Über die Entwicklung der Gesellschaftsformationen in China

Fritz Gött

Ein neuer Diskussionsbeitrag zum alten China

Das Interesse an China nimmt auch in der Linken zu. Altkader wie Theodor Bergmann und Helmut Peters haben sich zu Teilproblemen der neueren Geschichte Chinas geäußert, jüngere Autoren wie Anton Pam und der wesens­verwandte Felix Wemheuer sowie Henning Böke haben zum gleichen Thema gearbeitet. Doch von einer wirklichen Debatte kann hier noch nicht gesprochen werden. Jeder publiziert für sich, ohne Bezug zu den Anderen. Das sollte sich ändern.

Ungewohnte Thesen

In seinem Buch „Die VR China: Aus dem Mittelalter zum Sozialismus. Auf der Suche nach der Furt.“ (2009) äußert sich der Gen. Helmut Peters eingangs auch zum Thema ‚Das alte China’. Davon soll im weiteren (unter bewusster Ausklammerung der neueren Geschichte) gesprochen werden. Hier überrascht der Autor mit folgenden Thesen:
– „Nach der Urgesellschaft hat sich im Gebiet des heutigen China keine Sklaven­haltergesellschaft, sondern eine Gesellschaft der asiatischen Produktionsweise herausgebildet.“ (S. 28)
– Im 7.-2. Jh. v.u.Z. „gingen in dieser Gesellschaft grundlegende Veränderungen vor sich. Es entstand privates Eigentum an Grund und Boden und es bildete sich ein einheitlicher despotischer Staat heraus. Es entstand eine neue Gesellschafts­formation, die in der chinesischen Literatur als „feudalistisch“ gekennzeichnet wird. / Diese Gesellschaft wies bestimmte Ähnlichkeiten mit der voran­gegangenen auf, die auf der asiatischen Produktionsweise beruht hatte.“ (S. 29)
– „Wenn ich von … (den, d.V.) Wesensmerkmalen des (europäischen) Feuda­lismus ausgehe, sehe ich drei Aspekte, die ihn von der mittelalterlichen Gesell­schaft Chinas grundsätzlich unterscheiden: 1. die Verfügung des Feudalherren über den gesamten Boden als Obereigentümer, 2. die Hörigkeit der Bauern (Leibeigenschaft) gegenüber dem Feudalherren und damit die Bindung des Bauern an den Boden und 3. das Recht des Feudalherren, von den hörigen Bauern Frondienste einzufordern. / Es sind also ökonomische und damit zusammenhängende rechtliche Momente, die den (europäischen) Feudalismus von der mittelalterlichen Gesellschaft Chinas unterscheiden. Aus all diesen Wesensunterschieden ergibt sich für mich, dass die letzte Gesellschaft nicht als Variante des (europäischen) Feudalismus angesehen werden kann. Erstaunlich ist, dass sich angesichts dieser unübersehbaren Unterschiede die Behauptung von der Existenz im chinesischen Mittelalter so hartnäckig hält.“ (S.31)
– „Solange keine exakte Definition für die traditionelle chinesische Gesellschaft gefunden ist, werde ich von der traditionellen mittelalterlichen Ackerbaugesell­schaft Chinas allgemein als von einer
vorkapitalistischen Gesellschaftsformation sprechen.“ (S. 32)

Das Buch von H. Peters ist im ‚Neue Impulse Verlag’ der DKP erschienen. Da die DKP in der Vergangenheit fleißig die Publikationen der DDR vertrieben hat, ist der obige, von mir nur angerissene Theseninhalt wohl auch eine kleine Provokation. Warum provokativ? Und wird das überhaupt auffallen?

In den Standardwerken der Honecker-Ära wurde das Altertum Chinas (nach der Auflösung der Urgesellschaft) als Klassengesellschaft altorientalischen Typs beschrieben und das ‚Mittelalter’ Chinas als Feudalgesellschaft gekennzeichnet. Peters vertritt dazu konträre Positionen. Woher stammen die Thesen-Inhalte bei Peters? Der Autor beruft sich auf neuere chinesische Arbeiten (aus den 80er Jah­ren) bzw. auf eigene Studien. Aber gab es nicht auch in der DDR ähnliche, wissenschaftlich fundierte Außenseiter-Ansichten? Kaum denkbar, dass ihm diese entgangen sind. Gehen wir auf Spurensuche.

Zunächst jedoch ein Rückblick auf die Klassiker:

I. ‚Asiatische Produktionsweise’ und das alte China

Von Karl Marx stammt die Auffassung: „In großen Umrissen können asia­tische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progres­sive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformationen bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses …“ (K. Marx 1859) Marx und Engels hielten zeitlebens an dieser Meinung fest (Guhr 1972 / Sofri 1969). In der DDR blieb jedoch strittig, ob dies auch auf die Kategorie „asiatische Pro­duktionsweisen“ zutraf.

Nun kann man die obige Benennung der progressiven ökonomischen Forma­tionen in unterschiedlicher Weise lesen: als Aufzählung, als ergänzbare Auf­listung, als Chronologie, als gesetzmäßige Abfolge usw. Marx hat dazu nur wenige Interpretationshilfen hinterlassen. Er sprach übrigens nicht von der asia­tischen (oder synonym gebrauchten orientalischen) Produktionsweise: Bei ihm stehen die Adjektive „asiatische“ „antike“ „feudale“ im Plural. Für ihn gab es nicht eine, sondern gleich mehrere „asiatische Produktionsweisen“. Alles hat eben Geschichte.

Marx sah die asiatischen Produktionsweisen in spezifischen Epochen des alten Indien, China usw. existent. Zu Lebzeiten sah er wohl nur noch die Ruinen des ‚Modells’. Dieser Produktions- und Gesellschaftstypus der asiatischen Pro­duktionsweisen fand sich historisch nicht nur in Asien. Hier wurde er erstmalig in Augenschein genommen. Daher der Taufname.

Eine konkrete historische Analyse zum Gegenstand legte Marx nicht vor. Nur einzelne oder allgemeine Bemerkungen und methodische Überlegungen sind überliefert. (Hervorzuheben ist hier das Manuskript „Formen, die der kapitalisti­schen Produktion vorhergehen“, 1857/58 / sowie die Bemerkungen im „Kapital“).

Die umfangreichen Vorstudien zu den Formen und Entwicklungen des Grundeigentums bzw. der Grundrente, gedacht als analytische Einschätzungen im 2. und 3. Band des „Kapital“ konnten nicht mehr zum Abschluss gebracht werden. In diesen schriftlichen Fragmenten von Marx liegen ein Vermächtnis und eine Aufgabenstellung für die weitere Forschung. Anzumerken bleibt, dass die bei Marx gelegentlich (aber nicht immer) anklingende Gleichsetzung von Indien und China in der Formationsfrage unhaltbar ist. Dies wird aber im Folgenden nicht weiter diskutiert.

Was ist die ‚asiatische Produktionsweise’ und was nicht?

Marx sagte zur asiatischen Produktionsweise nicht: „In ihrem Kern ist sie eine Theorie des Wasserbaus: d.h. Merkmal des Ackerbaus, damit der wirt­schaftlichen Grundlage, ist die planvolle Bewässerung.“ ( Kuhn 1991, S. 339) Dennoch geistert diese auf Karl-August Wittfogel zurückgehende Unterstellung noch immer als ‚marxistische’ Position durch die sinologische Fachliteratur in Deutschland. Man darf wie in diesem Fall auch gut unterrichteten bürgerlichen Sinologen wie Dieter Kuhn nicht alles glauben, trotz der Wertschätzung (die ich für diesen Autor durchaus empfinde). In Fragen des Marxismus hält man sich besser an das Original.

