehen. Allerdings erst in den dreißiger Jahren rechnet ein Herr Abs vor, dass mit der Einnahme Moskaus sich die Kosten des Krieges amortisiert hätten. Eben diese Kapitalfraktion ist es, die, auch wenn Moskau nicht eingenommen wurde, als Gewinner aus diesem Krieg hervorging.
Letztere sind es auch, die nach 1945 unangefochten in der BRD ihre Aktivitäten weiter ausbauen. Vertreten durch die nun überkonfessionelle CDU wird dann auch, nach einer kurzen Anstandspause, die Ostexpansion als Kampf gegen die SU wieder zur Maßgabe der Politik. Etwas, was nur in abgewandelter Form „Wandel durch Handel“ nun auch von der SPD mitgetragen wird.
Ob dies eine Fortsetzung alter Politik oder rein zufällige Korrelation, mit an wesentlichen Stellen gleichem Personal, ist eine Frage die, so wie du argumentierst, leider offen bleibt.

19. „Wie die Schaffung eines Einheitsstaats war auch die Beseitigung des Einflusses der Kirchen durch Trennung von Staat und Kirche eine Forderung der bürgerlichen Revolution gewesen. Jetzt ging wiederum der Nationalsozialismus an die Realisierung dieser Forderung.“ (S 60)
Was auch so gedeutet werden könnte, dass die NSDAP nun endlich die bürgerliche Revolution vollendete. Etwas, was implizit den gesamten Text durchzieht, leider ohne dass es je offen benannt wird. Schade!

20. „Durch die Auflösung der bürgerlichen Parteien verfügte sie nun auch über keine politische Repräsentanz mehr, um in organisierter Form auf die Staatsgeschäfte Einfluss zu nehmen. Das heißt, in ihrer Gestalt als Inhaberin des Kapitals war sie zwar wirtschaftlich, aber nicht politisch formiert – sie war eine Klasse an sich, aber nicht für sich.“ (S 68)
Wenn also das „Kapital“ nicht qua personem im Staatsapparat vertreten ist, verfügt es über keine politische Macht?
Die Politik der NSDAP hat, nicht zufällig, zu einem Aufschwung der deutschen Industrie geführt. Zwar hat die deutsche Industrie nach dem verlorenen Krieg erfolgreich das Gerücht in die Welt gesetzt, ihr sei an diesem nicht gelegen oder sie sei gar ein Gegner dieser Kriegspolitik gewesen, doch ist dies glaubhaft?
Auch heutige Politiker entstammen, in überwältigender Mehrheit, dem Kleinbürgertum und nur die wenigsten steigen ins Bürgertum auf, ist dies ein Indiz dafür, dass das Bürgertum nicht die Politik bestimmt?
Es sind nicht umsonst vor allem Juristen, der Berufsstand des Vertreters (Rechtsvertreter), die sich in bundesdeutschen Parlamenten tummeln. Es würde doch eher seltsam anmuten, wenn Personen wie Nathalie von Siemens oder Anton Piëch im Kabinett ihre unterschiedlichen Positionen diskutierten.
Eben die Klasse, die zwar auch im Parlament, aber vor allem im machtpolitisch relevanteren Militär verankert war, war die Feudalaristokratie. Eben dies hat sie allerdings nicht vor dem Untergang gerettet.
Könnte angesichts dessen nicht umgekehrt argumentiert werden, die NSDAP verheizt die Feudalaristokratie in einem Krieg, der nur vordergründig um deren Interessen geführt wird, während sich das Bürgertum schadlos hält, und somit die kleinbürgerliche NSDAP die Politik des aufstrebenden Bürgertums vollstreckt, welches nach dem verlorenen Krieg nun die ungeteilte Macht übernimmt?