Wie aber lässt sich der marxistische Begriff ‚asiatische Produktionsweise’ bestimmen? Als ihre Grundlage betrachtete Marx, so Richard Lorenz, „die alte Dorfgemeinde mit ihrer Einheit von Agrikultur und Hausindustrie. Für ihn ist die asiatische Produktionsweise eine besondere Realisierungsform gemein­eigentümlicher Grundverhältnisse; ihr wichtigstes gesellschaftliches Teilsystem ist die Gemeinde. Kennzeichnend für die asiatische Produktionsweise sind: Der gemeinschaftliche Besitz der Dorfgemeinde an Grund und Boden und das Ober­eigentum des Herrschers; die Einheit von kleiner Agrikultur und häuslichem Handwerk innerhalb der Dorfgemeinde; Produktion vorwiegend für den Selbst­bedarf, im wesentlichen einfache Reproduktion, unterentwickelte Arbeitsteilung; die Grundrente ist zugleich Hauptelement der Staatssteuer; wirtschaftliche Stag­nation; indifferente Einheit von Stadt und Land; die außergewöhnliche Bedeu­tung großer, gemeinsam durchgeführter und vom Herrscher geleiteter öffent­licher Arbeiten; ökonomisches und politisches System der Despotie. Bestim­mend für die asiatische Produktionsweise ist Marx zufolge die kollektive Aus­beutung der autarken Dorfgemeinde durch den Staatsapparat.“ (Lorenz 1977, S.80)

Was bedeutet das für das alte China?

Betrachten wir die altchinesischen Verhältnisse (das heißt in meiner Defi­nition die von den Anfängen bis zum Untergang des chinesischen Kaiserreiches 1911) in einer Schrittfolge näher; China hat eine vieltausendjährige’ Geschichte:
– Hochneolithische Regional-Kulturen existierten ca. 5.000 – 3.000 vor unserer Zeitrechnung.
– Ca. 3.000 – 1.100 v.u.Z. befanden sich diverse nebeneinander oder nacheinan­der gelagerte Kulturen in der Übergangsperiode vom Neolithikum zur Bronze­zeit.
– Seit dem 2. Jahrtausend v.u.Z. dürfte sich so etwas wie eine chinesische Leit­kultur herausgebildet haben. Die Wissenschaft diskutiert da noch kontrovers über die territoriale und politische Identität ihres Kerns.
– Nach Günter Lewin bestanden die Grundlagen der Asiatischen Produktions­weise in China spätestens unter der Hochkultur der Shang (ca. 1600 – 1100 v.u.Z.) sowie zeitweilig unter der Zhou-Dynastie (1045 – 221 v.u.Z.). Dieser Auffassung folge ich.

Die bäuerlichen Zhou waren Eroberer, die früher Vasallen bzw. Verbündete der Shang gewesen waren. Der Eroberertross war aber nicht aus einem Guss. Den Kern bildeten die Zhou, die leidlich ‚sinisiert’ (d.h. den Normen und Prak­tiken der chinesischen Kultur angepasst), eine bunte Koalition aus mehr oder weniger barbarisch geprägten Invasoren anführten. Die Invasoren waren auf Beute, Weidegrund oder Lehen aus. Die Zhou-Herrscher mussten den eigenen Kriegs-‚Adel’, die Bündnispartner und lokalen Häuptlinge nach dem Sieg belohnen und belehnen. Auch Teile des Shang- ‚Adels’ verblieben auf ihren Posten.

Das neue ‚Einheits’-Reich der Zhou trug von Anfang an Keime zentrifugaler Kräfte und Entwicklungen in sich – politisch wie ökonomisch; Vorgänge, die das Territorium später zuerst in streitende Kleinreiche (unter der dynastischen Hülle der Zhou) zerrissen, die religiöse und politische Hegemonie der Zhou kosteten und im Untergang der Dynastie endeten. Waren es am Anfang der Zhou-Dynas­tie ca. 1400 Lehen (bzw. 1700, je nach Rechnung und Autor), so reduzierte sich das durch unzählige Kriege der Lehenträger untereinander. Aus der ‚Periode der streitenden Reiche’ ging letztlich der Staat Qin als Sieger hervor, der die alten politischen Strukturen auslöschte. Er erhob sich zum ersten Kaiserreich und Einheitsstaat Chinas (unter Qin Shi Huang Di). (221 – 207 v.u.Z.)

Wann entstand der Staat in China?

Wenn hier von den geschichtlichen Anfängen der Zhou und der Zhou-Dy­nastie, und später vom Staatsgebilde Qin die Rede ist, so ist das kein Zufall, keine Sprachverwirrung. Warum?

Man kann die ‚Asiatische Produktionsweise’ in China aus zwei Perspektiven betrachten: Als ökonomische Formation oder aber auch als geschichtliche Epoche. Geschichtlich gesehen vollzog sich in der Zeit der ‚Asiatischen Pro­duktionsweise’ in China der Übergang von der Urgesellschaft mit ihren egalitä­ren Verhältnissen zur voll ausgebildeten Klassengesellschaft. Die Stammes­gemeinschaft z.B. der Zhou war keineswegs von Anfang an als Staat organisiert. Das gleiche galt für Qin und andere. Hier hat es Umwälzungen gegeben sowohl sozialökonomischer wie politischer Art; Vorgänge, die Jahrhunderte dauerten.

Wie kann man sich die allmähliche Herausbildung der Klassenverhältnisse im alten China vorstellen (denn schriftliche chinesische Aufzeichnungen sind rar oder stammen aus späteren Zeiten)?

M. Godelier schreibt: „Durch die asiatische Produktionsweise hat uns Marx das Abbild von Gesellschaften gegeben, in deren Inneren einzelne Dorfgemein­schaften der Macht einer Minderheit von Individuen unterworfen sind, die eine höhere Gemeinschaft repräsentieren, die Ausdruck der realen oder eingebildeten Einheit der einzelnen Dorfgemeinschaft ist. Diese Herrschaft fasst anfänglich in den Funktionen von gemeinsamem Interesse (religiösen, politischen, wirtschaft­lichen) Wurzel und wandelt sich allmählich in eine Herrschaft der Ausbeutung um, ohne dabei aufzuhören, eine in der Funktion wurzelnde Herrschaft zu sein. … Es gibt also Ausbeutung des Menschen, Auftreten einer Ausbeuterklasse, ohne dass es Privateigentum an Boden gäbe.“

Nach marxistischer Auffassung zeigt die Geschichte, dass der Staat als besonderer Apparat der Zwangsanwendung gegen Menschen erst dort und dann entsteht, wo die Teilung der Gesellschaft in Klassen in Erscheinung tritt, wo also Gruppen von Menschen sich die Arbeit anderer – in welcher Form auch immer – aneignen, kurz gegensätzliche Klassen und ein Ausbeutungsverhältnis entstehen.

Ansätze zur Staatenbildung im marxistischen Sinne finden sich in einzelnen Gebieten Chinas jedenfalls erst seit dem 8. Jh. v.u.Z. (nach G. Lewin). Ange­zeigt wird hier u.a., dass sich die Keime antagonistischer Klassenbildung in der chinesischen Gesellschaft entfaltet hatten. Bürgerliche Autoren hingegen neigen dazu, jede Vergemeinschaftungsform der Shang und Zhou als Staat zu kenn­zeichnen – so in der ‚WBG-Weltgeschichte’ Darmstadt: 2009, Band 1/2. Andere drücken sich einfach um die Frage der Entstehung des irgendwie gestrickten Staates herum und siedeln ihn z.B. irgendwann in der Zhou-Zeit an.