21. „Die unproduktive, weit überproportionale Verausgabung gesellschaftlicher Mittel für Rüstungsgüter musste den Kreislauf des Kapitals je länger desto gravierender deformieren. Allein aus ökonomischen Gründen war deshalb der Übergang zu einem Krieg unausweichlich, um dem sonst drohenden Kollaps zu entgehen.“ (S 71)
Hier sei die Frage gestattet, ob nicht Rüstung und in Folge davon Krieg ein integraler Bestandteil kapitalistischer Reproduktion sind?
Rüstungsproduktion, als unproduktive Verausgabung gesellschaftlicher Mittel, ist ein durch die Friedensbewegung propagierter Unsinn. Ein schlagkräftiges Militär ist im Sinne nationalstaatlicher Konkurrenz notwendiger Bestandteil kapitalistischer Nationalökonomie. Ohne die Fähigkeit, staatliche Interessen mit Gewalt oder der Drohung mit selbiger durchzusetzen, ist jede kapitalistische Nationalökonomie zum Scheitern verurteilt.
Dass Rüstung und in der Konsequenz Krieg eine Form der Kapitalvernichtung darstellt, steht außer Frage. Diese ist allerdings, wie auch Marx an verschiedenen Stellen ausführt, eine notwendige Erscheinung kapitalistischer Reproduktion.
In dem hier beschriebenen Zusammenhang ist allerdings schon programmatisch, durch die „Lebensraum“ Forderung, eine kriegerische Auseinandersetzung explizit geplant. Jedem, sowohl den Bevölkerungsmassen, als auch dem Adel oder dem Bürgertum war bewusst, dass diese einen Krieg impliziert.
Das nach dem verlorenen Krieg das Gerücht verbreitet wurde keinem wäre dies bewusst gewesen, ist doch zumindest für unsere Generation, die noch mit Zeitzeugen sprechen konnten, als Lüge bekannt.

22. „Dabei ging Hitler im Verhältnis zu den umgebenden Staaten mit einer beispiellosen Flexibilität vor und spielte sie gegeneinander aus, um eine Mächtekonstellation herzustellen, die einen Krieg gegen die Sowjetunion so risikoarm wie möglich machen würde.“ (S 73)
Die bekannte Gegenthese lautet, die führenden kapitalistischen Staaten hätten alles dafür getan, Deutschland in einen Krieg gegen die SU zu hetzen in der Hoffnung, dass beide sich dabei zerfleischen, oder zumindest die SU dies nicht überlebt. Sollte darauf in diesem Zusammenhang nicht zumindest kurz eingegangen werden?

23. „Damit war das (japanische) Kaiserreich angesichts seiner totalen Abhängigkeit von den Ölimporten faktisch vor die Alternative einer politischen Kapitulation vor Amerika oder aber eines gewaltsamen Griffs nach den Rohstoffen in Südostasien gestellt, d. h. eines Angriffskrieges gegen die USA und ihre Verbündeten. (S 86)
Auf welche seinerzeit nennenswerten ölproduzierenden Länder konnte Japan durch militärische Auseinandersetzung die Hoffnung haben, zuzugreifen?
Im Indopazifischen Raum waren seinerzeit nur die Niederländer und die Briten mit recht bescheidenen Explorationsquellen tätig. Wahrscheinlicher ist, dass Japan der geostrategischen Ausweitung der USA im Indopazifik etwas entgegensetzen wollte. Zudem bot sich natürlich dieser Schlag gegen die US-Flotte regelrecht an. Wie auf einem Silbertablett hatte die NAVY den Japanern einen nicht unmaßgeblichen Teil ihrer Pazifikflotte vor der Haustür, erreichbar durch die japanische Luftwaffe, kredenzt. Welcher Militär kann da nein sagen.

24. „Diesen Sätzen zufolge war der Faschismus-Nationalsozialismus also ein Niedergangsprodukt des verfallenden Kapitalismus; er war die letzte Karte der Bourgeoisie, dazu gedacht, der Revolution zu entgehen, die jedoch allen Unterdrückungsmaßnahmen zum Trotz immer näher rückte.“ (S 98)
Entgegen dieser Idee, die stark der seinerseits verbreitet idealistischen Herangehensweise verhaftet war, würde heute nicht nur der deutsche Faschismus, sondern auch der griechische, der spanische, der portugiesische, der chilenische, der argentinische usw. Faschismus als Geburtshelfer des bürgerlichen Staates eher einen Sinn ergeben. Dabei bliebe natürlich die Frage zu klären, welche vergleichbaren Regierungsformen in den ursprünglichen bürgerlichen Demokratien dessen Funktion übernommen haben könnten, oder meinethalben, warum in diesen kein derartiger Geburtshelfer notwendig war.

25. „…außerdem waren die imperialistischen Großmächte Großbritannien und Frankreich nicht nur durch den Krieg geschwächt, sondern mussten ihre Kolonialreiche Schritt für Schritt vor dem Ansturm antiimperialistischer Befreiungsbewegungen aufgeben.“ (S 99)
Aus ökonomistischer Sicht handelt es sich dabei eher endlich um die Herstellung des viel beschworenen freien Weltmarktes. Vor allem im Interesse des seinerzeitigen mit Abstand größten Warenproduzenten USA, für den sich anfänglich viele dieser „Befreiungsbewegungen“ funktionalisieren ließen.
Warum diese später zuweilen über das Ziel hinausschossen und damit auf Unterstützung der SU oder Chinas angewiesen waren, ist im Einzelfall zu klären.