Die frühe Phase der Staatsentstehung in China ging einher mit der oben ange­sprochenen Entstehung von Klassen sowie mit der Entwicklung der Produktiv­kräfte, des Handels, dem Zerfall der Zentralmacht der Zhou, der Abnabelung ihrer Vasallen und den kriegerischen Zusammenstößen der Lehensträger unter­einander. Von einer beschleunigten Herausbildung eines Staatswesens in China kann gesprochen werden, als sich durch den verstärkten Druck barbarischer Stämme auf das Reich eine Militär- und Herrscherkaste in den konkurrierenden Landesteilen herausbildete. Wie gewaltig der Druck war, zeigte die Notwendig­keit, die Zhou-Hauptstadt (771 v.u.Z.) ins Landesinnere zu verlegen. – Innere und äußere Entwicklung schaukelten sich hier wechselseitig höher.

Die Produktivkräfte verändern sich

In der Mittleren- und Endzeit der Zhou vollzog sich der Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit in China. Damit ging auch eine beschleunigte Entwick­lung der Produktivkräfte im Land einher, was aber auch den sozialen Wandel befeuerte. Verwendet wird Eisen in China seit dem 6. Jh. v.u.Z., vor allem bei den Waffen. Spätestens im 5. Jh. v.u.Z. finden sich eiserne Ackerbaugeräte auch in der Landwirtschaft – neben den traditionellen alten Werkzeugen und Geräten aus Holz, Stein, Bambus usw.

Erst in den folgenden Jahrhunderten werden größere Wasserbauprojekte in den Teilreichen in Angriff genommen. Anders gesagt: Weder die asiatische Pro­duktionsweise noch die Anfangs-Genese des Staates in China haben ihren Ur­sprung im öffentlichen Hochwasserschutz oder im öffentlichen Bau von Bewäs­serungsanlagen. Umfängliche Maßnahmen dieser Art sind erst mit Beginn des 5. Jh. v.u.Z. (archäologisch) nachweisbar (Lewin 1973/78). – Zu diesem Zeitpunkt hatte die herrschende Gesellschaftsformation und die Staatlichkeit in China längst Geschichte.

Der Zerfall der Dorfgemeinde und die Folgen

Bereits unter der Zhou – Dynastie kam es zur Erosion, dann zur Zersetzung der alten autarken Dorfgemeinde. Der Boden, bisher gemeinschaftlicher Besitz des Dorfes, wurde mehr und mehr käuflich und veräußerbar. Privater Boden­besitz in vielen Teilgebieten des Reiches entstand, ausgeprägt in Qin. Mehr noch: mit der Gesetzgebung des Kanzlers Shang Yang im Staate Qin in der Mitte des 4. Jh. v.u.Z wurde die Käuflichkeit des Bodens gesetzlich fixiert (und legalisiert). Staatlich eingeleitet wurde hier auch die gleichmäßige Vergabe von Ackerland an prinzipiell gleichgestellte Bauern, um die Staatseinnahmen zu steigern. Die Agonie der ‚asiatischen Produktionsweise’ in China wird greifbar. Qin (aber auch andere ‚Reichsteile’) vollzogen zudem die Ablösung der alten Eliten. Mehr und mehr Macht ballte sich in der Hand des jeweiligen Herrschers, der nun über den Apparat seiner Beamten das Land (später auch das Kaiser­reich) regierte und das gesellschaftliche Mehrprodukt abschöpfte.

Die neuen Besitzverhältnisse persönlich freier Bauern waren jedoch kein Privateigentum an der Ackerkrume. Besitz und Privateigentum sind ja nicht das­selbe. Als Besitzer des Bodens verfügte der nun selbst wirtschaftende Bauer über sein Stück Acker, aber er hatte keine rechtliche Herrschaft über ihn. Diese lag weiter beim Grundeigentümer. Der entstandene despotische Staat blieb der Obereigentümer des Landes, der den privaten Nutzern des Bodens auch entspre­chende Gegenleistungen in Form von Abgaben und Dienstleistungen abver­langte.

Die (schleichende) Zerstörung des Gemeineigentums der Dorfgemeinde, die Käuflichkeit des Bodens, die Mobilität der Bauern und deren Ungebundenheit an den jeweiligen Acker, ja die Zerstörung der alten Dorfgemeinde selbst, bedeutete letztlich das Ende der asiatischen Produktionsweise in China, mithin ihres Grundwiderspruchs zwischen den Dorfgemeinschaften und der ‚höheren Einheit’ (die häufig im Despoten personifiziert war). Lewin datiert diese Zäsur ins 4. Jh. v.u.Z., die ihren äußeren Ausdruck in den Reformen des Shang Yang gefunden hatte. – Man kann nun darüber streiten, wann der ‚Umschlagpunkt’ der Entwicklung erreicht wurde: Ob mit den Reformen des Shang Yang (deren In­halte ich hier nur andeute) oder mit dem Wechsel im Kaiserreich des Qin Shi Huang Di oder doch erst in der nachfolgenden Han-Dynastie (206 v.u.Z. – 220 u.Z.). Dass er eintrat, steht für mich fest. Chinas Welt war im Wandel begriffen.

II. Eine Sklavenhaltergesellschaft hat es im alten China nie gegeben

Bevor wir uns der Feudalismus-Debatte zu China in der Spätphase der DDR zuwenden, muss noch an eine ältere Diskussion in der DDR erinnert werden: nämlich jene über die Existenz oder Nichtexistenz einer Sklavenhaltergesell­schaft im Alten China.

Nach dem 2.Weltkrieg dominierte auch im SED-Staat die ‚Stalinsche Eintei­lung der Formationsepochen’ in gegebener Abfolge: Urgesellschaft, Sklaven­haltergesellschaft, Feudalismus, Kapitalismus, Sozialismus. Das wurde auch als geschichtlicher (gesetzmäßiger) Realablauf für China angenommen.

Ersatzlos gestrichen war in diesem 5-Stufen-Schema der marxsche Begriff „asiatische Produktionsweisen“. Der Terminus „antike Produktionsweisen“ hin­gegen wurde mit Sklavenhaltergesellschaft übersetzt. Einige Sozialisten / Mar­xisten aus der DDR haben dieser Handhabung und Einteilung für China wider­sprochen. Ich verweise hier auf zwei Autoren: die Sinologen und Althistoriker Eduard Erkes und Günter Lewin.

Eduard Erkes stellt die Sklavenhaltergesellschaft im alten China in Frage

Vor allem Erkes hat in der DDR mit dem Mythos einer Sklavenhaltergesell­schaft in China aufgeräumt. In seiner „Geschichte Chinas von den Anfängen bis zum Eindringen des ausländischen Kapitals“ schrieb er: Ich bin „in manchen Punkten zu Ergebnissen gelangt, die von den herrschenden Auffassungen stark abweichen. So glaube ich z.B. aufgrund eingehender Analyse des literarischen wie des paläographischen Quellenmaterials nachgewiesen zu haben, dass eine Periode der Sklavenhaltergesellschaft in China nie existiert hat und auch nie existieren konnte, weil die Besonderheiten der chinesischen Produktionsweise die Verwendung unfreier Arbeit von jeher nicht gestattete.“ (Erkes 1957, S. 8)

Seine Position hat der Autor in verschiedenen Arbeiten näher begründet. (vgl. Erkes 1952 / 53 / 57) Die speziellen Bodenverhältnisse in China sowie das Klima und die Landschaftsformen; die fast gärtnerischen Anbautechniken; die komplizierten hydrotechnischen Anlagen, die qualifiziertes und kooperatives Arbeiten erforderten; … das alles verlangte nach Arbeitskräften, die ein persön­liches Interesse an der Produktion hatten. Zwangs- und Sklavenarbeit war da eher unproduktiv und fand folglich in der Landwirtschaft keine Anwendung.

Der einzige gegenteilige Versuch der Tuoba-Wei (einem nomadischen Eroberervolk), die Agrarproduktion vermittels Zwangsarbeit im soeben erober­ten Nordchina zu organisieren, scheiterte (im 5. Jh. u.Z.) an den Realitäten. Das Ergebnis war eine große Hungersnot. Es blieb beim einmaligen negativen ‚Experiment’ in China.

Halten wir fest: Es gab die (keineswegs rechtlosen) Sklaven im Alten China, (ja es gab sie noch als gesellschaftliche Randerscheinung in der republikani­schen Phase des Landes). Aber die Sklaverei stand nicht im Mittelpunkt der materiellen Produktion. China war eine Ackerbaugesellschaft (Trockenbau sowie Nassreisanbau), doch hier fand die Sklavenarbeit keine Verwendung. Als Haus- und Luxussklaven waren Sklaven eine Randgruppe in der Produktions­sphäre. – Das traf im übrigen auch auf die staatlichen Zwangsarbeiter, das heißt, auf die zeitweilig dienstverpflichteten Kriegsgefangenen sowie auf die zur Ar­beit verurteilten einfachen Verbrecher zu. – Sklaven waren in China eine ausge­beutete Gesellschaftsgruppe, eine Schicht unter anderen, in ihrer Stellung zur Produktion nicht bestimmend für die Gesellschaftsformation(en) im Lande.

Exkurs: Biographisches zu E. Erkes

Der hier gewürdigte Eduard Erkes (1891-1958) kam aus einer sozialdemo­kratischen Familie und trat 1919 in die SPD ein. Er wurde ein engagierter Atheist und Sozialist. Erkes studierte Völkerkunde, Geschichte und Sprach­wissenschaft, vor allem Chinesisch mit Studienaufenthalten in China und Japan. Er promovierte 1913, habilitierte 1917 und wurde 1928 nach Widerständen außerordentlicher Professor. Daneben war er von 1921-1933 Kustos am Mu­seum für Völkerkunde zu Leipzig. Erkes war ein politisches Ärgernis im aka­demischen Betrieb der Weimarer Republik. – 1933 wurde ihm die Lehrerlaubnis an der Universität entzogen, Rede- und Publikationsverbot in Nazideutschland erteilt.

In der Sowjetzone erlangte Erkes seine alten Positionen langsam wieder. 1945 trat er erneut der SPD bei. Er verblieb dort, bis er 1946 in die SED über­nommen wurde. Seinen Verstand gab er hier nicht ab. In der DDR bekannte sich Erkes zur marxistisch-leninistischen Geschichtsauffassung. Erkes sinologische Arbeiten waren mehr als Sprach-, Schrift- und Literaturverständnis. Eduard Erkes, so schrieb eine Schülerin später „war zugleich Ethnologe, Archäologe, Historiker und Kunstwissenschaftler“. Dazu kamen pädagogisches Geschick und demokratische Grundüberzeugungen. Seine Arbeiten hatten in der DDR der 50er Jahre eine gewisse akademische Resonanz. Als Hochschullehrer bereitete er hier manch kritischer und unkonventioneller Fragestellung zu China den Weg.

Erkes’ Stern leuchtete in der DDR kurz. Und in Westdeutschland? Auf der 8. Jahrestagung der ‚Deutschen Vereinigung für Chinastudien’ (1997) veranlasste ein als Hagiographie aufgefasster wohlwollender Vortrag von Günter Lewin zu Eduard Erkes verschiedene Teilnehmer zu Protesten. Doch war es wohl eher der ‚Lärm im Spiegel’, der hier zum Tragen kam. Denn Lewin führte die Intrigen gegen Erkes vor, nannte unverblümt Ross und Reiter, und das für das 3. Reich sowie für Ost- und Westdeutschland nach der Befreiung (Martin 1999). Wie ein Sprichwort sagt: getretene Hunde bellen.

III. Eine neue ökonomische Formationsepoche

Die asiatische Produktionsweise in China ging nach dem 4. Jh. v.u.Z. unter. Was aber folgte? Lewin wählte für das Neue als provisorische Bezeichnung „vorkapitalistische Gesellschaftsformation in China“, dies auch in bewusster Abgrenzung zum Marxschen Feudalismusbegriff in Westeuropa.

In dieser nunmehr voll ausgebildeten chinesischen Klassengesellschaft blie­ben wichtige Züge des Alten bestehen, so der zentralisierte despotische Staat, dessen ökonomische Tätigkeit im Laufe der Zeit noch zunahm. Der Ausbeuter­staat verstand und verhielt sich weiter als Obereigentümer des Bodens und des Landes, der mit Recht Steuern, Pacht und gewisse Dienstleistungen seiner Untertanen für sich einforderte. Dieser Klassenstaat erbrachte aber auch gesell­schaftliche und kultische Gegenleistungen, die jedoch stets vom Grundsatz der Erhaltung des Systems bestimmt waren. Letztlich war dieser Moloch schon aus Eigeninteresse ein Schutzherr des kleinen Parzellen-Bauern sowie ein militäri­scher Garant der bäuerlichen Produktionsweise gegen das Reiterkrieger-Noma­dentum an den Außengrenzen – wenn er funktionierte und sich nicht am ‚Korn­speicher’ des Volkes überfraß.

Der Grundwiderspruch dieser Epoche war nun ein anderer. Er lag „zwischen der durch den Kaiser personifizierten Staatsgewalt und den Pächtern auf staat­lichem Boden …/ Privater Grundbesitz und private Pachtverhältnisse spielten nur eine untergeordnete Rolle. Die Aneignung des Mehrprodukts durch den Staat erfolgte vorwiegend durch ökonomischen Zwang, und die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität wurde durch materielle Anreize gefördert.“ (s. G. Lewin) Zugleich entwickelten sich in China verschiedene gesellschaft­liche Nebenwidersprüche (weiter): zwischen Staat und Großgrundbesitz, zwi­schen Großgrundbesitzern und Pächtern/freien Bauern, zwischen Bauern und Wucherern, zwischen Staat und Privathandel usw. Dazu weiter unten.

Wir haben also zu Beginn der neuen Qin- und Han-Zeit einen vergleichs­weise hohen Stand der Produktivkräfte in China. Als neuer Faktor tritt der von der alten Bauerngemeinde abgenabelte freie unmittelbare bäuerliche Produzent auf, jedoch unter der Fuchtel des wirtschaftspolitisch interessierten und aktiven, despotischen Staates (dem höheren Eigentümer des Landes) – eines Staates, der z.B. selbst Werkstätten betrieb und den Bauern hochwertige Produktionsmittel und wissenschaftliche Kenntnisse zur Verfügung stellte. In der (mal mehr, mal weniger vorhandenen) organisierten Kombination dieser Faktoren lag wohl der Schlüssel für die Blüte der chinesischen Kultur unter der Han- (206 v.u.Z. – 220 n.u.Z.), Tang- (618 – 907 u.Z.) und Sung-Dynastie (960 – 1279 u.Z.) – eine Blüte, die Handelsreisende wie Marco Polo noch im Mittelalter in Erstaunen versetzten.

Doch bereits in der Sung-Zeit begann der Abstieg. China verharrte nun bis zum Untergang des Kaiserreiches in einer relativen Stagnation der sozioökono­mischen Entwicklung. Über die Gründe dieser Stagnation wird unter Gesell­schaftswissenschaftlern lebhaft (und kontrovers) diskutiert. Sie sollen uns hier aber nicht weiter beschäftigen.

Nichts bleibt so wie es ist

Zurück zu den Anfängen: Lewin konstatierte, dass die Auflösung der Ur­gesellschaft in China und in Westeuropa andere Ergebnisse gezeitigt hatte: in China entstand eine ‚asiatische-’, in Europa entwickelte sich eine ‚antike Pro­duktionsweise’ auf eigener Grundlage, so die Gesellschaften Griechenlands und Roms.