26. „Nur durch die Brille des Ökonomismus betrachtet, konnte man diese Bourgeoisie als „Kapital“ ihrer wirtschaftlichen Stärke wegen zur herrschenden Klasse machen.“ (S 102)
Ohne unseren alten Streit wieder aufzuwärmen zu wollen, natürlich ist das Kapital keine Klasse und kann somit auch keine herrschende Klasse sein, Doch die, denen du hier Ökonomismus vorwirfst, sind für mich natürlich Idealisten reinsten Wassers, denen jedes tiefere Verständnis kapitalistischer Ökonomie, oder gar der Dialektik von Ökonomie und Staat, von Basis und Überbau völlig abgeht. Die eben in dem Sinn, wie du anmerkst, „die Geschichte aus dem Begriff … konstruieren“.
Dass nichtsdestotrotz hier schon absehbar ist, dass die aufstrebende Bourgeoise, ob ihrer wirtschaftlichen Stärke, eben zur politisch führenden Kraft in Deutschland wird, zeigt der weitere Verlauf der Geschichte.

27. „August Thalheimer, neben Heinrich Brandler der führende Kopf der Kommunistischen Partei-Opposition (KPO), verfocht eine andere Definition des Faschismus als (später) die Komintern, indem er sich auf die 1852 veröffentlichte Schrift von Karl Marx „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ berief.“(S. 102)
Dazu natürlich vom mir die Frage, inwieweit du es als zielführend einschätzt, auf der Grundlage des „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“, eine allgemeine Theorie des Faschismus zu erarbeiten.
Sicherlich ist diese Schrift eher als Glosse verfasst und keine theoretische Abhandlung, außerdem wird dort das Phänomen als Einzelerscheinung betrachtet, dennoch scheint es mir eine Überlegung wert.

28. „Die aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon hervorgehende deutsche Nationalbewegung strebte die Vereinigung aller Deutschen in einem demokratischen Nationalstaat an. Sie machte keinen Unterschied zwischen den Angehörigen der Nation, gleich welcher Glaubensrichtung sie angehörten, ob sie nun Katholiken oder Juden, Protestanten oder Atheisten waren.“ (S 105)
Hier zum einen auf meine Bemerkung 6. verwiesen; politische Richtungen als Bewegungen unterscheiden sich immer von der dann konstituierten. Speziell in Deutschland, galt es ja, eine kapitalistische Nationalökonomie erst einmal aufzubauen.
Deine Argumentation, oder die dahinterstehende Einschätzung, abstrahiert, meines Erachtens ungerechtfertigt, von den staatspolitischen Orientierungen auf die Ethnien, die in einem Staat beheimatet sind und damit nur vordergründig, konfessioneller Zugehörigkeit, innerhalb einer Nationalbevölkerung, für den bürgerlichen Nationalstaat.
Insbesondere im deutschen Reich war die Nationenbildung noch lange nicht abgeschlossen. Wenn Wilhelm II vor den ersten Weltkrieg verkündete, er kenne keine Klassen mehr, sondern nur noch Deutsche, war zumindest der zweite Halbsatz, von einem preußischen König formuliert, blanker Euphemismus. Der Mann wusste so gut wie seine Zuhörer, dass es sich um Bayern, Badener, Rheinländer, Westfalen, aber eben auch Juden, Polen usw. handelte, die sich weiß Gott mehrheitlich primär nicht als Deutsche definierten. Aber auch nach dem 1. Weltkrieg konnte in Deutschland noch nicht von einer nach innen durchgesetzten Nation gesprochen werden. Vor allem die aus dem polnischen Raum zugewanderte jüdische Bevölkerung war nur zu geringem Teil in heutigem Sinn assimiliert. Wenn eine große Volksgruppe innerhalb einer Nation existiert, die in weit stärkerem Maße als z. B. heutige arabische Kommunitäten eine eigene Gerichtsbarkeit praktizieren oder zu einem nicht unmaßgeblichen Teil nicht einmal die deutsche Sprache nutzt, bedeutet dies im Kriegsfalle ein kaum zu kalkulierendes Risiko.
Eben dieser Kriegsfall war aber für die NSDAP programmatisch geplant. Ähnlich verhielt es sich übrigens mit Sinti und Roma, die in diesem Zusammenhang oft unterschlagen werden.
Dass eben diese Problematik, aufgrund der ökonomisch notwendigen Einwanderungspolitik, auch heute wieder ein Problem darstellt, zeigt sich überdeutlich in der momentanen Debatte zu einer deutschen „Kriegstüchtigkeit“, die nicht zufällig zeitgleich mit einer Migrationsdebatte geführt wird.
Viele heute hier lebende Menschen, die häufig ethnisch Syrer, Türken, Pakistaner usw. sind, sind diesem Staat glücklicherweise nicht so weit verbunden, dass sie für diesen in einem Krieg ihr Leben riskieren würden.
Auch der faschistische Putsch in der Ukraine war darauf angewiesen, die ethnischen Russen zu eliminieren, ehe er in einen Krieg gegen Russland eintritt, was glücklicherweise vereitelt werden konnte.
Insbesondere den USA ist im Vietnamkrieg dieser Umstand dermaßen auf die Füße gefallen, dass sie sich seit dem, bezüglich des Einsatzes von Bodentruppen, in ihren diversen Kriegen doch sehr zurückhalten.