– Die antike Produktionsweise in Europa ging nach der Zerschlagung des west-Römischen Reiches durch Germanische Invasoren, nach dem Zusammen­treffen von germanischer Heeresverfassung mit der römischen Agrarkultur und dem daraus resultierenden Zustand der Produktivkräfte unter. Hier entstand eine – über die Gewalt vermittelte – Synthese aus germanischen und antiken Elemen­ten. Das Produkt war eine unter langwierigen Geburtswehen entstehende neue Produktionsweise und Gesellschaft: der europäische Feudalismus.

– Aus dem Untergang der ‚asiatischen Produktionsweise’ in China hingegen ging weder eine Sklavenhalter-Gesellschaft noch ein Feudalismus hervor, son­dern ein selbstständig Neues/Anderes – die so genannte ‚Vorkapitalistische Gesellschaftsformation Chinas’ (in der gewisse Überreste der asiatischen Pro­duktionsweise fortwirkten). Ein weitgehender Bruch mit dem Alten wie in Europa erfolgte hier nicht.

Die neue Gesellschaftsformation darf nun nicht mit einer Vorstufe zum Kapitalismus verwechselt werden. ‚Organische’ Voraussetzungen zur eigen­ständigen Entwicklung des Kapitalismus in Altchina bestanden nicht, (wozu unten noch Einiges gesagt wird). Erst das Eindringen des ausländischen / euro­päischen Kapitals bzw. des ausländischen Imperialismus im 19. und 20. Jahr­hundert eröffnete Möglichkeiten andersartiger Entwicklungen. – Insofern ist der historische Begriff der ‚Vorkapitalistischen Gesellschaftsformation in China’ eigentlich missverständlich, handelt es sich bei diesem Alt-China doch um eine Nicht-Kapitalistische Gesellschaft eigener Bauart, die aus sich heraus keine eigenen Keime des Kapitalismus hervorbringen konnte und wollte. Lewin war sich dieser Problematik bewusst, fand aber für diesen Gesellschaftstypus in China keinen treffenden / konsensfähigen Neubegriff.

In seiner Betrachtungsweise unterschied sich Lewin von anderen europä­ischen Diskussionsteilnehmern der Zeit: Dem Ungarn Ferenc Tökei, der die asia­tische Produktionsweise in der ganzen Zeitspanne des alten China (also bis zum Untergang des Kaiserreiches) – neben anderen Strukturen – existent sah, sowie vom DDR-Autor F. Felber, der in China – nach dem 2. Jh. u.Z. – einen Feudalismus (eigener Prägung) zu erkennen glaubte.

Lewin ging mit seiner Positionierung auch über Marx hinaus, dem ja zu seiner Zeit keine umfassende Geschichts- und Gesellschaftsanalyse zu China zur Verfügung stand. Viele SED-Ideologen empfanden Lewins Position als aus­gesprochenes Sakrileg, versündigte sich da doch einer am heiligen Sankt Marx. Ich selbst sehe Lewin in der Gefolgschaft marxistischer Ahnherren – ohne dass der Autor blindlings jeder Äußerung der Veteranen Folge leistete. Die Wahrheit liegt eben in den Tatsachen. Das ist ein marxistisches Credo, dem jeder ernst zu nehmende Denker folgen muss.

Lewins Position war in der DDR inhaltlich umstritten. Wenige sind seiner Chronologie und Auffassung gefolgt. Mehr noch: die Mehrzahl der aktiven Autoren der Honecker-Ära verwarf die Kategorie ‚Asiatische Produktionswei­sen’ (z.B. für Altchina der Shang und Zhou). Sie ersetzten diesen Formations­begriff durch die (Epochen-) Kennzeichnung ‚Klassengesellschaft altorientali­schen Typs’. Zumeist wurde dabei aber nur das Etikett ausgetauscht, allerdings um den Preis einer ‚Verwässerung’ marx’scher Begriffe und Analysen. Jeden­falls sollte dieser Typus in China bis ins 4. Jh. v.u.Z., das Verfallstadium dann bis zum 2. Jh. u.Z. Bestand haben. Aus ihr – so die verbreitete Lehrmeinung – würde sich dann der Übergang zum Feudalismus (eigener Prägung) in China ergeben ohne Umweg über die Sklavenhaltergesellschaft. Wodurch, blieb im Dunkeln. Der Feudalismus in China bestände dann vom 2./3. Jh. u.Z. bis zum Ende des chinesischen Kaiserreiches 1911 und je nach Autor noch darüber hinaus.

IV. Feudalismus im ‚Mittelalter’ Chinas? Eine Gegenposition von G. Lewin

Erkes hatte die Kennzeichnung des Gesellschaftssystems der Zhou bzw. die der nachfolgenden kaiserlichen Epochen Chinas noch mit dem in seiner Zeit üblichen Allgemeinbegriff Feudalismus belegt, wenn auch mit bestimmten Ein­schränkungen. Anders Günter Lewin, der neben Sinologie auch Wirtschafts­geschichte studiert hatte. Er wollte die marxistische Methode und Begrifflichkeit auf China anwenden. Lewin verwarf (seit Mitte der 60er Jahre) die Anwendung der Kennzeichnung Feudalismus auf Alt-China grundsätzlich. Aus seinen Unter­suchungen, so die zur sozialökonomischen Entwicklung der Song-Gesellschaft Chinas, entwickelte sich ein Streit unter Historikern der DDR.

Feudalismus mit Besonderheiten?

Natürlich war auch den Opponenten Lewins in der DDR klar, dass der Maß­stab des europäischen Feudalismus (entwickelt und zugeschnitten auf die Wirk­lichkeit West- und einiger Teile Zentraleuropas) nicht einfach auf das mittel­alterliche China anzuwenden war (siehe z.B. das Werk ‚Weltgeschichte bis zur Herausbildung des Feudalismus’ Berlin: 1977 / bzw. Felber 1986). Deshalb sahen diese Autoren in China einen Feudalismus mit Besonderheiten.

Marx und Engels über den Feudalismus

Nun hatten Marx und Engels durchaus (sich entwickelnde) Vorstellungen über das Wesen und die Genese des Feudalismus, den sie aber mit wenigen Ausnahmen auf Westeuropa beschränkt sahen. Allerdings standen die diversen vorkapitalistischen Produktionsweisen nicht im Brennpunkt ihres Interesses. Sie arbeiteten als Revolutionäre am Sturz des Kapitalismus. Dem waren auch die theoretischen Arbeitsschwerpunkte untergeordnet. Einen zusammenfassenden Standpunkt, gar eine normative Arbeit (analog dem „Kapital“) aus ihrer Feder zur Feudalismusdefinition und Geschichte wird man daher nicht finden. Überlie­fert sind ihre Einzelaussagen und Analysen, die man im Zusammenhang des jeweiligen Forschungsstandes und des Untersuchungsfeldes lesen sollte. In den Schriften von Marx und Engels zu China fällt das Wort Feudalismus jedenfalls nicht.

Die Feudalismusdiskussion in der Honecker-Ära

In der DDR gab es zu keiner Zeit ihrer Existenz einheitliche Meinungen zum ‚allgemeinen’ Feudalismusproblem (siehe z.B. die Dokumentation von Müller-Mertens Berlin: 1985, sowie den Sammelband „Familie, Staat und Gesell­schafsformation“, Herrmann (Hg.), Köln: 1988).

In einer eher offiziös formulierten Darstellung zum Stand der ‚Debatte’ hieß es nun bei B.Töpfer / A.Laube (1981): es sei Zeit, „einige Ergebnisse und Wer­tungen der bisherigen Diskussionen zu formulieren“ … „Zunächst kann gesagt werden, dass trotz des teilweise heftigen Meinungsstreits ein weitgehendes Ein­verständnis über die entscheidenden Wesensmerkmale des Feudalismus, insbe­sondere des feudalen Produktionsverhältnisses, erreicht worden ist. Stärker als früher wird in diesem Zusammenhang das Aufkommen des Privateigentums am Boden als unerlässliche Voraussetzung für die Durchsetzung feudaler Produk­tionsverhältnisse betont. Dies erleichtert eine Abgrenzung gegenüber frühen bzw. altorientalischen Klassengesellschaften, für die zwar keineswegs mehr das Gemeindeeigentum, aber doch auch noch nicht das vollausgeprägte Privat­eigentum am Boden kennzeichnend war. Als entscheidende Wesensmerkmale des Feudalismus gelten sodann übereinstimmend das Eigentum der herrschen­den Klasse am Boden, dem damals wichtigsten Produktionsmittel, sowie die Überlassung von Bodenanteilen an die Bauern, die dafür dem Feudalherrn Mehrarbeit leisten oder Mehrprodukt überlassen mussten. Zugleich wird allge­mein angenommen, dass die Ausbeutung dieser über Produktionsmittel verfü­genden und selbständig wirtschaftenden Bauern nur unter Einsatz außerökono­mischer Zwangsmittel realisiert werden konnte, d. h. es ist charakteristisch, dass der Feudalherr dem feudalabhängigen Bauern – nicht nur dem Leibeigenen im strengen Sinn des Wortes – sowohl als Bodeneigentümer als auch als Inhaber von Herrschaftsrechten gegenübertrat. Das schließt die Auffassung ein, dass die mittelalterliche Gerichtsbarkeit oder besser: Gerichtsherrschaft teilweise direkter Bestandteil des Ausbeutungs- bzw. Produktionsverhältnisses war. Somit ver­schwimmen im Bereich der Gerichtsbarkeit die Grenzen zwischen Basis und Überbau, ähnlich wie es in der Feudalgesellschaft meist keine klare Grenze zwischen privatem und öffentlichem Recht gibt.“

Neben diesem ‚weitgehenden Einverständnis’ blieben nach Meinung der Autoren „ eine Reihe wichtiger Probleme umstritten oder unzureichend geklärt. In der Frage, ob die drei Grundtypen vorkapitalistischer Klassengesellschaften als drei eigenständige Gesellschaftsformationen oder als Entwicklungsstufen einer Gesellschaftsformation aufzufassen sind, bestehen nach wie vor Mei­nungsverschiedenheiten … wobei die Mehrheit der DDR-Historiker den Feuda­lismus als eigenständige Formation auffassen und in den Gesamtdarstellungen entsprechend behandeln. … Unzureichend geklärt ist die Existenz feudaler bzw. der Charakter vorkapitalistischer Gesellschaftsstrukturen in asiatischen und afri­kanischen Staaten.“ (in: Müller-Mertens, 1985, S. 304-307).

Der sogenannte Konsens der Ansichten zum Feudalismusproblem blieb in der DDR brüchig und keineswegs allgemeinverbindlich.

China im ‚Mittelalter’

Was aber, wenn zentrale Kategorien des Feudalismusbegriffs auf Alt-China gar nicht zutrafen?

Lewin (1976) skizzierte seine Position unter Bezug auf seine Forschungen zur Gesellschaftsstruktur der frühen Song-Zeit (960 – ca. 1010 u.Z.) kurz wie folgt:
Bei der vorkapitalistischen Gesellschaft Chinas handelt es sich „um eine antago­nistische Gesellschaftsformation, die sich von den „typischen“ vorkapitalisti­schen in einigen wesentlichen Charakteristika unterscheidet. Das Eigentum an den Produktionsmitteln lag im wesentlichen bei dem durch den Kaiser und sei­nen Hof personifizierten Staat, der nicht nur Obereigentümer von Grund und Boden, sondern auch etlicher Produktions- und Handelsmonopole war. Es gab keine Feudalstrukturen mit Feudalherren und Vasallen – das chinesische Reich wurde von der Zentrale über einen straff organisierten Beamtenapparat verwal­tet. Die unmittelbaren Produzenten waren zum Großteil selbstwirtschaftende Bauern, die dem Staat Pacht und Steuern für den Boden zahlten, den sie bear­beiteten, an den sie jedoch nicht gebunden waren. Es gab eine Schicht von Großgrundbesitzern, die den Boden unter den gleichen Bedingungen wie die Staatspächter vom Staat erhielten und die zwar Landarbeiter beschäftigten, über diese jedoch keine außerökonomischen Machtbefugnisse ausübten. Selbstver­ständlich gab die ökonomische Besserstellung diesen Grundbesitzern auch grö­ßeren Einfluss auf die Machtstruktur des Staates, und der größte Teil der Beam­tenschaft war mit den Grundbesitzern eng verbunden. Allerdings war es eher die Regel, dass Beamte zu Grundbesitzer wurden (auf Grund von Korruption und ihrer einflussreichen Stellung), als dass die Zugehörigkeit zur Klasse der Grund­besitzer Voraussetzung für die Erlangung einer Beamtenstellung war. Der Staat war für die Organisierung der Produktion in der Landwirtschaft weitgehend ver­antwortlich, indem er die Bewässerungsanlagen schuf und unterhielt, in Notzei­ten Boden, Saatgut und Geräte verteilte und Steuererlass gewährte sowie andere Förderungsmaßnahmen für die Landwirtschaft traf. Jede bedeutende Zunahme der Bodenkonzentration in den Händen von Grundbesitzern führte zu Krisen­erscheinungen, die sich in Landflucht, Rückgang der Steuereinnahmen, Schwä­chung der Zentralgewalt usw. auswirkten und zu Bauernrevolten führten. Diese stellten periodisch das alte ökonomische und politische Gleichgewicht wieder her, so dass man von einer relativen Stagnation in Form eines circulus vitiosus sprechen kann. Die in einem Aufstand siegreichen Bauern hatten keine andere Möglichkeit, als die alten Produktionsverhältnisse wieder neu zu beleben, zumal sie nicht Träger von Produktivkräften sein konnten, die zu einer höheren Gesell­schaftsformation führten.

Handwerk und Manufakturen waren entweder direkt in staatlicher Hand oder unter fester staatlicher Kontrolle. Alle sich andeutenden Höherentwicklungen der Produktivkräfte auf diesem Gebiet wurden entweder durch den Staatsapparat unterdrückt oder von diesem in eigene Regie übernommen. Die Städte waren in erster Linie Sitz der kaiserlichen Beamten, und es gab keine kleineren Feudal­herren, denen gegenüber die Städte, etwa wie im mittelalterlichen Europa, eigene Privilegien durchsetzen konnten. Jeder Versuch des Aufbegehrens der städtischen Bevölkerung wurde sofort mit der konzentrierten Staatsgewalt kon­frontiert, so dass es den wenigen Kaufleuten und selbständigen Handwerkern oder gar Manufakturbesitzern völlig unmöglich war, sich als Klasse für sich zu konstituieren. So gab es keine freien Städte in China, die wie in Europa, mit ihren Zünften und Gilden den Kern der keimenden bürgerlichen Gesellschaft bilden konnten. Die chinesischen Zünfte und Gilden wurden voll vom staatlichen Machtapparat kontrolliert und in dessen Funktionen eingebaut.

Diese Bedingungen währten im wesentlichen bis zum Eindringen der Euro­päer zu Ende des 18. und Anfang des 19. Jh. fort, und auch Marx spricht unter Bezugnahme auf Augenzeugenberichte noch vom Fortbestehen des kaiserlichen Obereigentums an Grund und Boden sowie von der ‚Vereinigung kleiner Agri­kultur mit häuslicher Industrie‘. Man kann also zusammenfassend feststellen, dass China weder eine Sklavenhalter- noch eine Feudalgesellschaft gekannt hat.“ So weit der Einblick in die Argumentation von G. Lewin.