29. „Die im August 1789 von der französischen Nationalversammlung verabschiedete „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ verkündete diese Freiheit und Gleichheit als allgemeingültiges Gesetz.“ (S 106)
Auch dieses „allgemeingültige Gesetz“ erfuhr natürlich in der Praxis überall seine Einschränkungen. Weder in den USA galt dies für alle Menschen, noch für spanisch oder portugiesisch Amerika, oder die französische Karibik. Geschweige denn in Afrika oder Indonesien. Insofern ist der deutsche Umgang nur in der heutigen Propaganda ein Zivilisationsbruch.

30. „Die „Singularität“ dieses Staates resultierte nicht erst aus dem industrialisierten Massenmord an den europäischen Juden, sie wurzelte in seinem Wesen als Rassenstaat“ (S 107)
Die vielbeschworene „Singularität“ dieses Staates scheint mir, in nicht unerheblichem Maße, Propaganda. Bei dieser wird offensichtlich versucht zu verschleiern, was von anderen „zivilisierten“ Staaten in Afrika, Indien, China oder auf dem amerikanischen Doppelkontinent veranstaltet wurde.

31. „Zugleich setzten die USA auf dem Boden des Parlamentarismus einen Flügel der Bourgeoisie aus der Zentrumspartei an die Regierung, der bis dato nur eine Nebenrolle gespielt hatte.“ (S 108)
Richtiger: Eine Bourgeoisie, die bis dato, oder auch bis 33, politisch nur eine Nebenrolle gespielt hatte. Die aber schon und gerade unter dem Nationalsozialismus ökonomisch immer größeres Gewicht gewonnen hatte. Insofern sei die Frage erlaubt, inwieweit die NSDAP nicht auch ein Geburtshelfer der bundesrepublikanischen Industriestruktur gewesen ist.
Ob dieses politische Gewicht einzig auf die USA zurückzuführen ist, oder ob nicht dieser Flügel der Bourgeois politisch die Stellung einforderte, die ihm ob seines ökonomischen Gewichts zustand, ist zumindest ein Umstand, der in Betracht gezogen werden sollte.

32. „Nicht nur verschwand die Klasse der junkerlichen Großgrundbesitzer,“ (S 108)

Dies erscheint hier an dieser Stelle recht unvermittelt und lässt schon die Frage aufscheinen, wohin und vor allem warum sie verschwunden sind. Eine Klasse, die eben noch die herrschende Klasse war, mit der sich die NSDAP arrangieren musste um an die Macht zu kommen, ist 12 Jahre später plötzlich verschwunden und, was hier nicht einmal erwähnt wird, ihrer ökonomischen Basis beraubt.
Hatten die Nazis einen Anteil an dem Verschwinden? War dies einzig das Werk der roten Armee? Oder waren es gar die USA, die ja für so vieles verantwortlich sind? Was war da geschehen?

33. „Für die Wiederkehr eines neuen, wie immer gearteten ‚Faschismus‘ fehlen sowohl sozial als auch historisch-politisch alle maßgeblichen Voraussetzungen.“ (S 108)
Eine Einschätzung, die ich teile, aber, und dies bleibt bei dir leider im Dunkel, es fehlt die politökonomische Notwendigkeit eines erneuten Faschismus. Dies bleibt bei dir im Dunkel, weil bei dir selbiger eben keinen Bezug zur Ökonomie hat und er somit, wie auch in der bürgerlichen Propaganda, als rein politisches Phänomen und damit als Singularität erscheint.

G.T., Mai 2025