Die in der DDR-Literatur immer wieder vagabundierende Aussage vom weltweiten Feudalismus im Mittelalter ist schlicht falsch. Ich halte die Charakte­risierung Alt-Chinas nach dem 4. Jh. v.u.Z. bis zum Untergang des Kaiser­reiches 1911 u.Z. durch G. Lewin (als sogenannte ‚vorkapitalistische Gesell­schaftsformation’) für schlüssig und begründet. Wobei anzufügen ist, dass selbst unter der Fremdherrschaft der Mongolen (Yuan-Dynastie, 1279-1368 u.Z.) und der Mandschu (Qing-Dynastie, 1644–1911 u.Z.) diese Produktionsverhältnisse in China Bestand hatten – allen historischen Modifikationen zum Trotz.

Das alles sah man im offiziellen SED-Lehrbuch jedoch anders.

Exkurs: Biographisches zu G. Lewin

Günter Lewin (1913-1998) gehörte zu den marxistischen Außenseitern in der DDR-Historikerzunft. Einer, der als Marxist und SED-Mitglied hier zwar mitdiskutieren durfte, dessen Meinung im Lehrbuch aber nicht gefragt war.

Lewin studierte 1954-1959 Sinologie und Wirtschaftsgeschichte in Leipzig und Peking. Er war Lektor beim Fremdsprachenverlag Peking 1959–1961 und von 1962-1985 wiss. Mitarbeiter an der Karl-Marx-Universität Leipzig, Sektion Afrika- und Nahostwissenschaften Lehr und Forschungsbereich Süd- und Ost­asien (Dr. phil. 1970). 1985 ging er in den Ruhestand; jedoch gab es weiterhin publizistische Aktivitäten. Lewins Spuren lassen sich im wissenschaftlichen Schrifttum der DDR mit etwas Aufwand verfolgen.

Graue Eminenzen im Historikerbetrieb der DDR haben den direkten Schlag­abtausch mit dem wehrhaften Lewin vermieden. Das übernahm 1971 der pro­movierte Sinologe Roland Felber (direkte Erwiderung Lewin 1971/73). Felber hatte schon 1969 seine eigene Chronologie zu China wie folgt umrissen: „ers­tens eine Periode, in der die „Asiatische Produktionsweise“ bestimmend war (16. Jh. – 4. Jh. v.u.Z) und zweitens … die Periode vom 4. Jh. v.u.Z. bis zur Herausbildung feudaler Ausbeutungsformen im 2. Jh. u.Z.“ Mit diesem Schema ordnete sich Felber in die Linie der tonangebenden Historiker der DDR ein. Weitere Arbeiten des Autors folgten und empfahlen ihn für eine SED-Karriere.
Es lohnt, die Diskussion der Kontrahenten einzusehen und zu durchdenken.

Lewin hat über die obige Kontroverse hinaus interessante Einzelüberlegun­gen angestellt: zur Genese des Staates in China, zur Frage nach der ‚asiatischen’ und der‚vorkapitalistischen Produktionsweise’ in China, nach der Produktiv­kraftentwicklung in diesen Formationen und nach der Rolle der Noma­den/Eroberer-Dynastien in der Geschichte Chinas, usw. Dies geschah in Einzel­beiträgen (zu denen eine Bibliographie fehlt) wie in seinen systematisch angelegten Untersuchungen zur sozialökonomischen Entwicklung der Song-Gesellschaft (einer chinesischen Dynastie 960-1279 u.Z.).

Lewin verstand seine Arbeiten als marxistische Beiträge, um den Charakter der verschiedenen ökonomischen Gesellschaftsformationen Alt-Chinas aufzu­decken. Ob der Autor auch zur neueren Geschichte Chinas wissenschaftlich gearbeitet hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.

Verschleierte Kontroversen

R. Felber (geb. 1937 – ?) machte später Karrieresprünge in der Akademie. 1977 wurde er zum ordentlichen Prof. für die Geschichte Chinas an der Hum­boldt Universität zu Berlin ernannt. Felber avancierte dann später zum Abtei­lungsleiter Sektion Asienwissenschaften an der Humboldt-Universität. Er hatte damit eine entsprechende Richtlinienkompetenz zur SED-Ideologie. Felber schrieb im amtlichen Hochschullehrbuch „Allgemeine Geschichte des Mittel­alters“ (Berlin: 1985) das Kapitel „China in der Epoche des Feudalismus (3. – 15. Jh. u.Z.)“. Kein Wort darin über Differenzen im Lager der DDR-Sinologen. Der produktive Widerspruch war hier eingesargt: eine spezielle politische Mei­nung quasi in den Rang einer offiziellen Auffassung erhoben: ein ja nicht unüb­liches Verfahren im SED-Staat.

Doch theoretische Probleme lassen sich nun mal nicht aus der Welt hexen. Gesellschaftliche Widersprüche leben in der Wirklichkeit weiter. Noch 1997, also nach dem Untergang der DDR, hat Felber auf der 8. Jahrestagung der ‚Deutschen Vereinigung für Chinastudien’ der westdeutschen Sinologenzunft den Parteisoldaten und SED-Hardliner gegeben (H. Martin 1999, S. 266-281). Kritische Untertöne von G. Lewin zum Zustand der DDR-Sinologie in Leipzig auf derselben Tagung hingegen veranlassten Felbers geistigen Adjutanten Ralf Moritz zum Koller. Doch das ist hier ein abseitiges Thema.

V. Alte Fragen. Neue Antworten?

Der oben eingangs zitierte Helmut Peters (geb. 1930) hat seine Bezugspunkte zur alten DDR-Diskussion nicht offen gelegt. Das könnte mit seiner früheren Stellung zusammen hängen, war er doch seinerzeit als Forschungsleiter an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften der SED und als Leiter der For­schung zur VR China in der DDR beschäftigt. Denkbar wäre auch eine falsche Rücksichtnahme auf seine ehemaligen Weggefährten in der SED. Auffällig bei ihm ist jedenfalls die ‚dezente’ annäherungsweise Verwendung jener Begriff­lichkeiten und Positionen, die wir schon aus den Arbeiten von Erkes und Lewin zu Altchina kennen.

Doch wichtiger als alle Spekulation über die Herkunft und die Grenzen seiner Ideen ist die Tatsache, dass Peters die alten Fragen nach Geschichte und Politik in China wieder auf die heutige Tagesordnung gesetzt hat. Das ist – unabhängig vom Gehalt seiner Äußerungen – ein Verdienst. Man kann gespannt sein, wer den Ball aufnimmt.

Juni 2010

Literatur und Quellenangaben:

– Erkes, Eduard: Das Problem der Sklaverei in China. (Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Band 100, Heft 1). Berlin: Akademie-Verlag, 1952

– Erkes, Eduard: Die Entwicklung der Chinesischen Gesellschaft von der Urzeit bis zur Gegenwart. (Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Band 100, Heft 4). Berlin: Akademie-Verlag, 1953

– Erkes, Eduard: Geschichte Chinas von den Anfängen bis zum Eindringen des ausländischen Kapitals. Berlin: Akademie-Verlag, 2.Aufl., 1957

– Erkes, Eduard. Bibliographie: Ein wohl vollständiges Verzeichnis seiner Arbeiten befindet sich in Ralf Moritz (Hrsg.): Sinologische Traditionen im Spiegel neuerer Forschung. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 1993, S.12 – 24. / Biographische Angaben und eine marxistische Wertung zu Erkes bei Günter Lewin, in: Martin, 1999, S.449 – 473

– Felber, Roland: „Asiatische“ oder feudale Produktionsweise in China. in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 19, Berlin: 1971, S. 65 – 91

– Felber, Roland / Njammasch, Marlene: Besonderheiten und Gemeinsamkeiten in der Feudalismusentwicklung in Indien, China und Japan. Versuch einer vergleichenden Analyse. in: Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus. Nr.10 . Berlin: Akademie – Verl. 1986, S. 9 – 27

– Guhr, Günter: Die ökonomische Gesellschaftsformation als Grundlage der marxistischen ethnographischen Strukturauffassung. (Stammesgesellschaften und Übergänge zu frühen Staatsgesellschaften) in: Jahrbuch des Museums für Völkerkunde zu Leipzig. Band 28. (Hrsg. Direktor) Akademie-Verlag, Berlin: 1972, S. 89 – 163

– Hermann, Joachim u. Köhn, Jens (Hrsg.): Familie, Staat und Gesellschafts­formation. Berlin: Akademie-Verlag, 1988 (Anmerkung: dem Buchprojekt lag offensichtlich das Tagungs-Protokoll „Produktivkräfte und Produktionsverhält­nisse in vorkapitalistischen Gesellschaftsformationen“ (Nov. 1984 in Dresden) zugrunde. Der Vergleich mit einem früheren Bericht zeigt, dass die Beiträge zum Buch in der Reihenfolge neu arrangiert wurden. Einiges wurde nicht gedruckt, andres neu hinzugefügt. Die im Alt-Bericht angemerkte „lebhafte Dis­kussion“ der Vorträge wurde im Buch nicht wiedergegeben. Der Band laut Klappentext „dokumentiert den gegenwärtigen Forschungsstand“; er ist somit ein echtes Spiegelbild ‚spätsozialistischer’ Buch- und Kongresskultur in der DDR. Nicht uninteressant, aber frisiert.

– Krader, Lawrence: Asiatische Produktionsweise. in: Wolfgang Fritz Haug (Hrsg.): Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus. Band 1. Hamburg: Argument, 1994, S. 628-638 (Anmerkung: Lexikalischer Artikel. Im Anhang gibt der Autor Titel an, die in der westdeutschen Debatte der 70er eine Rolle gespielt haben)

– Kuhn, Dieter: Das China der Aristokraten von den Anfängen bis zum 10. Jahrhundert nach Christus. Heidelberg: edition forum (Würzburger Sinologische Schriften), 1991 (Anmerkung: Gründliche bürgerliche Geschichtsschreibung, wobei diese Arbeit zum Thema durch Gedankentiefe und Faktenreichtum aus der Masse der zeitgenössischen handelsüblichen sinologischen Ware des deutschsprachigen Raumes herausragt. Mit dem Marxismus oder mit dem, was Kuhn dafür hält, kann er als Buchautor nichts anfangen)

– Lewin, Günter: Zum Charakter der vorkapitalistischen Gesellschaftsformation in China. in: Ethnogr. – Archäol. Z. / 12, H. 3, Berlin: 1971, S. 383 – 423

– Lewin, Günter: Die ersten fünfzig Jahre der Song-Dynastie in China. Berlin: Akademie-Verlag, (Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde zu Leipzig. Heft 23), 1973 (Anmerkung: Im Anhang zu dieser Dissertation (1970) werden wichtige Arbeiten von Lewin zwischen 1964 und 1970 im Wortlaut dokumentiert)

– Lewin, Günter: Zur Genese des Staats in China. in: Abhandlungen und Berichte des Staatlichen Museums für Völkerkunde Dresden. Forschungsstelle. Band 36. (Hrsg. Direktion), Berlin: Akademie-Verlag, 1978, S. 91 – 103

– Lewin, Günter und Marianne: Gewerbe und Handel im China der Song-Zeit. Teil I : Ein staatliches Verlagssystem im mittelalterlichen China? in: Jahrbuch des Museums für Völkerkunde zu Leipzig. Band 37. (Hrsg. Direktor), Akademie-Verlag, Berlin: 1987, S. 13 -75

– Lewin, Günter und Marianne: Gewerbe und Handel im China der Song-Zeit. Teil II : Die chinesische Stadt. in: Jahrbuch des Museums für Völkerkunde zu Leipzig. Band 38. (Hrsg. Direktor), Akademie-Verlag, Berlin: 1989, S. 128-176

– Lewin, Günter Bibliographie: Ein systematisches Verzeichnis seiner Aufsätze fehlt. Lewin weist aber in den oben angezeigten Arbeiten (1973/89) wichtige Beiträge aus. Andere muss man schlicht suchen, z.B. in: ‚Abhandlungen und Berichte des Staatlichen Museums für Völkerkunde Dresden’; oder in: ‚Jahrbücher des Museums für Völkerkunde zu Leipzig’. Einige Arbeiten sind auch im Ausland erschienen.

– Lorenz, Richard: Die traditionale chinesische Gesellschaft. Eine Interpretation sowjetischer Forschungsergebnisse. in: Richard Lorenz (Hrsg.): Umwälzungen einer Gesellschaft. Zur Sozialgeschichte der chinesischen Revolution ( 1911-1949). Frankfurt/M: edition suhrkamp, 1977 (Anmerkung: Nach seinem er­zwungenen Abgang aus der DDR hat der Historiker Lorenz versucht, die sowje­tische Diskussion (bzw. ausgewählte Arbeiten aus der DDR) zu Alt-China im Westen bekannt zu machen, mit mäßigem Erfolg. Der lobenswerte Versuch krankt meiner Ansicht nach aber daran, eine kommentierte Bibliographie mit eigenen Interpretationen und politischen Vorlieben vermischt zu haben. Eine Trennung der Darstellungen wäre für die theoretische Debatte sinniger gewe­sen.)

– Martin, Helmut und Hammer, Christiane (Hrsg.): Chinawissenschaften – Geschichte, Personen, Perspektiven. (Referate der 8. Jahrestagung 1997 der Deutschen Vereinigung für Chinastudien / DVCS) Hamburg: Mitteilungen des Instituts für Chinakunde, 1999

– Marx, Karl: Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehen. (1857/58) Berlin: Dietz Verlag, 1987 (Anmerkung: das Manuskript ist Teil einer größeren Arbeit: „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (Rohent­wurf), 1857-1858.“ Ihre Erstveröffentlichung erfolgte 1939 in Moskau, ihre deutschsprachige Rezeption erst ab den 50er Jahren. Deutsche Ausgaben u.a.: MEW Bd. 42, S. 383 – 421 / Separatdruck: Grundrisse… Berlin: Dietz Verl., 1974. (Manuskript; hier S. 375-413). Alle Ausgaben enthalten das Vorwort von 1859.)

– Müller-Mertens, Eckhard (Hrsg.): Feudalismus. Entstehung und Wesen. Ber­lin: Akademie-Verlag, 1985 (Anmerkung: Dokumentation zentraler und kontro­verser Aufsätze der DDR-Diskussion zum ‚Feudalismus’ zwischen 1953 und 1981. / China und Indien sind nicht explizit Gegenstand der aufgelisteten Debatte.)

– Peters, Helmut: Die Volksrepublik China: Aus dem Mittelalter zum Sozia­lismus. Auf der Suche nach der Furt. Essen: Neue Impulse Verlag, 2009

– Sofri, Gianni: Über asiatische Produktionsweise. Zur Geschichte einer strittigen Kategorie der Kritik der politischen Ökonomie.(1969) Frankfurt/M.: Europäische Verlagsanstalt, 1972

– Tökei, Ferenc: Zur Frage der asiatischen Produktionsweise. (1960) Neuwied u. Berlin: Luchterhand, 1969